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[Rezension] Ulf Schiewe – "Die Kinder von Nebra"

Ulf Schiewe – Die Kinder von Nebra
Historischer Roman 

Umschlaggestaltung: Johannes Wiebel | punchdesign, München
Umschlagabbildung: © Himmelsscheibe von Nebra: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt
ISBN-13: 978-3-404-18428-6
Seiten: 619 Seiten
Erschienen: 28. Mai 2021

Buchrückentext
„Nebra vor 4000 Jahren: Lange haben sich die Menschen der Willkür des mächtigen Fürsten Orkon gebeugt, der das Volk quält und ausbeutet, sich nimmt, wonach immer es ihn gelüstet. Jetzt endlich regt sich der Widerstand. Die junge Priesterin Rana will Orkons dunkle Herrschaft brechen und die Menschen befreien. Das Werk ihres Vaters soll ihr dabei helfen: eine bronzene Scheibe, die den Sternenhimmel zeigt und eine geheime Botschaft der Götter enthält. Sie steht für die Göttin des Lichts, die dem Hass Liebe entgegensetzt, Doch Ranas Weg ist gefährlich. Viel steht auf dem Spiel Auch das Leben derjenigen, die ihr am liebsten sind…“

Meine Meinung
Ich liebe historische Romane – aber so weit in der Vergangenheit habe ich mich bisher nicht aufgehalten; ein Buch, das vor fast 4000 Jahren spielt und in der die „Himmelsscheibe von Nebra“, die im Jahr 1999 in Sachsen-Anhalt gefunden wurde, im Mittelpunkt des Geschehens steht - ich gebe zu, dass ich anfangs skeptisch war, und tatsächlich habe ich auch ein bisschen gebraucht, um in die Geschichte reinzukommen – dann aber wurde es spannend und mit den sympathischen Protagonisten galt es, viele Abenteuer zu bestehen.

Es ist kein leichtes Unterfangen, ein Buch zu schreiben, das in einer Zeit spielt, aus der nur wenig bekannt ist. Zwar gibt es einige Fundstücke, aber wie die Menschen wirklich gelebt haben, da bleibt viel Spielraum zur Spekulation. Der Autor hat wirklich exzellent recherchiert und alle Fakten geschickt mit der fiktiven Geschichte verknüpft – denn natürlich ist vieles erdacht, aber in den bekannten historischen Kontext gebracht.

Die Geschichte beginnt gemächlich und führt den Leser langsam in die Zeit und die Lebensumstände ein. Man erfährt, wie die Himmelsscheibe entstanden sein könnte, wie die Menschen damals gelebt haben, dass das Land von Fürsten und Clans geführt wird und Götter angebetet und gehuldigt werden. Ich habe mich am Anfang sehr schwer getan, nicht nur wegen der vielen fremden Namen, die zu Menschen, Charakteren, Orten und Clans gehören, sondern weil mir auch einfach Spannung gefehlt hat, denn viel passiert zu Beginn wirklich nicht. Nach und nach wird es dann aber doch packender, als klar wird, welche Gottheiten mit welchem Clan wie zusammenhängen und wer welche Machtansprüche an wen stellt. Dann wird die Geschichte zu einem spannenden Abenteuerroman, bei dem ich sehr gefesselt war und mitgefiebert habe. 

Der Götterkult spielt in diesem Roman eine große Rolle und Ulf Schiewe hat einen tollen Götter-Stammbaum erstellt und ausgearbeitet. Natürlich ist dieser angelehnt am römische und griechische Gottheiten, dennoch aber ist er in sich schlüssig und muss sich in keinster Weise verstecken. 

Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, auch wenn bei fast allen der Hang dazu besteht, nur aus guten oder auch schlechten Seiten zu bestehen. Damit wirken sie ein wenig unauthentisch – aber wer weiß schon, wie die Menschen vor 4000 Jahren gewesen sind. Trotzdem mochte ich die Hauptcharaktere und habe sie bei ihren Abenteuern gerne begleitet – sie sind Helden, und damit ist eigentlich auch klar, dass ihnen viele gute Eigenschaften zugeschrieben sind, aber auch, wie die Kämpfe sowohl zwischen den Clans als auch im Privaten enden werden. 

Schwer getan habe ich mich mit der Sprache – nicht weil sie anspruchsvoll ist oder schlecht zu lesen, sondern wie sie mir zu modern war und gar kein Zeitgefühl in mir geschaffen hat. Natürlich weiß man nicht, wie die Menschen damals gesprochen haben, trotzdem wünsche ich mir beim Lesen eines historischen Romans – egal zu welcher Zeit er spielt – ein gewisses „historisches Lesegefühl“, eine Atmosphäre, die mich fühlen lässt, in einer anderen Zeit zu sein. Und das hatte ich nicht. Ich habe tatsächlich ein bisschen gebraucht, dieses für mich bestehende Problem beiseite zu schieben, dann aber konnte ich die Geschichte endlich genießen und auch in ihr abtauchen.

Ulf Schiewe hat großartiges geleistet, eine Geschichte in einer Zeit anzusiedeln, über die nur wenig bekannt ist, und seine exzellenten Recherchen merkt man nicht nur beim Lesen, sondern erfährt auch von ihnen in dem ausführlichen Nachwort. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Der Einstieg ist mir sehr schwer gefallen, sowohl wegen des Schreibstils, der mit zu modern war, aber auch wegen der nur allmählich in Gang kommenden Geschichte – dann aber wird es spannend und ich war gefangen von den Abenteuern, die die sympathischen Charaktere in einem Land, in denen Götter und Clans regieren, erleben. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

WERBUNG: Vielen Dank an den Lübbe-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

6 Kommentare:

  1. Hi Sabine,

    eine ganz tolle Rezension!
    Gestern hab ich mit dem Buch übrigens angefangen und ich kann das mit dem Stil sehr gut nachvollziehen, es wirkt schon sehr "modern". Irgendwie hatte ich mir auch gewünscht, dass die Frauen hier etwas mehr die Oberhand haben :D Aber ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, zu welcher Zeit man das ansiedeln sollte, das war wohl noch eine zeitlang früher.
    Wenn man viel Fantasy liest ist man mit einem langsamen Einführen vertraut, deshalb hab ich es bisher noch nicht als zu ruhig empfunden und bin gespannt, was da noch auf mich zukommt.

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Hi Aleshanee,

      warte mal ab - mit den Frauen und der Oberhand... ;-) Ich bin gespannt, wie du das Buch abschließend finden wirst. Viel Spaß!

      LG Sabine

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    2. Dankeschön! Dann lass ich mich mal überraschen xD

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  2. Liebe Sabine,
    so ähnlich ist es mir auch ergangen. Der Anfang dauert fast etwas zu lange, aber wird für die Einfühlung doch benötigt bis man sich vetraut mit der Zeit fühlt. danach fand ich es aber spannend und gut gemacht.
    Liebe Grüße
    Martina

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  3. Das mit dem "historischen Lesegefühl" gefällt mir.

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    1. Joo - ich weiß immer nicht, wie ich das sonst sagen soll. Dieses besondere Gefühl, wenn man historische Romane liest.

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