[Rezension] Alex Schulman - "Die Überlebenden"

Alex Schulman - Die Überlebenden
Gegenwartsliteratur
 

Originaltitel: „Överlevarna“ (2020)
Übersetzerin: Hanna RANZ
Verlag: DAV 
ISBN-13: 978-3-742-42086-2
Dauer: 376 Minuten 
Erschienen: 31.8.2022
Sprecher: Fabian Busch

   
Zum Inhalt
„Gemeinsam unternehmen die drei Brüder Benjamin, Pierre und Nils eine Reise zu einem Holzhaus am See, um dort die Asche ihrer Mutter zu verstreuen. Die Reise führt sie zurück in die vergangenen Tage ihrer Kindheit, in der sie viele Sommer in eben jenem Haus verbrachten. Damals waren die Drei noch unzertrennlich, heute jedoch stehen unausgesprochene Worte und unverzeihliche Taten zwischen ihnen. Ausgehend von dem Ort, an dem alles anfing und alles endet, entspinnt sich die Geschichte einer Familie, deren Mitglieder schon vor langer Zeit begonnen haben, sich voneinander zu entfernen. Nach und nach offenbart sich der Ursprung dieses Entfremdungsprozesses: Was ist damals wirklich passiert?“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich hatte von dem Autor bisher nichts gehört, in Schweden jedoch ist er sehr bekannt – und ich denke, das ändert sich hier in Deutschland auch gerade.

Es ist keine leichte Geschichte – weder inhaltlich, noch vom Aufbau; und gerade beim Hören braucht es eine gewisse Konzentration, um die verschiedenen Erzählebenen für sich zu sortieren. 

Es gibt zwei Handlungsebenen, zum einen die in der Gegenwart, in der die drei Brüder Pierre, Benjamin und Nils zusammenkommen, um die Asche ihrer verstorbenen Mutter zu begraben. Man merkt schnell, dass die drei zwar eng miteinander verbunden sind, dass aber auch eine Menge Groll in der Luft hängt. Der zweite Handlungsstrang führt in die Kindheit der drei Brüder – aus Sicht Benjamins lernt man die eher dysfunktionale Familie kennen: Die Eltern sind Alkoholiker, die Kinder meist sich selbst überlassen – und jeder geht anders damit um. Benjamin ist der mittlere und bleibt rein räumlich immer nahe bei den Eltern; so lernt er früh die wechselnden Stimmungen kennen und auch mit ihnen umzugehen. Pierre, der Jüngste, reagiert auf solche Situationen meist aggressiv, Nils, der Älteste, zieht sich meist zurück. Man spürt, dass irgendetwas passiert sein muss, dass die Familie so hat zerbrechen lassen, und tatsächlich passiert in einem der Sommer etwas Schreckliches. 

Durch die Wechsel der Handlungsstränge und die vielen Charaktere muss man – gerade beim Hörbuch – sehr aufmerksam sein, um sich zurechtzufinden. Untergründig ist die ganze Zeit eine Spannung vorhanden, aber auch eine Melancholie und Trauer, und man weiß, irgendwas wird noch kommen. Damit wartet der Autor aber lange – denn erst am Ende gibt es eine Wendung, mit der ich nicht gerechnet habe und die mich so überrascht hat, dass ich sogar zurückgespult habe, um mich zu vergewissern, mich nicht verhört zu haben. 

Vieles wird dadurch erklärt, aber nicht entschuldigt. Die Kinder sind einer unsäglichen Situation ausgesetzt, und jeder hat sich einen eigenen Weg gesucht, damit umzugehen; letztlich aber können sie dann als Erwachsene immer noch nicht über die Vergangenheit austauschen – all das erschließt sich aber erst am Ende. Der Autor hat einen sehr interessanten Rahmen gewählt - und während man im Verlauf des Hörens zwar entsetzt ist über diese ganze familiäre Situation, ergibt dann am Ende alles einen Sinn und alle Puzzlesteine setzen sich zu einem großen Ganzen zusammen.

Sprachlich ist das Buch angenehm, nicht immer kann man die kindliche von der erwachsenen Sichtweise unterscheiden Gelungen ist dafür die Atmosphäre, insbesondere auch mit ihren Gegensätzen – denn angesiedelt ist der Roman in einer malerischen Landschaft, die präzise und mit einprägsamen Bildern beschrieben ist, dennoch herrscht durchgebend eine eigentümliche Stimmung, die nicht richtig greifbar ist, aber immer irgendwie unheimlich und melancholisch scheint. 

Ein gelungener Roman über Verletzungen aus der Kindheit, die bis ins Erwachsenenalter wirken und prägen. Aber auch kein leichtes Buch, denn es bietet viel Stoff zu eigenen Überlegungen. 

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