Andrea Günther - Die Gipfelstürmerin
Historischer Roman, Romanbiographie
Verlag: Gmeiner-Verlag
ISBN-13: 978-3-839-20859-5
Seiten: 392 Seiten
Erschienen: 10.9.2025
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart unter Verwendung der Fotos von © Kathy /stock.adobe.com und Chromolithographie des Matterhorns um 1900, https://commonc.wikimedia.org
Buchrückentext
„Lucy Walker kämpft im 19. Jahrhundert für ihren Traum, die Alpen zu erklimmen – damenhaft im langen Rock. Trotz gesellschaftlicher Hindernisse und einer unmöglichen Liebe zu ihrem Bergführer entdeckt Lucy in den Schweizer Bergen eine nie gekannte Freiheit. Ihre größte Sehnsucht ist das schauderhaft schöne Matterhorn, das im Schatten eines tödlichen Unglücks steht. Sie begibt sich in den gefährlichen Wettkampf, die erste Frau auf dem Gipfel zu sein. Ein mitreißender historischer Roman über die Frage, was wahre Stärke ist.“
Meine Meinung
Wer meinen Blog verfolgt, weiß, dass ich ein Faible habe für Geschichten rund ums Bergsteigen – ich war daher sehr gespannt auf diesen Roman, in dem es um die erste Frau auf dem Matterhorn geht – Lucy Walker.
Lucy Walker hat eine große Liebe: die Berge. Doch Mitte des 19. Jahrhunderts sind Frauen klare gesellschaftliche Rollen zugeschrieben, und Abenteuer in den Bergen gehören nicht dazu. Lucy widersetzt sich diesem klassischen Rollenbild, ihre Leidenschaft gilt den Bergen, insbesondere dem Matterhorn, jenem "schauderhaft schönen" Gipfel, der von einem tragischen Unglück überschattet ist. Lucy träumt davon, als erste Frau diesen Gipfel zu erklimmen und der Welt zu zeigen, dass auch Frauen bergsteigen können.
Mich hat das Buch begeistert! Andrea Günther hat die Atmosphäre wunderbar eingefangen und hat mich mit der bildgewaltigen Beschreibung der Bergwelt gefesselt, aber auch mit den Problemen, die sich für Lucy Walker ergeben haben. Damit meine ich nicht nur die langen Röcke, die beim Bergsteigen hinderlich sind, und die Herausforderungen, ohne Goretex der Kälte zu trotzen, sondern die gesellschaftlichen Einschränkungen und Bestimmungen, die Lucy immer wieder in ihre Schranken verweisen. Man muss vielleicht ein gewisses Faible fürs Bergsteigen mitbringen, um die vielen detailreichen Schilderungen der Touren richtig genießen zu können – aber gerade diese Passagen tragen viel zur Intensität und zum Sog der Geschichte bei. Die Leidenschaft für das Bergsteigen ist fast greifbar, und ich fieberte mit Lucy bei jeder Etappe mit.
Die Charaktere sind mit viel Feingefühl und Liebe zum Detail gezeichnet. Besonders Lucy überzeugt als starke, willensstarke Frau, die dennoch im Spannungsfeld zwischen eigenen Wünschen und gesellschaftlichen Erwartungen steht. Ihre Entwicklung ist authentisch und nachvollziehbar – man spürt förmlich, wie sehr sie für die Berge brennt und wie groß ihr innerer Konflikt ist. Auch die Nebenfiguren sind differenziert gestaltet: Ihr Vater und Bruder verkörpern auf sehr glaubhafte Weise die Erwartungen und Grenzen jener Zeit, ohne zu einseitig gezeichnet zu sein. Melchior, der Bergführer, bleibt mir besonders in Erinnerung – ein etwas brummiger, schrulliger Charakter, der aber eine große Achtung vor Menschen und eine tiefe Verantwortung für seine ihm zugewiesenen Bergsteiger zeigt. Die ungewöhnliche und sehr intensive Beziehung zwischen Lucy und Melchior wird sehr gut herausgearbeitet und damit glaubhaft, insbesondere, weil sie Lucys Leben nachhaltig prägt.
Andrea Günthers Schreibstil ist eingängig und angenehm zu lesen. Sie versteht es, die damalige Zeit lebendig werden zu lassen, ohne in Klischees oder Längen zu verfallen. Besonders interessant ist die realistische Darstellung des Bergsteigens im 19. Jahrhundert – man bekommt ein Gespür dafür, wie abenteuerlich und gefährlich solche Touren damals tatsächlich waren.
Mein Fazit
Ein mitreißender historischer Roman über Mut, Leidenschaft und den Kampf gegen gesellschaftliche Konventionen. Andrea Günther gelingt es, eine faszinierende Frauengestalt zum Leben zu erwecken und dabei die alpine Welt in all ihrer Schönheit und Gefahr einzufangen. Wer sich für Geschichte, starke Frauenfiguren und die Berge begeistert, wird mit diesem Buch voll auf seine Kosten kommen.
WERBUNG: Vielen Dank an den Gmeiner-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
Liebe Sabine,
AntwortenLöschendeine Rezension klingt sehr begeistert und von so einer mutigen Bergsteigerin zu lesen, ist sicher interessant und ihr Wunsch auch Berge zu ersteigen war sicher in der damaligen Gesellschaft nicht anerkannt. Ich kann mir gut vorstellen, wie schön die landschaftlichen Schilderungen wirken und finde es passend, dass auch die Gefahr in der Bergwelt gezeigt wird, die ja nicht von der Hand zu weisen ist.
Liebe Grüße
Barbara