[Interview] Marita Spang aka Tessa Duncan im Gespräch

Tessa Duncan im Interview 

Hinter Tessa Duncan verbirgt sich die Autorin Marita Spang, bekannt durch ihre historischen Romane. Als Marie Lacrosse hat sie die Leser:innen ins 19. und 20. Jahrhundert entführet. Mit ihrem neuen Pseudonym wird sie nun auch ein neues Genre bedienen - den Spannungsroman. 

Am 14.9.2023 erscheint das Buch "Wer das Vergessen stört" bei dtv. Ich bin schon sehr gespannt auf den Roman, denn der Klappentext verspricht eine spannende Geschichte: 

"Nach einer gescheiterten Beziehung lässt sich Lily Brown, zuvor Polizeipsychologin bei Scotland Yard, in Canterbury als Psychotherapeutin nieder. Zu ihren ersten Patientinnen gehören Samantha Harris, die in einer toxischen Beziehung mit ihrem gewalttätigen Ehemann gefangen ist. Und Vera Osmond, die aufgrund eines schlimmen Kindheitserlebnisses unter Panikattacken leidet. 
Lily hält Veras Behandlung schon für erfolgreich abgeschlossen, als diese sich wieder bei ihr meldet. Doch Lily ist abgelenkt. Wenig später wird Vera tot aufgefunden – angeblich Selbstmord. Lily glaubt nicht daran und stellt Nachforschungen an. Dabei stößt sie auf ein furchtbares Geheimnis und gerät selbst in Lebensgefahr …"

© Portraitfoto: Samira Khani





Ich habe mich mit Marita zu ihrem neuen Roman ausgetauscht und möchte Dir die interessanten Antworten natürlich nicht vorenthalten. 

Vielen Dank an Dich, Marita, dass Du Dich meinen Fragen gestellt hast!






Zum Aufwärmen erst mal ein paar kurze Entweder-Oder-Fragen an Dich, okay? Marita: Klar, da bin ich gespannt! 
Hund oder Katze?   ~~  Katze
Schokolade oder Gummibärchen?   ~~  beides gerne abwechselnd 
Tee oder Kaffee?   ~~  Kaffee
Popmusik oder Klassik?   ~~  Popmusik
Auto oder Fahrrad?   ~~  Ich liebe mein E-Bike, komme aber ohne Auto nicht aus
Sommer oder Winter?   ~~  Früher war es der Sommer, jetzt eher der Winter.
Berge oder Meer?   ~~  ich mag beides sehr gerne
Früh- oder Spätaufsteher?   ~~  Diesmal gar nichts von beidem, ich komme morgens schlecht aus dem Bett, stehe aber trotzdem eher früh auf
Chaotisch oder ordentlich?   ~~  Früher eher chaotisch, heute ordentlich
Kochen oder Essen bestellen?   ~~  Kochen
Kino oder Theater?   ~~  Notgedrungen Kino (das Theater ist einfach zu weit entfernt...)
Oper oder Musical?   ~~  Musical
Haus oder Wohnung?   ~~  Haus
Logik oder Bauchgefühl?   ~~  Das habe ich immer beides gebraucht :-) 
Sabine: Interessant und manchmal ist es wirklich nicht leicht, sich festzulegen. 

 


Deine ersten Romane haben alle im Mittelalter ("Blut und Seide",  "Die Rose des Herzogs", "Hexenliebe"…) gespielt, dann hast Du Dich über das 19. (Weingut-Saga, Kaffeehaus-Saga) ins 20. Jahrhundert (KaDeWe-Dilogie) begeben. Mit Deinem neuen Buch wagst Du Dich nicht nur in die Gegenwart, sondern auch in ein neues Genre. Wie ist es dazu gekommen? 
Marita: Erst einmal muss ich etwas richtigstellen😉: Nur "Blut und Seide" und "Die Frauenburg" spielen im Mittelalter. "Hexenliebe" ist in der frühen Neuzeit angesiedelt, "Die Rose des Herzogs" zur Zeit der französischen Revolution.

Ins 19. und 20. Jahrhundert hat es mich dann verschlagen, weil dies meine sogenannte "Marke" bei Goldmann ist, die auch mit meinem Pseudonym Marie Lacrosse verbunden ist. 

Zum neuen Genre ist es gekommen, weil ich dabei meine ganzen Kenntnisse als Psychologin unterbringen kann. Sowohl meine psychotherapeutischen Erfahrungen als auch meine Erfahrungen als Beraterin im Business und erst recht meine Erfahrungen als langjährige Gutachterin im Rahmen von Strafprozessen. Endlich kann ich mich also mit meiner Hauptfigur Lily Brown diesbezüglich völlig „austoben“. 

Die Gegenwart als Zeit war dafür allerdings überhaupt nicht ausschlaggebend. Ich finde es im Gegenteil sehr befreiend, einmal schreiben zu dürfen, ohne mich an so vielen historischen Fakten entlang hangeln zu müssen wie in meinen historischen Romanen.

Sabine: Oh, da habe ich die Zeiten wohl ein wenig durcheinandergebracht 😉... 


Die Mittelalterromane sind unter Deinem „echten“ Namen Marita Spang erschienen, danach wurdest Du zu Maria Lacrosse, jetzt schreibst Du als Tessa Duncan. Wie wichtig findest Du es, für verschiedene Genres auch unterschiedliche Pseudonyme zu nutzen? 
Marita: Meine beiden Pseudonyme habe ich auf Wunsch meiner Verlage angenommen. Schon Goldmann wollte sich von „Marita Spang“ abgrenzen. Romane für dtv zu schreiben, die in England spielen, erforderte dann selbstverständlich ein englisch klingendes Pseudonym.

Mittlerweile finde ich es allerdings auch selbst ganz praktisch, dass meine beiden aktuellen Genres „historische Romane ab der Mitte des 19. Jahrhunderts“ für Goldmann und „Spannungsromane in der jüngsten Gegenwart“ für dtv auch mit unterschiedlichen Pseudonymen verbunden sind.

Ich kenne auch nur sehr wenige Autoren und Autorinnen, die in mehreren Genres unter dem gleichen Namen schreiben, der dann auch meistens ihr Klarname ist. Die wenigen, die ich kenne, schreiben auch meistens damit für den gleichen Verlag.

Sabine: Ja - bestimmt ist es für Fans auch verwirrend, wenn unter einem Namen unterschiedliche Genres bedient werden. Hauptsache, man weiß dann, mit welchem Pseudonym ein geliebter Autor noch schreibt. 


Ich weiß, dass Deine Ideen für Bücher meist einen Auslöser hatten, zum Beispiel beim Buch „Hexenliebe“ war es der sogenannte Hexentanzplatz in Neuerburg, den Du bei einer Wanderung entdeckt hast, die Kerngeschichte zur „Rose des Herzogs“ fand Dich in Ettenheim. Dein erster Roman „Kinderjäger“ gehörte auch schon in die Sparte Spannungsroman – aber wie ist die Idee zu Deinem neuen Buch „Wer das Vergessen stört“  geboren worden? 
Marita: Auch durch einen Zufall. Der Cold Case, der dem Buch zu Grunde liegt und über den ich natürlich nichts verraten möchte, um die Spannung nicht zu schmälern, ist mir im Rahmen einer Recherche über ein ganz anderes Thema zufällig begegnet. Ich habe mir die Literatur dazu besorgt und dann festgestellt, dass sich daraus ganz hervorragend ein Spannungsroman konzipieren lässt.

Wie in meinen historischen Romanen schildere ich Näheres darüber im Nachwort zu diesem Buch. 

Sabine: Also wieder eine Mischung aus "wahrer Geschichte" und Fiktion - ich bin gespannt.


In „Wer das Vergessen stört“ ermittelt Lily Brown, ehemalige Polizeipsychologin bei Scotland Yard, jetzt aber als Psychotherapeutin in Canterbury niedergelassen, bei sogenannten „Cold cases“. Wie viel steckt von dir selber in Lily Brown? 
Marita: Eine ganze Menge - und sicher steckt in Lily  mehr von mir als in all meinen anderen weiblichen Hauptfiguren. 
 

Wird es mit Lily Brown weitergehen, wird sie weitere Cold Cases aufklären? 
Marita: Die Idee, mit der ich in dieses ja sehr hart umkämpfte Genre überhaupt Eintritt fand, ist die, dass Lily in jedem ihrer Bücher im Haupthandlungsstrang über ihre Therapien einen solchen Cold Case entdeckt.

Daneben gibt es dann einen zweiten Handlungsstrang, der sich ebenfalls mit einem gesellschaftlich relevanten Thema beschäftigt, das psychologisch aufbereitet wird. Im ersten Band der Canterbury-Fälle ist dies das Thema „häusliche Gewalt“. Dieser zweite Handlungsstrang soll dann immer auch im weiteren Sinne mit Lily selbst zu tun haben.

Diese Idee habe ich mir von den Romanen von Elizabeth George abgeschaut.

Gerade schreibe ich an Band 2 und dann wird man sehen, wie es weitergeht. Geplant ist auf jeden Fall eine Serie, wenn die ersten Bücher beim Publikum ankommen.

Sabine: Das klingt auf jeden Fall schon mal toll!
 

Bestimmt kannst Du Dein Wissen als Psychologin beim Bücherschreiben gut nutzen, vor allem wenn es um die Charaktere geht. Wie wichtig ist dir die Authentizität der Figuren in Deinen Romanen?  Und ist es nicht schwer, einen „bösen“ Charakter authentisch zu entwickeln?
Marita: Um der Wahrheit die Ehre zu geben, war es beim Thema Spannung genauso wie bei den historischen Romanen.

Als immer schon geschichtlich interessierter Mensch hat es mich kriminell geärgert, wenn historische Fakten vernachlässigt oder sogar verfälscht wurden um der Dramaturgie willen. Deshalb habe ich irgendwann beschlossen, meine eigenen historischen Romane zu schreiben und diesen Fehler zu vermeiden.

Bei Spannungsromanen ärgert es mich seit jeher, dass es oft psychologische Konstellationen oder Charaktere gibt, die so in der Realität gar nicht vorkommen könnten. Das können die meisten Leser:innen als Laien natürlich nicht beurteilen oder es ist ihnen sogar egal. Dazu ein Zitat von einer guten Bekannten: „Hauptsache, es ist spannend.“

Deshalb ist mein Anspruch, Charaktere, Beziehungen und auch Handlungsstränge weitestgehend authentisch zu entwickeln und abzubilden. 

Als Unternehmensberaterin hatte ich zum Beispiel öfter, als mir lieb war, mit sogenannten Psychopathen zu tun. Und als Psychotherapeutin weiß ich genug über bestimmte Persönlichkeitsstörungen, um zu wissen, wie man daraus auch die sogenannten „bösen Charaktere“ entwickelt.

Spannend ist aber auch (und das machen sich ja auch viele Krimis im Fernsehen zunutze), dass Verbrecher gar nicht immer „böse“ sein müssen, sondern manchmal auch aus Motiven heraus ihre Taten begehen, hinter denen eine sogenannte „gute Absicht“ steckt. Zum Beispiel einen Menschen, der einem lieb ist, vor (vermeintlichem) Schaden zu bewahren. Um so etwas zu tun, muss ein Mensch nicht von Grund auf schlecht sein.

Genau dieses Prinzip wirst Du gleich in Bd. 1 meiner Canterbury-Fälle finden.

Sabine: Ich werde immer neugieriger auf Lily und was sie da für einen Cold Case ausgräbt.


Ich gehe davon aus, dass Du selber gerne liest – liest Du dann eher das Genre, in dem Du gerade nicht schreibst oder eben gerade in dem Genre, um Dich inspirieren zu lassen? Und welche sind Deine Lieblingsautoren?
Marita: Das hat im Laufe der Jahre sehr gewechselt. Als ich meine ersten historischen Romane unter meinem Klarnamen Marita Spang schrieb, habe ich nur historische Romane gelesen, zum Beispiel von meinem großen Vorbild in diesem Genre Rebecca Gablé. Das half mir damals sehr, die richtige Sprache in meinen Romanen zu finden, bestimmte Ausdrücke und Formulierungen zu verwenden etc.

Je routinierter ich dabei wurde, desto weniger konnte ich einen historischen Roman schreiben und gleichzeitig auch einen lesen. Manchmal habe ich sogar noch Jahre später historische Romane abgebrochen, die ich eigentlich sehr gut fand, die mich aber zu sehr an meine eigenen Recherchen und Romane zu diesem Thema erinnert haben.

In meinem neuen Genre „Spannungsroman“ ist es jetzt wieder so, wie während meiner ersten historischen Romane. Ich lese gerade vor allem Krimis anderer Autoren und Autorinnen, um zu schauen, wie sie Spannungsbögen aufbauen etc.

Wirkliche Lieblingsautor:innen habe ich eigentlich nicht. Sowohl im historischen als auch im Spannungsgenre wähle ich meine Bücher danach aus, ob mich die Thematik interessiert.

Im Augenblick lese ich sehr gerne die Kriminalromane von Steven Cavanagh. Auch einige Romane von Michael Robotham haben mir sehr gefallen. Dennoch kann ich jetzt nicht sagen, dass dies Lieblingsautoren sind, bei denen ich gespannt darauf warte, wann sie endlich ihre nächsten Werke veröffentlichen. Dabei bin ich mir sehr bewusst darüber, dass ich mich damit ganz gegenteilig zu meiner Fangemeinde verhalte, die schon gespannt auf meine nächsten Bücher wartet.

Gäbe es also nur solche Leser:innen wie mich, ginge es mir sicherlich als Autorin schlechter😉.


Sabine: Also die Blogger:innen, die ich kenne, warten schon sehnsüchtig auf Dein neues Buch... 


Vielen Dank liebe Marita, dass Du Dich den Fragen gestellt hast - ich fand es sehr interessant und drücke jetzt natürlich feste die Daumen, dass Du Deine Fangemeinde auch als Tessa Duncan begeisterst. Aber da bin ich eigentlich ziemlich sicher... 

Alles Gute!
 
 

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