[Rezension] Gina Schad - "Nach einem Traum"

Gina Schad - Nach einem Traum
Gegenwartsliteratur
 

 Verlag: GoyaLit     
 ISBN-13: 978-3-833-74607-9
 Dauer: 269 Minuten
 Erschienen: 16.3.2023
 Ersterscheinung: 16.3.2023
 Sprecherin: Rosa Thormeyer

   
Zum Inhalt
„Marie hat sich in Simon verliebt, und Simon sich in Marie. Aber Simon ist verheiratet und versucht, der körperlichen Anziehung zu widerstehen - dennoch finden sie eine Möglichkeit, sich einander nahe zu fühlen: im digitalen Raum.
Die beiden schreiben sich intensive Nachrichten. Mit der Zeit steigert sich Maries Sehnsucht nach Simon, nach Intimität, nach Kontrolle zu einem fieberhaften Bedürfnis. Immer tiefer taucht sie in den sozialen Medien in sein Leben ein und verliert dabei ihr eigenes aus dem Blick. Ihre Karriere als Cellistin und ihre Freundschaften treten hinter dem Bedürfnis zurück, nach versteckten Botschaften von Simon in seinen Stories und Posts zu suchen. Auch der Versuch, eine Beziehung mit dem musikbegeisterten Philipp einzugehen, scheitert.
Als Simon den Kontakt abbricht, fällt es Marie noch schwerer, loszulassen. Bald ist sie nicht mehr nur regelmäßig auf Simons Profil unterwegs, sondern auch auf denen seiner Frau und seiner Kinder. Marie bemerkt die Grenzüberschreitung und versucht, sich abzulenken, doch es ist wie verhext: Jedes Mal, wenn sie gerade etwas Distanz zu Simon bekommt, läuft sie ihm zufällig über den Weg. Oder sind ihre Begegnungen gar nicht so zufällig?“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich hätte nach Lesen des Klappentextes fast nicht zu dieser Geschichte gegriffen, weil es mir zu toxisch wirkte – zum Glück war meine Neugierde dann aber doch größer, und ich habe eine sehr berührende und melancholische Geschichte bekommen, die etwas in mir zum Klingen gebracht hat.

Die junge Cellistin Marie und der Arzt Simon haben sich ineinander verliebt – doch Simon ist verheiratet und bekennt von Anfang an, dass er sich nicht trennen wird. Die beiden haben eine intensive Zeit – die sich zwar auch im realen Leben abspielt, vor allem aber über intensive Messenger-Nachrichten und gegenseitiges Liken von Beiträgen in sozialen Medien. Als Simon das Ganze beendet, fällt Marie in ein tiefes Loch – und immer, wenn sie sich gerade wieder hochgekrabbelt hat, taucht Simon online wieder auf.

Erzählt wird die Geschichte aus Sicht Maries in Ich-Form – und ich habe mich so sehr gut in sie hineinversetzen können. Von Anfang an ist klar, dass diese Verbindung zum Scheitern verurteilt ist, und so ist auch die Stimmung von Anfang an melancholisch – und trotzdem gab es auch wirklich liebevolle Szenen mit kleinen, oft fast schon unscheinbaren Aufmerksamkeiten, die sehr deutlich Maries Sehnsüchte und Bedürfnisse zeigten. Es ist ein ruhiger Roman, in dem es viele Innenansichten gibt – und Marie kann sich ihrem eigenen Gedankenkarussell kaum entziehen. Zunächst ist sie gefangen in einer Art Glückstaumel, dann nach dem Bruch kreist sie um Selbstzweifel und kämpft fortan damit, sich ihrer Sehnsucht nicht hinzugeben. Dabei spielen die sozialen Medien eine große Rolle – denn über ein Like zum Beispiel eines Fotos fühlt Maire sich Simon sofort wieder nahe, ohne dass es zu einem weiteren Austausch kommt. Das lässt natürlich auch nachdenken über das eigene Verhalten in sozialen Medien und über die eigenen Reaktionen. 

Marie ist eine sehr sensible junge Frau, die es sich oft selber schwer macht und es nicht schafft, das Leben zu genießen. Obwohl sie eigentlich weiß, dass es mit Simon keine Zukunft gibt, lässt sie sich auf eine Affäre ein – und obwohl sie weiß, dass es sie verletzt, von seiner Familie zu erfahren, treibt sie den Schmerz immer noch an, in dem sie ihn genau dazu befragt. Simon kommt in der Geschichte jetzt nicht als der „Böse“ daher, der sich eine Geliebte sucht, auch er hat Bedürfnisse, die nicht gedeckt sind und dennoch aber ist ihm seine Familie heilig. Ich hatte dennoch das Gefühl, obwohl Simon wirklich nicht unsympathisch ist und er auch nicht wie ein Macho wirkt, eher wie ein liebevoller und aufmerksamer Mann, dass er Marie für seine Zwecke einsetzt. Ich habe daher sehr mit Marie und ihrem Schmerz gefühlt, habe sie in ihren Gedanken so gut verstehen können, dass das Hörbuch bei mir wirklich tief ins Herz getroffen hat. 

Das Ende der Geschichte ist überraschend – und auch das wirft noch mal ein neues Licht auf Simon; insbesondere bleibt bei mir die Frage nach seiner Motivation.

Die Sprecherin Rosa Thormeyer hat eine eher rauchige Stimme, die die eigentlich die ganze Zeit herrschende Melancholie sehr gut eingefangen hat und die die in vielen Situationen herrschende Trostlosigkeit noch mal mehr betont hat. 

Ich habe das Hörbuch sehr gerne gehört und mich Marie dabei sehr nahe gefühlt – auf jeden Fall für mich eine Empfehlung!

Mein Fazit
Eine sehr ruhige und berührende Geschichte, in der man der erzählenden Protagonistin durch ihre Gedanken, die sie schildert, sehr nahe kommt – dabei geht es sowohl um den Einfluss digitaler Medien, genauso aber um Sehnsüchte und Betrug. Ich kann diese sensible und melancholische Geschichte sehr empfehlen.

WERBUNG: Vielen Dank an Netgalley und den Jumbo-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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