Anna-Maria Caspari - Ginsterhöhe
Historischer Roman
Verlag: Hörbuch Hamburg
ISBN-13: 978-3-957-13279-6
Dauer: 699 Minuten
Erschienen: 29.12.2022
Sprecher: Julian Mehne, Walter Kreye
Zum Inhalt
„1919: Körperlich und psychisch schwer versehrt kehrt der junge Bauer Albert Lintermann in sein Heimatdorf Wollseifen zurück. Eine Handgranate hat ihm das halbe Gesicht weggerissen, und seine Frau Berta und der fünfjährige Sohn Karl begegnen ihm zunächst mit Abscheu und Kälte. Doch es gelingt ihm, seinen Platz in der Familie und der Dorfgemeinschaft wiederzufinden und auch Berta kann sich ihm wieder annähern. Sie bekommen weitere Kinder, Hof und Dorf florieren – bis Inflation und schließlich die Braunhemden in die karge ländliche Idylle einfallen und die Gemeinschaft unwiederbringlich auseinandergerissen wird.“ (Quelle: Verlagsseite)
Meine Meinung
Nachdem mir „Perlenbach“ so gut gefallen hatte, war ich neugierig auf dieses Buch, das auch in dem Eifeldorf Wollseifen spielt, zeitlich aber vor „Ginsterhöhe“ – und es hat mir wieder gut gefallen.
Die Autorin hat geschickt historische Ereignisse, denn Wollseifen gab es tatsächlich, mit einer fiktiven Geschichte und erdachten Charakteren verknüpft, und so ist ein sehr lebhafter und authentischer Roman entstanden. Er beginnt im Jahr 1919, als Albert versehrt aus dem Krieg zurückkehrt und endet nach dem zweiten Weltkrieg im Jahr 1949. Der großen Zeitspanne ist sicher geschuldet, das manche Zeitsprünge recht groß geworden sind und so manche Themen nicht so tief behandelt wurden, wie ich es mir gewünscht hätte – unterhaltsam und lehrreich war es dennoch.
Anfangs ging es vor allem um die Verletzung Alberts – sein Gesicht wurde durch eine Bombe zerstört, was ihn im Dorf zum „Gesichtskrüppel“ macht, und selbst seine Ehefrau wendet sich von ihm ab. Doch er sucht sich medizinische Hilfe – damals ein ganz neuer medizinischer Zweig, aus dem letztlich die plastische Chirurgie entstanden ist. Im weiteren Verlauf der Geschichte steht dann aber der sich breitmachende Nationalsozialismus im Mittelpunkt, wie er das Dorf langsam infiltriert und die Bewohner indoktriniert. So lernt man auch die Hintergründe von Camp Vogelsang kennen, eine NS-Ordensburg, die auch heute noch besichtigt werden kann und nahe Wollseifen errichtet wurde.
Albert war mir sehr nah – mit ihm konnte ich gut mitfühlen, sein Schicksal fand ich sehr grausam – nicht die Einstellung, vielmehr, wie die Bewohner und insbesondere auch seine Frau damit umgegangen sind. Das war schrecklich zu hören und sicher damals keine Seltenheit. Nach seinen Operationen ist das Thema NS das große, exemplarisch an einer Familie aufgezeigt, in der die Frau mit einem Nazi verheiratet ist, dessen Meinung aber nicht teilt und sehr darunter leidet. Auch das war interessant, hat mich aber leider nicht so berühren können – irgendwie fehlte mir in der zweiten Hälfte die Tiefe und auch die Emotionen, denn die Erzählweise wirkte deutlich distanzierter als in der ersten Hälfte. Dabei ist der Schreibstil angenehm zu hören, nicht sehr komplex, aber lebendig und eingängig. Zur Lebendigkeit haben natürlich auch die Sprecher Julian Mehne und Walter Kreye beigetragen, wobei Julian Mehne den größten Teil spricht, während Walter Kreye die Stimme eines Chronisten übernommen hat, der immer nur kurze Abschnitte liest.
Insgesamt eine interessante Geschichte, die sehr gut die Auswirkungen der NS-Zeit auf ein Eifeldorf aufzeigt, das es wirklich gegeben hat. Ich empfehle das Hörbuch gerne weiter.
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