[Rezension] Freya Sampson - "Menschen, die wir noch nicht kennen"

Freya Sampson - Menschen, die wir noch nicht kennen
Gegenwartsliteratur
 

 Originaltitel: „The Girl on the 88 Bus“ (9.6.2022)
 Übersetzerin: Susanne Höbel
 Verlag: Lübbe Audio
 ISBN-13: 978-3-832-16049-4
 Dauer: ungekürzt, 607 Minuten
 Erschienen: 18.4.2023
 Sprecherin: Victoria Schätzle
 Umschlaggestaltung: Lübbeke Naumann Thoben, Köln

   
Zum Inhalt
„Frisch getrennt und ziemlich durch den Wind kommt Libby Nicholls nach London, um bei ihrer Schwester Unterschlupf zu suchen. Der erste Mensch, den sie im Bus auf dem Weg dorthin trifft, ist Frank, ein älterer Herr. Ehe sie sichs versieht, erzählt er ihr seine Lebensgeschichte – und von einer Frau, die er vor Jahrzehnten im Bus derselben Linie kennengelernt hat: eine Frau, die ihn mit ihrem Mut, zu sich selbst zu stehen, beeindruckt hat, eine Frau, die er nie wiedersah. In den letzten sechzig Jahren ist er immer wieder mit dem Bus durch die Stadt gefahren, nur um sie zu finden.
Libby macht es sich gemeinsam mit Dylan, Franks Pfleger, zur Aufgabe, ihm zu helfen. Doch mit Franks fortschreitender Demenz schwinden die Chancen, die Unbekannte aufzuspüren. Mehr als alles andere möchte Libby, dass Frank diese Frau, die ihn für immer verändert hat, noch einmal sieht. Aber ihre Suche zeigt Libby auch, wie wichtig es ist, ihre eigene Chance auf das Glück zu ergreifen – bevor es zu spät ist. Langsam beginnt sie, wieder Menschen in ihr Leben zu lassen, und stellt dabei fest, dass nicht immer der geradeste Weg der interessanteste ist.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich hatte etwas ganz anderes erwartet und war daher erstaunt, dass es nicht um unterschiedliche Menschen geht, die im Bus kennengelernt werden, sondern  um die Suche nach einer Frau, die der zunehmend demente Frank vor über 60 Jahren einmal als junges Mädchen im Bus kennengelernt hat.

Die Geschichte Franks ist rührend – er lernt als Junge ein Mädchen im Bus kennen, in das er sich sofort verliebt, aus tragischen Gründen aber wird er sie nie wiedersehen. Immer wieder ist er in all den Jahren in die Buslinie gestiegen, in der er sie kennengelernt hatte, nie aber ist sie wieder aufgetaucht. Jetzt wird er zunehmend vergesslicher, dennoch geben seine neuen Freunde Libby und Dylan nicht auf, seine große Liebe zu finden.

Die ganze Geschichte ist sehr rührselig – natürlich habe ich mit Frank gefühlt und gelitten, und auch, dass sich Libby und Dylan selber auf die Suche begeben und dabei auf Suchanzeigen und Social Media setzen, ist ein schöner Ansatz. Mir war das aber leider zu kitschig, weil ich es doch wenig glaubhaft fand. Auch die sich anbahnende Liebesgeschichte war mir zu offensichtlich – ich vermute aber, dass es einfach an meinen falschen Erwartungen gelegen hat. 

Frank mochte ich gerne. Dass er sein ganzes Leben nur an diese eine Frau gedacht hat, ist wirklich schmerzlich, aber auch, dass er ja trotzdem geheiratet hat, diese Frau aber nie an die Gesuchte herangekommen ist. Libby und Frank sind Charaktere, die mir fremd geblieben sind, dabei haben sie beide eine eigene Geschichte und Vergangenheit, die sie nahbarer machen sollten, und grundsätzlich mochte ich auch ihr Engagement und ihre Hilfsbereitschaft, mir war es aber ein wenig zu viel des Guten. Man sollte sich bei dieser Geschichte also bewusst sein, dass sie nicht unbedingt realistisch ist, das Ende in gewissem Rahmen absehbar und dass leider auch die Tiefe fehlt. Dennoch aber ist die Geschichte berührend und lädt auch zum Träumen ein. 

Der Schreibstil ist locker und lebendig, manchmal auch umgangssprachlich, immer aber passend zu den Charakteren. Die Sprecherin Victoria Schätzle hat gut zu Libby gepasst mit ihrer eher jugendlichen und optimistischen Stimme. Ich fand das Hörbuch ganz unterhaltsam, hatte aber mehr Tiefe erwartet.

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