[Rezension] Simone de Beauvoir – "Ein sanfter Tod"

Simone de Beauvoir – Ein sanfter Tod
Zeitgenössische Literatur
 

 Originaltitel: „Une Mort très douce“ (1964)
 Übersetzer: Paul Mayer
 Verlag: Rowohlt-Verlag
 ISBN-13: 978-3-499-11016-0
 Seiten: 112 Seiten
 Erschienen: 1.9.1975
 Umschlagabbildung: Simone de Beauvoir mit ihrer Mutter (1954)

   
Zum Inhalt 
„«Eines der eindrücklichsten Bücher von Simone de Beauvoir handelt vom Tod ihrer eigenen Mutter. Die Schriftstellerin erzählt, wie sie tage- und nächtelang am Sterbebett weilte und wachte; wie sie der Frau, die ihr das Leben geschenkt hatte, in den allerletzten Tagen näher kam. Dem Buch gab Simone de Beauvoir einen wehmütigen, beinahe staunenden Titel: ´Une mort très douce´. Jetzt ist sie, 78 Jahre alt, ´so sanft´ entschlafen.» (Die ZEIT)“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich hatte das Buch in einem Bücherschrank entdeckt und war neugierig, wie die Gefährtin Sartres mit diesem Thema umgeht.

Es ist eine intensive Geschichte, die das Thema „Sterben“ aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet, bei der aber auch der zeitliche Zusammenhang sehr wichtig ist. Die Autorin berichtet von dem Tod ihrer Mutter, zu der sie schon lange ein schwieriges Verhältnis hatte. Durch einen häuslichen Sturz kommt die 77-Jährge ins Krankenhaus, und während man zunächst noch von einer Bauchfellentzündung ausgeht, die man durch eine Operation zu heilen versucht, zeigt sich schnell, dass dahinter eine Krebserkrankung steckt. Und während alle von dem bevorstehenden Tod wissen, leugnet die Sterbende diesen anhaltend.

Das Buch ist 1964 erschienen, also in einer Zeit, in der die Palliativmedizin in seiner heutigen Form noch nicht gelebt wurde. Wie das Thema Sterben behandelt oder besser gesagt der Betroffenen gegenüber trefflich verschwiegen wurde, ist sehr interessant, und obwohl ich nicht weiß, wie seinerzeit damit umgegangen wurde, kann ich mir die hier beschriebe Szenerie sehr gut vorstellen. Das Thema Tod wird verschwiegen, obwohl alle Bescheid wissen, in wieweit die Sterbende selber das Thema leugnet im Sinne einer Verdrängung oder ob sie tatsächlich nicht aufgeklärt wird, geht nicht klar hervor. Interessant sind aber die verschiedenen Verhaltensweisen – der Arzt, der täglich Visite macht, das Thema sterben aber gekonnt umschifft, die Pflegenden, die sich mit unangenehmen Dingen beschäftigen müssen und ebenso das Thema des nahenden Todes ausblenden, die Tochter, die keinen rechten Zugang zur Mutter findet, bei der aber der bevorstehende Tod zu Reflektion des eigenen Lebens und auch der Beziehung zu ihrer Mutter führt. 

Der Titel „Ein sanfter Tod“ ist für mich verwirrend, denn aus heutiger Sicht habe ich den beschriebenen Leidensweg ganz anders erlebt – aber: vielleicht war das in den 1960er Jahren so tatsächlich ein sanfter Tod.

Der Schreibstil ist eindringlich und kann die bedrückende Atmosphäre sehr gut einfangen. An einigen Stellen habe ich das Buch aber als langatmig empfunden, was in diesem Kontext schrecklich klingt – es gibt viele Innenansichten, aber weniger von der Sterbenden, sondern eher von der Tochter – und diese haben mich nicht so packen können. Trotzdem aber macht das Buch auch etwas mit dem Leser und lässt über das eigene Leben und die eigene Vergänglichkeit nachdenken.

Ich gebe dem Buch 3 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Eine interessante Lektüre, die atmosphärisch sehr dicht ist und die das Thema Sterben im Kontext der 1960er Jahre beleuchtet – auch wenn ich manche Stellen langatmig fand, macht es doch den Fortschritt der Palliativmedizin deutlich und lässt auch über das eigene Leben und Sterben nachdenken. Ich gebe 3 von 5 Sternen.

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