[Rezension] Orhan Pamuk - "Das Museum der Unschuld"

Orhan Pamuk - Das Museum der Unschuld
Gegenwartsliteratur
 

Originaltitel: „Masumiyet Müzesi“ (2008)
Übersetzer: Gerhard Meier
ISBN-13: 978-3-844-50888-8
Dauer: 1258 Minuten
Erschienen: 21.11.2011
Sprecher: Ulrich Noethen

   

Zum Inhalt
„Als Kemal begreift, wie sehr er Füsun liebt, ist es bereits zu spät: Sie hat einen anderen Mann geheiratet. Kemal besucht sie jahrelang unter fadenscheinigen Vorwänden, versucht, sie zurückzugewinnen, und macht sich doch nur lächerlich. Bei seinen Besuchen entwendet er kleine, wertlose Gegenstände, um sich daraus sein ganz persönliches Museum einer unerfüllten Liebe zu erschaffen.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich war neugierig auf das Buch, weil ich den Plot sehr spannend fand und natürlich auch interessiert war an der Schreibweise des Literatur-Nobelpreisträgers. Der Schreibstil ist auch wundervoll, nur leider ist der Plot alles andere als spannend. 

Und obwohl ich das Hörbuch sehr langatmig fand, bietet die Geschichte doch Raum zur Diskussion. Erzählt ist die Geschichte aus Sicht des zu Beginn etwa 30-jährigen Kemals – er ist verlobt mit Sibel, verliebt sich aber in die knapp 18-jähige Füsun und die beiden werden ein Liebespaar. Doch der gesellschaftliche Druck lässt Kemal das Verhältnis beenden und seine Verlobte heiraten, doch er kann Füsun einfach nicht vergessen. Nach monatelangem Leiden findet er sie wieder und besucht sie regelmäßig. Dabei lässt er immer wieder Gegenstände mitgehen, die nachher in einem „Museum der Unschuld“ zusammengetragen sind. Und mehr will ich zum Inhalt gar nicht sagen.

Der Schreibstil ist wirklich besonders: Orhan Pamuk weiß, Situationen zu beschreiben, Gefühle darzustellen – das aber – zumindest in diesem Buch – in einer sehr ausführlichen und meist auch langatmigen Art und Weise. Zwar entsteht eine besondere Atmosphäre, und ich hatte so auch ein Gefühl für das Leben im Istanbul der 1970er Jahre, die Geschichte selber kommt aber durch diese langsame Art des Beschreibens nicht weiter. 

Kemal war mir nicht sympathisch – nicht nur, dass ich seine Verliebtheit gar nicht verstanden habe – sieht man mal von dem rein sexuellen Aspekt ab, denn gemeinsame Themen oder Aktivtäten, Dinge, die Füsun und ihn verbinden oder die Beziehung zusammenhalten, gibt es einfach nicht – fand ich auch seine Art des Umgangs zum einen mit seiner Trauer, zum anderen mit seiner Verlobten unsäglich. Sicher mag es einen gewissen Druck gegeben haben, dass er seine Verlobte dann auch ehelicht, letztlich aber treibt er mit seinem Handeln drei Menschen ins persönliche Unglück. Die Frauen schienen kein wirkliches Mitspracherecht zu haben, Kemal selber lenkt sein und damit auch das Schicksal der beiden ihm Verbundenen. 

Dieses persönliche Leiden zieht sich im Buch über viele Seiten, hunderte von Seiten, um nicht zu sagen, es ist langweilig. Das titelgebende Museum spielt nur eine sehr untergeordnete Rolle, und es dauert, bis die Idee auch wirklich Gestalt annimmt. 

Füsun war für mich vom Charakter her nicht greifbar – auch bei ihr konnte ich nicht nachvollziehen, was sie an Kemal bindet. Manchmal wirkt sie sehr aktiv und gar nicht wie „ein kleines Mädchen“, dann aber wieder lässt sie sich völlig von Kemal lenken. Am besten konnten ich noch mit der Verlobten Sibel fühlen – sie zumindest lässt sich nicht komplett einlullen von Kemal und findet letztlich auch einen Weg aus der vertrackten Situation.

Das Ende hat mich dann leider auch nicht versöhnlich stimmen können – und irgendwie bleibt bei mir neben dem Gefühl der unnötig langatmigen Erzählung auch ein unbefriedigtes zurück. Einziger Höhepunkt in diesem Buch ist der Sprecher Ulrich Noethen – er hat eine eher trockene und sachliche Art, den Text vorzutragen, was für mich als Kontrast zu der schnulzigen Gefühlsduselei sehr gut funktioniert hat – wer weiß, vielleicht hätte ich mit einem anderen Sprecher viel früher aufgegeben. Von mir leider keine Empfehlung.

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