John Boyne – Die Elemente Reihe (Wasser, Erde, Feuer, Luft)
Gegenwartsliteratur
Originaltitel: Water (2023), Earth (2024), Fire (2024), Air (2024)
Übersetzer: Nicolai von Schweder-Schreiner
Verlag: avm (Audio Verlag München)
ISBN-13: 9783748400868 (#1), 9783748405313 (#2), 9783748405504 (#3), 9783748405504 (#4)
Dauer: 249 Minuten (#1), 243 Minuten (#2), 276 Minuten (#3), 263 Minuten (#4)
Erschienen: 22.10.2025 (#1), 25.11.2025 (#2), 1.12.2025 (#3), 8.12.2025 (#4)
Sprecher: Uta Pialetzki (#1), Richard Lingscheid (#2), Cornelia Waibel (#3), Richard Barenberg (#4)
Zum Inhalt
"Die Elemente“ ist eine vierteilige Romanreihe, die sich um die Themen Schuld, Trauma und Vergebung dreht, wobei jeder Band ein Element an einer Hauptfigur thematisiert und lose miteinander verbundene Schicksale beleuchtet, die die menschliche Natur und Moral erforschen.
Meine Meinung
Mit der vierteiligen Romanreihe „Die Elemente“ hat John Boyne ein literarisches Quartett geschaffen, das sich den schweren Themen Schuld, Verantwortung und Vergebung widmet. In jedem Band steht ein anderes Element im Zentrum, das symbolisch eine persönliche Krise beleuchtet. Den Auftakt macht „Wasser“, gefolgt von „Erde“ und „Feuer“, bis sich schließlich mit „Luft“ der Kreis schließt. Obwohl die Bände auch als eigenständige Geschichten funktionieren, webt der Autor ein feines Netz aus Querverbindungen, das erst am Ende seine volle Wirkung entfaltet. Ich habe mich dazu entschieden, diese Reihe als Hörbuch zu erleben, wobei jeder Teil durch eine andere Stimme gelesen wurde.
Die Reihe beginnt mit dem Band „Wasser“, in dem Vanessa Carvin auf eine abgelegene irische Insel flieht. Unter neuem Namen versucht sie, sich ihrer Mitschuld an den Verbrechen ihres Mannes zu stellen. Im zweiten Band „Erde“ begleiten wir den Fußballprofi Evan Keogh, dessen glanzvolle Karriere durch einen Missbrauchsskandal erschüttert wird, was ihn zur Konfrontation mit seiner eigenen Vergangenheit zwingt. Der dritte Teil, „Feuer“ rückt die Chirurgin Freya Petrus in den Fokus, deren Lebenslügen durch ein wiederaufploppendes Kindheitstrauma ans Licht kommen. Den Abschluss der Reihe bildet „Luft“, eine Erzählung über den Vater Aaron, der auf einer Reise mit seinem Sohn Emmet versucht, die fragile Vater-Sohn-Beziehung zu heilen.
Eins vorweg – keines der Bücher ist leichte Kost, und ich war von der emotionalen Wucht der Themen wirklich ein bisschen erschlagen. Umso mehr hat sich wieder mal gezeigt, dass der Autor schreiben kann, denn auch diese schweren Themen sind in einer irgendwie auch fesselnden Weise in die Geschichten verpackt.
Während ich den ersten Band „Wasser“ als sehr intensiv und bewegend empfunden habe und mit der Protagonistin gut fühlen konnte, fiel es mir bei Band zwei und drei zunehmend schwerer, eine Bindung zu den Protagonisten aufzubauen. Zum Teil habe ich ihr Verhalten nämlich als abstoßend empfunden, auch wenn es sich aus der jeweiligen Vergangenheit erklären lässt – in meinen Augen aber nicht entschuldigen. Sicher ist auch das Schreiben und Gestalten solcher Charaktere eine literarische Herausforderung, die dem Autor einiges abverlangt.
Gefallen hat mir, dass immer mal wieder Querverbindungen zwischen den einzelnen Bänden eingeflochten sind, bis sich im Finalband dann die große Klammer der Geschichte schließt. So sehr mir das Konzept der verknüpften Einzelgeschichten gefallen hat, so sehr empfinde ich die Veröffentlichungspolitik als unglücklich; die Geschichten sind sehr kurz, und es erschließt sich mir nicht, warum diese nicht in einem einzigen, kompakten Band zusammengefasst wurden.
Die Charaktere sind wirklich sehr gut gezeichnet, auch wenn mich dies an meine Grenzen führte. In „Wasser“ konnte ich den Schmerz von Vanessa Carvin fast physisch spüren und ihr Bedürfnis nach einem Neuanfang vollkommen nachempfinden. Ganz anders erging es mir mit dem Fußballprofi Evan in „Erde“ oder der Chirurgin Freya in „Feuer“. Bei beiden spürte ich eine deutliche Distanz - Freyas Verhalten habe ich als egoistisch und verletzend emfunden, Evans Schmerz konnte ich zwar nachvolziehen, nicht aber, dass er sich in seiner Situation so passiv verhalten hat. Erst im vierten Band, der die Reise von Vater Aaron und seinem Sohn Emmet beschreibt, fand ich wieder einen emotionalen Zugang – hier hat mir die Entwiclung der Beziehung zwischen Vater und Sohn sehr gefallen – sie wirkte auf mich sehr einfühlsam und heilend.
Der Schreibstil ist, wie von John Boyne gewohnt, emotional, präzise und stimmungsvoll – natürlich in Abhängigkeit von dem jeweiligen Plot. Trotz der Kürze der einzelnen Bände baut sich eine subtile Spannung auf, die jedoch weniger aus der äußeren Handlung als vielmehr aus der inneren Zerrissenheit der Figuren resultiert. Ich fühlte mich der Geschichte oft unangenehm nah, was für die Qualität der Erzählweise spricht, mich als Hörerin aber auch emotional forderte. Die verschiedenen Sprecher der Hörbücher haben diesen Effekt unterstrichen und jedem Element eine ganz eigene, unverwechselbare Atmosphäre verliehen – und hier kann ich nur alle vier loben, denn alle haben einen exzellenten Job gemacht. Dass sich im letzten Band alle Puzzlesteine zu einem Ganzen fügen, hat mir sehr gut gefallen und mich auch mit den Geschichten versöhnt, die mich nicht so angesprochen haben.
Fazit
John Boyne gelingt mit seiner Reihe „Die Elemente“ ein tiefgehendes Porträt menschlicher Abgründe, das durch seine erzählerische Dichte überzeugt. Auch wenn mir nicht alle Charaktere sympathisch waren, hat mich die literarische Verknüpfung der vier Schicksale überzeugt. Eine fordernde, keineswegs leichte Kost, die trotz der Kritik an der Preisgestaltung durch ihre emotionale Intensität im Gedächtnis bleibt.




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