[Rezension] Rosamund Lupton - "Lautlose Nacht"

Rosamund Lupton - Lautlose Nacht

Thriller, Spannungsroman
 

 Originaltitel: „The Quality of Silence“ (2015)

 Übersetzerin: Christine Blum

 Verlag: Argon Hörbuch

 ISBN-13: 978-3-732-41503-8

 Dauer: 445 Minuten

 Erschienen: 24.11.2017

 Sprecherin: Tanja Geke

   

Zum Inhalt 

„Die englische Physikerin Yasmin fliegt mit ihrer gehörlosen Tochter nach Alaska, um ihren Mann Matt zu treffen, der dort einen Dokumentarfilm dreht. Doch die Polizei empfängt sie mit der entsetzlichen Nachricht, dass Matt weit oben im Polarkreis umgekommen ist. Das kann und will Yasmin nicht glauben. Zusammen mit der zehnjährigen Ruby macht sie sich auf eine lebensgefährliche Reise durch das ewige Eis, um ihn zu finden. Schneestürme, Lawinen, unpassierbare Straßen und die erbarmungslose Kälte sind dabei nur das kleinere Übel. Denn auf der Straße zu den Ölfeldern folgt ihren Reifenspuren ein zweiter LKW, dessen Fahrer die weitaus größere Gefahr darstellt...“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung

Geschichten, die in der Kälte spielen, ziehen mich irgendwie magisch an – diesmal sind es nicht die Berge, sondern der Polarkreis: Die Geschichte führt in die eisige und einsame Weite Alaskas, wo sich die zehnjährige, gehörlose Ruby zusammen mit ihrer Mutter Yasmin auf einer ungewöhnlichen und zunehmend gefährlichen Suche befinden. Denn Rubys geliebter Vater Matt ist plötzlich verschwunden. Was als Sorge beginnt, entwickelt sich schnell zu einem atemlosen Thriller, der tief in eine Welt der Kälte, der Angst und einer ganz besonderen Kommunikation eintaucht. Nach anfänglicher Skepsis gegenüber dem etwas konstruiert wirkenden Plot konnte ich mich jedoch ganz in die Geschichte fallen lassen und bin tief in die arktische Atmosphäre eingetaucht.

Die Atmosphäre des Hörbuchs ist unglaublich - dicht und beklemmend. Die Kälte, die Einsamkeit und die ständige Sorge um den verschwundenen Vater werden von der Autorin sehr gut eingefangen. Die Geschichte spielt meist in der Enge einer LKW-Kabine – das stellt einen fast schon absurden Kontrast dar zur arktischen Weite, in der die beiden auf der Suche und auch auf der Flucht sind. Ohne plumpe Schockmomente schafft die Autorin es meisterhaft, eine tief sitzende Angst zu erzeugen, aber gleichzeitig auch immer wieder kleine Funken der Hoffnung zu säen.

Was das Buch zu etwas ganz Besonderem macht, ist das Mädchen Ruby. Als gehörlose Zehnjährige, die ihre Gefühle in skurrilen, bildhaften Sinneswahrnehmungen beschreibt, ist sie ein außergewöhnlicher Charakter. Ich konnte ihre Liebe zum Vater und ihre Freude auf ein Wiedersehen spüren. Ihr Verhältnis zu ihrer Mutter Yasmin ist etwas schwierig und glaubwürdig gezeichnet, und mit Yasmin musste ich auch erst einmal warm werden. Je mehr ich jedoch über sie erfahren habe und je länger sie mit Ruby unterwegs ist, desto greifbarer wurde ihr Charakter für mich. Die Ausnahmesituation zwingt ihre Entwicklung förmlich voran. Und beide wachsen im Laufe der Handlung sprichwörtlich über sich hinaus. Sie beweisen in der Dunkelheit und Eiseskälte einen beeindruckenden Mut, Ausdauer und vor allem Herz. 

Am Anfang fand ich das Buch leider ein wenig langatmig – nicht nur, dass ich mit Yasmin nicht direkt warm wurde, schien mir der Plot auch etwas konstruiert. Als sich Mutter und Tochter dann aber auf die Suche nach Matt begeben, kommt immer mehr Fahrt auf – da konnte ich auch manchen Logikfehler verschmerzen. Denn das enorm atmosphärische Erzähltempo hat mich bei der Stange gehalten.

Ein entscheidender Faktor bei diesem Hörbuch ist natürlich die Sprecherin: Tanja Geke ist großartig. Sie trägt die Geschichte mit ihrer Stimme und schafft es, die Kälte und die Beklemmung, aber auch die Zärtlichkeit in der Kommunikation zwischen Eltern und Tochter, lebendig werden zu lassen. Die Inszenierung funktioniert für mich perfekt und macht das Hörerlebnis sehr intim und intensiv.

Mein Fazit

Ein höchst atmosphärischer Thriller, der durch die besondere Konstellation der gehörlosen Protagonistin Ruby und die eisige Weite Alaskas einen einzigartigen Sog entwickelt. Der Plot ist etwas konstruiert, dafür aber haben mich die Charaktere und die Atmosphäre absolut gefesselt. Wer Geschichten und Thriller mag, die in der Kälte spielen, wird hier auf jeden Fall fündig.