[Rezension] David Mitchell - "Der Wolkenatlas"

David Mitchell - Der Wolkenatlas
Genre-Mix
 

 Originaltitel: „Cloud Atlas“ (20.11.2012)
 Übersetzer: Volker Oldenburg
 Verlag: Audio-to-go     
 ISBN-13: 978-3-965-19405-2
 Dauer: 1296 Minuten
 Erschienen: 29.44.2022
 Sprecher: Carin C. Tietze, Johannes Steck, Stefan Wilkening

   

Zum Inhalt
„Sechs Lebenswege, die sich unmöglich kreuzen können: darunter ein amerikanischer Anwalt, der um 1850 Ozeanien erforscht, ein britischer Komponist, der 1931 vor seinen Gläubigern nach Belgien flieht, und ein koreanischer Klon, der in der Zukunft wegen des Verbrechens angeklagt wird, ein Mensch sein zu wollen. Und dennoch sind diese Geschichten miteinander verwoben.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich habe vor Jahren den Film gesehen, den ich zwar sehr gut, aber auch sehr verwirrend fand – und gerade diese Verwirrung hat zu dem Wunsch geführt, selber mal das Buch zu lesen oder auch das Hörbuch zu hören. Und jetzt war es soweit. 

Ich finde schwer zu beschreiben, um was es geht – denn es sind sechs Geschichten, die zu ganz unterschiedlichen Zeiten spielen, in ganz unterschiedlichen Genres und damit auch sechs ganz unterschiedliche Erzählstile haben. Alles ist miteinander verknüpft, wobei diese Verknüpfung nicht immer sehr offensichtlich ist, sondern häufig auch im Verborgenen bleibt. Damit ist der rote Faden ein wenig versteckt in den unterschiedlichen Abschnitten, und ich hatte das Gefühl, mir die Zusammenhänge ein wenig erarbeiten zu müssen – und das ist mitunter anstrengend. Die verschiedenen Romanorte und –zeiten wechseln immer wieder ab, manchmal bricht ein Abschnitt mitten im Satz ab und erst viele Seiten bzw. Stunden später wird der Faden der vorherigen Geschichte wieder aufgenommen. Manchmal kommt ein Abschnitt aber auch zu einem Abschluss, häufiger endet er mit einem Cliffhanger. 

Ich denke, dass auch klar ist, dass man beim Lesen so seine Favoriten der sechs Geschichten hat, die man lieber verfolgt – trotzdem ist es – gerade wenn man nach Beenden zurückschaut – insgesamt ein großes Ganzes.

Das Buch beginnt mit „Das Pazifiktagebuch des Adam Ewing“, und stellt ein Tagebuch dar eines Reisenden im 19. Jahrhunderts – er erzählt von seinen Erlebnissen im Südpazifik, insbesondere auch von Vorurteilen gegenüber anderen Ländern und Sitten, die seinerzeit herrschten. 

Der zweite Erzählstrang spielt im Jahr 1931 und ist überschriftet mit dem Titel „Briefe aus Zedelghem“. In Form eines Briefromans wird die Geschichte eines homosexuellen Komponisten erzählt.

In den 1970er Jahren spielt ein weiterer Teil, der den Titel „Halbwertszeiten. Luisa Reys erster Fall“ trägt – hier bekommt eine Journalistin einen Tipp für eine interessante Story, und es beginnt eine spannende Verfolgungsjagd, in der auch ein inkorrekt arbeitendes Atomkraftwerk eine Rolle spielt. 

Der vierte Handlungsstrang spielt in der Gegenwart und erinnert an ein Essay. Titel ist „Das grausige Martyrium des Timothy Cavendish“ und es spielt in der heutigen Kunst- und Literaturszene. 

Der fünfte Erzählstrang „Sonmis Oratio“ spielt im Jahr 2100 und ist dem dystopischen Gerne zuzuordnen: ein in Korea angesiedelter, alles beherrschender Konzern bedient sich künstlicher erschaffener Figuren – der weibliche Klon Somni will zu einem Menschen werden und versucht den Ausbruch aus dem System. 

Der letzte Handlungsastrang ist zeitlich noch weiter in der Zukunft angesiedelt – in „Sloosha’s Crossin’ un wies weiterging“ kämpfen Überlebende in einer Postapokalypse um ein Überleben in einer Welt, in der jeglicher technischer Fortschritt verlorengegangen ist.

Die einzelnen Teile sind immer nur bruchstückhaft erzählt und brechen mittendrin immer ab – nach dem sechsten werden dann die verschiedenen Erzählstränge wieder in umgekehrten Reihenfolge aufgenommen, bis man am Ende wieder bei Ewing im Südpazifik landet. 

Das Buch ist von seiner Idee großartig und rein technisch ist es auch sehr gut gelungen – jeder Teil hat seinen eigenen Erzählstil und auch einen ganz eigenen Plot. Das hat der Autor wirklich sehr gut umgesetzt und davor habe ich großen Respekt, denn nicht jeder kann unterschiedliche Genres erzählerisch auch umsetzen und dabei auch noch immer eine ganze eigene Erzählstimme bedienen. Mir persönlich waren die verschiedenen Abschnitte oft zu kurz, so dass ich das Gefühl hatte, gerade erst in der Geschichte eingetaucht zu sein und ich sie dann auch schon wieder verlassen musste. Dadurch wirkte für mich alles ein wenig zerstückelt, auch wenn mir klar ist, dass das Buch mit längeren Abschnitten natürlich noch länger geworden wäre. 

Trotzdem bin ich froh, das Hörbuch nun endlich gehört zu haben. Für mich war es eine Bereicherung. Wer sich auf ein experimentelles Werk einlassen kann und offen ist für die Idee dieses Buches, dem empfehle ich es gerne weiter. 

Mein Fazit
Ein experimentelles Werk, das seine Zeit und Anstrengung braucht, um gehört zu werden, das mich aber von der technischen Umsetzung und der Idee sehr begeistert hat. Die einzelnen Abschnitte waren mir oft zu kurz, um richtig eintauchen zu können, trotzdem empfehle ich das Buch gerne weiter, weil mich die Idee sehr fasziniert hat und auch die Umsetzung der verschiedenen Erzählstimmen sehr gelungen ist. 

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