[Rezension] Peter Stamm – "Sieben Jahre"

Peter Stamm – Sieben Jahre
Gegenwartsliteratur

Umschlaggestaltung: Andreas Heilmann und Gundula Hißmann, Hamburg
Umschlagabbildung: Peter Doig, Concrete Cabin II; © The Artist /Courtesy: Collection of Victoria and Warren Miro
ISBN-13: 978-3-596-17384-6
Seiten: 298 Seiten
Erschienen: 11.02.2011

Zum Inhalt 
„Sonja ist schön und intelligent und lebt mit Alex. Eine vorbildliche Ehe, er müsste glücklich sein. Aber wann ist die Liebe schon einfach? Und wie funktioniert das Glück? Iwona wäre neben Sonja fast unsichtbar, sie ist spröde und grau. Aber Alex fühlt sich lebendig bei ihr – und weiß nicht, warum. Sie liebt ihn. Er trifft sie immer wieder, und als sie von ihm schwanger wird und das Kind kriegt, das Sonja sich wünscht, setzt er alles aufs Spiel.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich mag die Geschichten Peter Stamms, mag seine Sprache und vor allem auch seine Charaktere – nicht weil sie immer sympathisch sind, sondern weil sie echt und glaubhaft sind, eben mit Ecken und Kanten. Bei diesem Buch bin ich jedoch nicht sicher, wie ich es finden soll – es hat einen Sog, der mich das Buch kaum zur Seite legen lassen konnte, aber auch Charaktere, die ich überhaupt nicht verstehe; und dann ein Ende, das viel Möglichkeit zur eigenen Interpretation lässt.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Alexander, den man über einen Zeitraum von 18 Jahren begleitet – er macht Abi, studiert Architektur und ist auch auf der Suche nach sich selber. Er heiratet Sonja, von der er nicht weiß, ob er sie wirklich liebt. Sie ist wunderschön und Alexander findet toll, dass sie immer weiß, was sie will, so ganz anders als er selber. Er hat aber auch Iwona, eine unscheinbare Frau, die weder schön noch interessant für ihn ist, die ihn aber liebt und bei der er eine gewisse Macht verspürt und auch auslebt, eine Freiheit, die er bei Sonja nicht kennt. 

Man könnte meinen, es ist eine einfache Dreiecksgeschichte – und vielleicht ist es auch so, ich aber habe es nicht so empfunden. Erzählt wird das Ganze aus Sicht Alexanders, oft in Rückblenden, aber auch mit Passagen in der Gegenwart. Die Sprache ist dabei wunderbar – zwar einfach und klar, dennoch aber voller Gefühl und mit einem ganz eigenen, schwer zu beschreibenden Sog. 

Alexander ist sicher kein Mensch, den man mag, ich zumindest habe ihn nicht verstanden. Er wirkt unschlüssig und immer auf der Suche nach irgendwas - er ruht einfach nicht in sich und versucht, es anderen immer recht zu machen. Bei Iwana kann er dagegen sein, wie er wirklich ist – nur mit dem Dilemma, dass er diese Frau uninteressant und unattraktiv findet. Alexander wirkt blass – nicht weil er als Charakter schlecht gezeichnet ist, sondern weil er einfach keine eigene Persönlichkeit hat – er braucht andere, um jemand zu sein, er selber reicht sich nicht und irgendwie gibt es auch nichts, was ihn ausmacht.

Anders ist das bei Sonja, seiner Ehefrau – sie hat eine Meinung, vertritt diese auch, hat Gefühle und äußert diese. Sie ist echt und steht mit beiden Beinen im Leben – doch auch bei ihr fragt man sich, was sie eigentlich bei Alexander hält. Trotzdem mochte ich sie weitaus mehr als ihren Gatten, einfach weil sie eine Persönlichkeit hat, liebenswerte Züge, aber auch Ecken und Kanten.

Alexander dagegen in seiner Unentschlossenheit war mir zu weich, er kann kaum das Ruder in die Hand nehmen und wirklich etwas reißen – und obwohl ich ihn so gar nicht mochte, war es doch interessant, über seine Zerrissenheit zu lesen, seine eigenen Gedanken und Gefühle zu erfahren und sein eigenes Erleben der zum Teil wirklich skurrilen Situationen. 

Das Ende hat mich etwas ratlos zurückgelassen – zwar gibt es einen Fakt, der als Schluss gesehen werden kann, trotzdem aber bleibt offen, wie es mit Alexander weitergeht. Hat er aus seiner Geschichte gelernt und tappt er weiter wie bisher durchs Leben? Da hat der Leser viel Spielraum für eigene Interpretationen.

Mich hat das Buch schon gefesselt und auch nach einigen Tagen hallt es noch bei mir nach. Die Sprache und diesen Sog, den die Geschichte auf mich ausgeübt hat, mochte ich sehr, diese Ratlosigkeit am Ende dagegen gar nicht. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Diese Geschichte hat mich gefesselt und einen ganz eigenen Sog ausgeübt – und das, obwohl ich den Ich-Erzähler überhaupt nicht mochte und ich weder seine Gedanken noch seine Handlungen verstehen konnte. Dafür aber hat mich der Autor mit seiner Sprache und der dadurch entstandenen Atmosphäre gepackt – und irgendwie hallt diese Dreiecksgeschichte bei mir auch noch nach. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

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