[Rezension] Sabrina Janesch - "Sibir"

Sabrina Janesch - Sibir
Zwei Zeitebenen
 

ISBN-13: 978-3-737-10149-3
Seiten: 350 Seiten
Ersterscheinung: 31.1.2023
Umschlaggestaltung: Anzinger und Rasp, München
Umschlagabbildung: Quagga Meida UG /akg-images

   
Zum Inhalt
„Furchterregend klingt das Wort, das der zehnjährige Josef Ambacher aufschnappt: Sibirien. Die Erwachsenen verwenden es für alles, was im fernen, fremden Osten liegt. Dorthin werden Hunderttausende deutscher Zivilisten – es ist das Jahr 1945 – von der Sowjetarmee verschleppt, unter ihnen auch Josef. Kasachstan ist das Ziel. Dort angekommen, findet er sich in einer harten, aber auch wundersamen, mythenvollen Welt wieder – und er lernt, sich gegen die Steppe und ihre Vorspiegelungen zu behaupten. 
Mühlheide, 1990: Josef Ambacher wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert, als nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine Woge von Aussiedlern die niedersächsische Kleinstadt erreicht. Seine Tochter Leila steht zwischen den Welten und muss vermitteln – und das zu einem Zeitpunkt, an dem sie selbst den Spuk der Geschichte zu begreifen und zu bannen versucht.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Das Cover hat mir gar nicht gefallen – aber: es hat mich neugierig gemacht. Der interessante Klappentext hat mich dann zu einer Leseprobe greifen lassen, die mir sehr gut gefallen hat – ich war sicher, dass der Roman genau meinen Geschmack treffen wird.

Der 10-jährige Josef wird mit seiner Familie nach Sibirien vertrieben und kommt erst Jahre später nach Deutschland. Hier gründet er zwar eine Familie, um seine Zeit in Sibirien jedoch macht er ein großes Geheimnis. Erst als durch seine Demenz droht, dass wirklich alles in Vergessenheit gerät, erzählt er seiner Tochter von seinen Erlebnissen. Und damit bekommt der Leser Einblicke in ein wichtiges, aber eher unbekanntes Kapitel deutsch-russischer Geschichte.

Ist mir der Einstieg noch gut gelungen und konnte ich mich an dem zwar eigenwilligen, aber eindringlichen Schreibstil erfreuen, hat diese Freude schon bald nachgelassen. Erzählt wird sowohl die Geschichte Josefs als Kind als auch sein Leben in der Gegenwart. Die Sprünge zwischen den beiden Zeitebenen sind oft abrupt und Verbindungen zwischen ihnen fehlen, so dass es mir schwer gefallen ist, mich in die beiden Erzählstränge einzufühlen. Dazu sind mir auch die Charaktere eher fremd geblieben – und ich weiß nicht genau, woran das eigentlich liegt. Denn gezeichnet ist gerade Josef sehr gut, und auch die Nebenfiguren haben von der Autorin ein eigenes Gesicht erhalten. Man lernt sie vor allem durch viele kleine Geschichtchen und Erlebnisse kennen, die alle für sich genommen gar nicht immer besonders sind, die aber natürlich prägen. Natürlich ist das „Vertriebenwerden“ ein schreckliches Erlebnis, und trotzdem konnte ich den Schmerz nicht richtig fühlen, weil alles leise und irgendwie nebenbei erzählt wird. Ich bezweifle nicht, dass die Autorin gut recherchiert hat, trotzdem fühlte ich mich wie ein unbeteiligter Zuschauer bei all den geschilderten Problemen – angefangen vom Verschwunden einzelner Familienmitglieder, großen und kleinen Abenteuern des jungen Josefs bis hin zu Streitigkeiten verschiedener Landsmänner. 

Ich hatte schon gesagt, dass die Sprache eigenwillig ist, manchmal sperrig, manchmal auch einfach schön, stets ruhig, oft aber auch belanglos, obwohl doch Großes und Wichtiges geschieht. Wissen sollte man, dass die wörtliche Rede nicht durch entsprechende Zeichen angezeigt ist – manche mögen das nicht. Gefallen hat mir aber, dass auch sprachlich immer wieder eingeflochten wurde, wie verloren Josef sich oft fühlte, in dem einzelne Vokabeln in verschiedenen Sprachen seine Zerrissenheit zeigten.

Insgesamt ist bei mir leider der Eindruck entstanden, dass die Geschichte leise vor sich hin plätschert und relativ willkürlich zwischen den Erzählebenen hin und her gesprungen wird. Das ist schade, denn so war es dann leider langatmig und auch nicht spannend. Ich kann daher leider „nur“ 3 von 5 Sternen vergeben.

Mein Fazit
Ein  vielversprechender Plot, bei dem mir aber die Umsetzung nicht gefallen hat und die mich einfach nicht in die Geschichte hat hineinziehen können. So schmerzhaft der Weg Josefs war, so belanglos wurde dieser leider erzählt, Ich gebe daher 3 von 5 Sternen.

WERBUNG: Vielen Dank an Vorablesen und den Rowohlt-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Teile mir deine Gedanken und Kommentare zu meinem Beitrag mit - ich freue mich sehr auf unseren Austausch!

DATENSCHUTZ: Mit dem Absenden deines Kommentars und dem Einverständnis der Kommentar-Folgefunktion bestätigst du, dass du meine Datenschutzerklärung sowie die Datenschutzerklärung von Google gelesen hast und akzeptierst.