[Rezension] Anna-Maria Caspari - "Perlenbach"

Anna-Maria Caspari - Perlenbach
Historischer Roman
 

 ISBN-13: 978-3-957-13295-6
 Dauer: 544 Minuten
 Erschienen: 29.7.2023
 Sprecher: Julian Mehne, Tanja Fornaro

   
Zum Inhalt
„Monschau, Ende des 19. Jahrhunderts: In der Tuchmacherstadt kreuzen sich die Wege von Wilhelm, Jacob und Luise, die schon als Kinder der gemeinsame Wunsch verbindet, den strengen Normen und Regeln ihrer Zeit zu entfliehen. Luise will Ärztin werden, Jacob träumt von einem ungebundenen Leben fernab der Fabrik seines Vaters, und der Bauernsohn Wilhelm will der Enge und Armut seines Heimatdorfes Wollseifen entfliehen. Zunächst scheint alles möglich, doch im ausgehenden Jahrhundert ist nur wenig Raum für individuelle Lebensentwürfe, vor allem wenn Liebe im Spiel ist. Auf einmal ist die Freundschaft der drei in Gefahr, und nicht nur Wilhelms Weg nimmt eine völlig andere Richtung als gewünscht …“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich hatte viele positive Stimmen zu diesem Buch vernommen und hatte daher hohe Erwartungen – die dann auch nicht enttäuscht wurden. 

Im Mittelpunkt stehen die Freunde Wilhelm, Jacob und Luise. Der neunjährige Wilhelm verbringt die Winter bei dem Tuchfabrikanten Carl Theodor Becker und genießt das Leben dort sehr – ist es doch so ganz anders als sein ärmliches Leben in Wollseifen, wo er hart auf dem elterlichen Hof arbeiten muss. Wilhelm freundet sich mit Jacob und Luise an und sie verbringen viele Winter miteinander. Jacob wird einmal die elterliche Tuchfabrik erben, Luise hat sich in den Kopf gesetzt, Ärztin zu werden, was im 19. Jahrhundert noch ein schwieriges Unterfangen ist. Aus den Jugendfreunden werden Erwachsene, und das Leben hält für jeden der drei neue Überraschungen parat.

Mich hat die Geschichte von Anfang an in ihren Bann ziehen können – sie wird in zwei Teilen erzählt: Im ersten geht es um die Jahre 1865 bis 1879 und man begleitet die drei Freunde in ihren Jugendtagen. Der zweite Teil spielt von 1879 bis 1905 und man erlebt die unterschiedlichen Entwicklungen der drei als Erwachsene und auch, dass es eben auch mal zu Streitereien kommen kann. 

Die Autorin hat die verschiedenen Stimmungen sehr gut einfangen können – zum einen die privilegierte Situation, in denen Jacob und Luise aufwachsen, die beide keine harte Arbeit verrichten müssen und bei denen Hunger, Kälte oder Armut keine Themen sind. Ganz anders ist es bei Wilhelm, der genau das erleben muss und der unter der harten Hand des Vaters zu leiden hat – daher genießt er die Winter mit den Freunden immer sehr. 

Man lernt die Arbeitsbedingungen sowohl auf einem Bauernhof als auch in einer Tuchfabrik kennen, bekommt Einblicke in die Arbeit eines Arztes und auch, wie sich Kinder damals beschäftigt haben – so erklärt sich auch der Name „Perlenbach“, den ich erst beim Hören des Hörbuchs verstanden habe.

Die drei Freunde sind ganz unterschiedlich: Luise ist ein kesses und vorwitziges Mädchen, das man gut als Anführerin der Dreierbande bezeichnen kann – ihr Selbstbewusstsein habe ich sehr gemocht, auch, dass sie sich von Konventionen nicht so schnell unterkriegen lässt. Jacob ist durch eine Behinderung am Arm etwas eingeschränkt, und obwohl er sich damit gut arrangiert hat, wirkt er doch immer etwas schüchtern und zurückhaltend und versteckt sich gerne hinter Luise. Wilhelm mochte ich ebenfalls, weil er ehrlich und verlässlich ist – dass eine unbedachte Äußerung von ihm im Verlauf das Schicksal der drei maßgeblich beeinflusst, fand ich daher sehr schmerzlich. 

Ich habe die drei sehr gerne begleitet und auch ihre Entwicklung als junge Erwachsene war interessant und vor allem sehr authentisch – denn es geht nicht immer rosig zu und – wie im wahren Leben – kommt es auch zwischen den guten Freunden zu Konflikten und Problemen. Eine Zeitlang gehen sie getrennte Wege, als Hörer begleitet man aber jeden von ihnen weiter, und durch die Wechsel der Perspektiven ist es spannend und fesselnd.

Der Schreibstil ist sowohl der Zeit angepasst als auch dem Alter der im Mittelpunkt stehenden Figuren – sind die drei Freunde zunächst Kinder, wachsen sie zu jungen Erwachsenen heran und natürlich ändert sich dadurch auch ihre Ausdrucks- und Sichtweise. Ich konnte dem Hörbuch sehr gut folgen, wohl auch, weil ich die Stimme des Sprechers Julian Mehne sehr mochte und er die ganze Geschichte sehr lebendig vorgetragen hat. Von mir auf jeden Fall eine Empfehlung - und ich bin schon gespannt, ob ich in „Ginsterhöhe“ die Freunde wiedertreffen werde. 

Mein Fazit
Eine berührende Geschichte um drei Freunde, die sich in Kindertagen kennenlernen und die als Erwachsene dann aber ganz unterschiedliche Wege gehen. Die drei Freunde sind ganz verschieden, jeder aber auf seine Art liebenswert, so dass ich sie gerne begleitet habe. Wer sich für das späte 19. Jahrhundert interessiert und auch etwas über die Klassenunterschiede lernen möchte, kann dies auf unterhaltsame Weise in diesem Hörbuch.

WERBUNG: Vielen Dank an Netgalley und den Hörbuch Hamburg-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplar.

2 Kommentare:

  1. Das hört sich interessant an und erinnert mich ein bissle an "Schatten der Welt" von Andreas Izquierdo, da geht's auch um 3 Freunde, zwei Jungs und ein Mädchen, es spielt allerdings im heutigen Polen.

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    1. Ich fands fesselnder als Izquierdo, den ich gerade am Anfang sehr langatmig fand ... Aber das ist sicher auch Geschmackssache.

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