[Rezension] Peter Stamm - "Weit über das Land"

Peter Stamm - Weit über das Land
Gegenwartsliteratur
 

ISBN-13: 978-3-732-47082-2
Dauer: 307 Minuten
Erschienen: 25.2.2013
Sprecher: Christian Brückner

   
Zum Inhalt
„Ein Mann steht auf und geht. Einen Augenblick zögert er, dann verlässt er seine Frau und seine Kinder. Mit einem erstaunten Lächeln geht er einfach weiter und verschwindet. Seine Frau fragt sich zunächst, wohin er gegangen ist, dann, wann er wiederkommt, schließlich, ob er noch lebt.
Jeder kennt ihn, den Wunsch zu entfliehen, den Gedanken, das alte Leben abzulegen, ein anderer sein zu können, vielleicht sogar man selbst.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich liebe die Bücher von Peter Stamm, die immer sehr ruhig sind und bei denen nicht unbedingt viel passiert, die mich aber sprachlich immer fesseln. Und bei diesem klingt auch der Plot sehr interessant: im Urlaub mit seiner Familie geht der Vater nach dem letzten Glas Wein nicht ins Bett, sondern raus – und geht immer weiter und kehrt auch nicht zurück. Was hat ihn dazu bewogen, was geht ihm durch den Kopf und was ist mit der zurückgebliebenen Familie? Alles Fragen, bei denen ich dachte, sie würden in diesem Buch behandelt. Und mit einigen beschäftigt sich der Autor auch, aber eben nicht mit allen und lässt mich daher am Schluss, als es dann auch noch eine Wendung gibt, die ich überhaupt nicht habe kommen sehen, ratlos zurück.

Thomas zieht durch die Lande zieht, und es gibt einige tolle Beschreibungen der Landschaften – da bietet sich viel, denn Thomas ist in vielen Ländern Europas unterwegs; auch an den Thomas Gedanken lässt der Autor den Leser bzw. Hörer teilhaben, leider aber denkt Thomas nur wenig an seine zurückgebliebene Familie und leider auch erfährt man wenig zu seiner Motivation, einfach alles stehen und liegen zu lassen und zu gehen. 

Nach dem Weggang ihres Ehemannes muss Astrid erstmal den Kindern erklären, wo ihr Vater hin ist, und auch an ihren Gedanken lässt mich Peter Stamm teilhaben – und die sind auch deutlich konkreter, denn natürlich fragt sie sich nicht nur, warum ihr Mann weg ist und was nicht gut gelaufen ist, dass er sich ohne Abschied einfach davonmacht, sondern sie muss auch schauen, wie es weitergeht – was sie den Kindern sagt und wie sie sich finanziert. Bei Astrid sind die Gedanken fassbarer, viel praktischer, während Thomas sich eher treiben lässt und er über praktische Dinge wie Geld, Unterkunft oder eben auch seine Familie kaum nachdenkt.

Am Schluss kommt alles ganz anders als gedacht, und mich hat dieser Schluss auch ratlos gemacht – nachdem die ganze Geschichte nur leise vor sich hinplätschert und auch nicht viel passiert, ist das dann schon unerwartet; erklärt wird aber leider gar nichts, und es bleibt beim Leser bzw. Hörer, dies zu deuten. 

Die Sprache ist wieder toll – ich mag den eindringlichen Stil, den ich immer als warm und gefühlvoll erlebe und in den ich völlig eintauchen kann; und wenn dann auch noch Christian Brückner liest, der mich mit seiner prägnanten und leicht knorrigen Stimme immer wieder begeistert, bin ich absolut zufrieden. Aber – eine Geschichte lebt nicht alleine vom Stil, sondern braucht auch einen Plot, ein Ziel oder eine Botschaft. Und die hat mir in diesem Buch leider gefehlt. Von mir gibt es daher nur eine eingeschränkte Empfehlung.



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