[Rezension] Carmen Maria Machado – "Das Archiv der Träume"

Carmen Maria Machado – Das Archiv der Träume
Gegenwartsliteratur
 

 Originaltitel: „In the dream house“ (2019)
 Übersetzerin: Anna-Nina Kroll
 Verlag: Tropen-Verlag
 ISBN-13: 978-3-608-50450-7
 Seiten: 336 Seiten
 Erschienen: 20.10.2021
 Umschlaggestaltung: Zero-Media.net, München, unter Verwendung einer Abbildung von © Mark Fearon/Arcangel

   
Zum Inhalt
„Endlich scheint in den USA etwas in Bewegung zu geraten: Die gleichgeschlechtliche Ehe rückt in greifbare Nähe und Carmen Maria Machado stürzt sich in ihre erste große Beziehung zu einer Frau, die sich sehr bald als toxisch herausstellt. Kann man darüber schreiben, was wirklich passiert ist, und wenn ja, wie?“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich hatte positive Stimmen zu diesem Buch gehört, nicht nur, weil es sich ein zwar schweres, aber sehr wichtiges Thema vorgenommen hat, sondern weil die Erzählweise und der Aufbau des Buches besonders sind – und ja, der Plot ist sehr gut, die Umsetzung hat mich aber nicht überzeugt.

Die Autorin berichtet von ihren eigenen Erfahrungen in einer toxischen, lesbischen Beziehung – sicher ein Thema, das in Büchern kaum auftaucht, das es aber natürlich gibt. Daher hat mich der Plot sehr angesprochen, insbesondere auch, wie sich die Toxizität in der Beziehung äußert und wie die Protagonistin damit umgegangen ist. Aufgebaut ist das Buch in vielen, meist sehr kurzen Kapiteln, denen immer eine Überschrift vorangeht, die einstimmen soll, in welchem Kontext das Kapitel geschrieben ist. Zum Beispiel „Das Traumhaus als Thriller“ ist die Überschrift und es folgt eine Szene, die an einen Thriller erinnert. Dadurch entsteht weniger ein chronologisch erzählter Roman als denn eine szenische Darstellung der Beziehung. Es gibt zudem viele Bezüge zu Texten, Filmen oder auch Musik, so dass zwischendurch bei mir das Gefühl aufkam, eher ein Sachbuch zu lesen. Der Aufbau des Romans ist also eher experimentell – das sollte man wissen, wenn man zu dem Buch greift. Der Schreibstil selber ist dann eingängig, und durch die zum Teil sehr kurzen Kapitel ist das Buch auch schnell gelesen.

Der Plot hat mich berührt – Carmen wird von ihrer Freundin psychisch und verbal misshandelt, das war in vielen Szenen wirklich schmerzlich mitzuerleben und zu lesen. Die Frage, warum sie nicht ausbricht aus der Beziehung, habe ich mir natürlich gestellt, weiß aber auch, dass gerade toxische Beziehungen vor allem deshalb so lange anhalten, weil eben die Betroffenen nicht ausbrechen (können) – und warum sie das nicht tun, hat sicherlich unterschiedliche, auch sehr individuelle Gründe. Durch den szenischen Charakter des Buches konnte ich aber nicht so richtig eintauchen in diese zerstörende Partnerschaft und konnte zwar den Schmerz fühlen, mich aber in Carmen nicht so richtig hineinversetzen. Gut ist aber, dass sie überhaupt das Thema angeht, und mancher Verweis auf queere Themen in unterschiedlichen Medien war auch interessant. 

Ich denke, es ist klar, dass sich die Autorin aus der Beziehung befreien konnte – und in einem Kapitel spricht sie dann auch an, dass sie nicht recht weiß, wie das Buch nun beenden. Das hat man leider bemerkt – denn das letzte Viertel ist sehr langatmig und vor sich hin plätschernd, und leider bietet es auch keinen Hoffnungsschimmer, sondern bleibt weiter in dieser das ganze Buch über bestehenden, eher melancholischen, destruktiven Stimmung. 

Der Plot ist großartig und wichtig, und ich wünsche mir, mehr zu diesem noch sehr tabuisierten Thema zu lesen; mit der Umsetzung hat die Autorin mich aber nicht überzeugen können, daher gebe ich 3 von 5 Sternen.

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