[Rezension] Mignon Kleinbek - "Forstau-Saga"

Mignon Kleinbek - Die Forstau-Saga
Familiensaga
 

 ISBN-13: 978-3-948-06321-4
 Seiten: 1234 Seiten
 Erschienen: 21.7.2021
 Ersterscheinung: 2017-2018-2019
 Titelfoto: © Fabian Irsara | https://fabianirsara.com/
 Coverdesign: © Sabrina Weber

   
Buchrückentext des ersten Bandes
„Die Forstau – ein kleines verborgenes Bergdorf am Fuße der österreichischen Tauern. Drei besondere Frauen: Barbara, die saelbstbewu0te Hebamme, ihre schwermütige Ziehschwester Maire und Anna, das Kind mit der besonderen Gabe, die sowohl Geschenk als auch Fluch bedeutet. Sie stellen sich dem harten Leben in den Bergen sowie gegen althergebrachte Traditionen in einer männerdominierten Welt. Als Roman in Maries Leben tritt, scheint sich alles zum Guten zu wenden. Doch die Verbindung bringt kein Glück...“

Meine Meinung
„Wintertöchter“ ist eine spannende Familiengeschichte, die im Jahr 1940 in einem kleinen österreichischen Bergdorf beginnt und in der Gegenwart im Jahr 2004 in Heidelberg endet. Im Mittelpunkt stehen drei Frauen: Marie und ihre Tochter Anna, sowie Maries Cousine Barbara. Marie und Barbara stehen sich sehr nahe, da sie wie Schwestern miteinander aufgewachsen sind. Als Anna geboren wird, ist ihrer Mutter sofort klar, dass sie die gleiche Gabe wie Barbara besitzt – beide können sich durch „Schmecken“ in andere Menschen hineinversetzen. Was erstmal verlockend klingt, entpuppt sich schnell als Fluch – denn die „Reisen“ sind gefährlich, nicht nur, weil sie ungeliebte Wahrheiten zutage bringen, sondern weil sie auch den Körper schwächen und die Reisende altern lassen. Schmerzlich muss Anna lernen, mit der Gabe umzugehen – und sie gleichzeitig auch für ihre Nachkommen zu bewahren. 

Es ist eine fesselnde Trilogie, die sich gut lesen lässt, weil sie spannend ist und die Autorin versteht, den Leser in seinen Bann zu ziehen. Das liegt sicher an dem tollen Schreibstil, der atmosphärisch sehr dicht ist und von beeindruckenden Beschreibungen von Szenen, Landschaft und Alltagsdingen lebt, aber auch an den Charakteren, die sehr gut gezeichnet sind und nichts stereotypes haben. Meine Lieblingsfigur war Barbara – sie ist Hebamme und geht – trotz oder vielleicht auch gerade wegen ihrer Gabe – selbstbewusst durchs Leben. Sie weiß, was sie will und kann das auch durchsetzen. Dabei trägt sie ihr Herz auf der Zunge und sprüht geradezu vor Optimismus – und das in einer wahrlich schwierigen Zeit. Ganz anders ist ihre Ziehschwester Marie – sie war immer schon die „Missmutige“ und nimmt das Leben nicht leicht. Die harten Lebensbedingungen auf dem Hof fernab des Dorfes haben dann das Weitere dazu eigetragen – und trotzdem hat sie ein gutes Herz und würde alles für die Ihren tun. Anna kommt eher nach Barbara – und nicht nur wegen der Gabe. Sie ist lebensfroh und neugierig und strotzt geradezu vor Energie. Aber auch sie muss ein paar Rückschläge erfahren und kann nicht immer das erreichen, was sie eigentlich will.

Im ersten Teil „Die Gabe“ geht es vor allem um das harte Leben in Forstau. Ich fühlte mich wie ein Teil der Geschichte, so nahbar und realistisch hat die Autorin das Leben beschrieben. Die Atmosphäre ist düster und melancholisch, das Leben auf dem Hof karg und hart, der Alltag ein ständiger Kampf ums Überleben. Marie bekommt unter schwierigen Umständen ihre Tochter Anna, ihr Mann stirbt (das passiert schon auf den ersten Seiten, ist also kein Spoiler) und sie muss den Hof alleine führen. Mehr will ich gar nicht verraten, aber es gibt einige Wendungen und Ereignisse rund um Marie, Anna und Barbara. 

Der zweite Teil „Die Kinder“ spielt in den 1950er Jahren. Anna muss mit ihren 12 Jahren ihre kränkelnde Mutter unterstützen – und dabei einiges ertragen. Im Mittelpunkt steht in diesem Teil auch Roman – seine Familie wurde durch die Nazis getötet, so dass er bei einer Gruppe von Sinti aufgewachsen ist. Aber auch sie wurde verfolgt und getötet, und Roman war so früh auf sich alleine gestellt. Im Dorf wurde er immer skeptisch beschaut und nie richtig in die Dorfgemeinschaft aufgenommen – wie er mit den drei Frauen in Verbindung steht, verrate ich natürlich nicht. 

Den zweiten Teil fand ich nicht mehr so atmosphärisch und packend, und er ist geprägt von Leid, Gewalt und Unglück. Es gibt nur wenige schöne und positive Momente, die all das Schreckliche nicht wettmachen. Auch die Gabe spielt eine weitaus größere Rolle als im ersten Band und rutschte mir zu sehr ins Phantastische ab.

Im dritten Band befinden wir uns in der Gegenwart – hier sind es Annas Töchter, die man begleitet – sie hatten jahrelang keinen Kontakt zu ihrer Mutter, haben sie aber jetzt in den 2000er Jahren aufgesucht und Erinnerungen ausgetauscht. Auch der dritte Teil ist spannend geschrieben, man sollte aber wissen, dass hier die Gabe den größten Teil ausmacht und mir einiges abverlangt hat – ich fand vieles zu konstruiert, konnte mit den Töchtern gar nichts anfangen, weil sie in meinen Augen überzeichnet und einfach „drüber“ waren, die Reisen in die Vergangenheit fand ich unrealistisch und das Ende zu klischeehaft. 

Wie bewerte ich nun diese Reihe, bei der mich der erste Band begeistert hat, die folgenden dann aber immer mehr verloren haben? Vieles lag an der Gabe, die anfangs noch gut in die Geschichte eingebaut war, die dann aber schon im zweiten Band sehr viel Raum eingenommen hat und mir zu phantastisch wurde. Leider mochte ich das gar nicht, wer sich damit aber arrangieren kann, der wird auch den zweiten und dritten Band mögen. Den ersten Teil empfehle ich daher uneingeschränkt, bei den folgenden muss ich leider Abstriche machen. Aber das ist alles nur Geschmackssache und sollte Interessierte nicht abhalten, zu dieser Reihe zu greifen. 

Mein Fazit
Eine spannende Saga über drei Frauen, die ihren Weg gehen – von den 1940er Jahren bis in die Gegenwart. Dabei ist das Leben im österreichischen Forstau hart und oft auch trostlos, die Atmosphäre in der Trilogie fast durchweg geheimnisvoll und melancholisch. Neben vielen Wendungen und Überraschungen und sehr authentischen Beschreibungen des Alltags steht vor allem auch eine besondere Gabe der Frauen im Mittelpunkt – das sollte man wissen, wenn man zu der Reihe greift. Den ersten Band fand ich großartig – in den folgenden wurde es mir ein wenig zu mystisch. Aber das ist Geschmackssache und sollte Interessierte nicht abhalten, diese fesselnde Reihe zu lesen. 

Forstau-Saga
1. Die Gabe
2. Die Kinder
3. Die Frauen
(Rezensionen zu den Einzelbänden folgen)

WERBUNG: Vielen Dank an Netgalley und an den Pinguletta-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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