[Rezension] Mareike Fallwickl - "Das Licht ist hier viel heller"

Mareike Fallwickl - Das Licht ist hier viel heller
Gegenwartsliteratur
 

 ISBN-13: 978-3-627-00264-0
 Seiten: 384 Seiten
 Erschienen: 30.8.2019
 Ersterscheinung: 30.8.2019
 Umschlaggestaltung: Daniela Weichenberger
 Umschlagabbildung: unsplash.com / @imleedhali

   
Zum Inhalt
„Maximilian Wenger war einer der Großen, ein Bestsellerautor, ein Macher. Jetzt steht er vor einem Scherbenhaufen: Niemand will mehr seine Romane lesen, und seine Frau hat ihn gegen einen Fitnesstrainer eingetauscht. In einer kleinen Wohnung unweit von Salzburg verkriecht er sich vor der Welt.
Wengers achtzehnjährige Tochter Zoey plant ihre Zukunft nach ganz eigenen Vorstellungen. Schnell merkt sie, dass sie dabei an ihre Grenzen stößt – und das Erwachsenwerden mit Schmerz verbunden ist.
Dann bekommt Wenger diese Briefe. Obwohl sie an seinen Vormieter adressiert sind, öffnet er sie, und es trifft ihn wie ein Schlag: Sie sind brutal und zart, erschütternd und inspirierend. Wer ist die geheimnisvolle Fremde, die von flüchtigem Glück, Verletzungen und enttäuschter Hoffnung erzählt? Was Wenger nicht weiß: Auch Zoey liest heimlich in den Briefen. Sie hat etwas erlebt, das sich in diesen wütenden Worten spiegelt. Beide, Vater und Tochter, werden an einen Scheideweg geführt, an dem etwas Altes endet und etwas Neues beginnt.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Mareike Fallwickl hat mich mit ihren anderen Büchern schon beeindrucken können, daher waren meine Erwartungen hoch – und wurden auch bei diesem Buch  nicht enttäuscht.

Max Wenger ist ein mittlerweile erfolgloser Schriftsteller, der - frisch von seiner Ehefrau getrennt - in Selbstmitleid versinkt. Seine fast erwachsenen Kinder kommen ihn nur ungerne besuchen. Briefe einer ihm unbekannten Frau, die eigentlich an seinen Vormieter gerichtet sind und in der sie sehr intime und verletzende Details preisgibt, inspirieren ihn zu einem neuen Buch – und mit dem trifft er den Nerv der Zeit. Dass auch seine Tochter Zoey die Briefe gelesen hat, weiß er nicht, auch nicht dass sie ähnliches mitgemacht hat…   

Die Geschichte ist abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven erzählt – einmal aus der Wengers, dann aus Sicht seiner Tochter Zoey, und es gibt Kapitel mit den Briefen der unbekannten Frau. Zunächst laufen die Erzählstränge parallel ohne dass man genau weiß, wie sie zusammenhängen, nach und nach aber schließt sich der Kreis und man erfährt die Verbindungen der unterschiedlichen Protagonisten. Gelungen ist der Autorin vor allem, jeder Perspektive auch eine eigene Erzählstimme zu geben und somit auch einen eigenen Schreibstil. Während Zoeys Abschnitte immer mit einem Hashtag beginnen und ihre Sprache sehr modern, umgangssprachlich und jugendlich ist, sind die Kapitel von Wenger rückwärts gezählt und unterstreichen mit seiner Sprache auch seine  Persönlichkeit. Die Briefe wiederum sind in kursiver Schirftart und sehr persönlich und emotional. Was sich nach und nach entblößt, war für mich als Leserin schockierend und schwer verdaulich – und da durch die Perspektivwechsel auch ein Sog entsteht, der mich nur schlecht hat das Buch beiseitelegen lassen, hat mich die Wahrheit dann sehr kalt erwischt.

Man sollte wissen, dass es in diesem Buch um Gewalt gegen Frauen geht, um die #meetoo-Bewegung, um Erfolg ohne Rücksicht auf Verluste, das Ausschlachten von persönlichen Schicksalen und um die fehlende Wahrung von Privatsphäre in sozialen Medien. An manchen Stellen waren es mir zu viele Themen, denn alle sind wichtig und hätten mehr eigenen Platz verdient, den sie hier leider nicht bekommen haben. 

Die Autorin kann meisterhaft Stimmungen erzeugen – und man merkt ihr die in ihr herrschende Wut in fast jeder Zeile an. Obwohl Zoey in vielen Punkten ein typischer Teenager ist und eben auch wie einer denkt und fühlt und handelt, habe ich mich gut in sie hineinversetzen können und ihre Verzweiflung und ihr Unverständnis gut fühlen können. Oft hätte ich sie gerne in den Arm genommen, weil ihr so schreckliches geschieht und sie damit alleine ist. Wenger dagegen ist äußerst unsympathisch – in besseren Zeiten ein Macho und Lebemann, dann nur ein sich selbst bemitleidendes Würstchen, das sich von seiner Schwester aushalten lässt. 

Ich habe das Buch sehr schnell gelesen, eben weil ich so gefesselt war und durch die unterschiedlichen Perspektiven dieser interessante Sog entstanden ist. Ich liebe diesen immer die richtige Stimmung treffenden Schreibstil und hätte gerne die volle Punktzahl gegeben – da es mir aber zu viele Themen waren, von denen einige nur angerissen wurden, gebe ich 4 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Keine leichte Kost – soviel vorab. Dafür aber eine aktuelle, die ich unbedingt empfehle. Drei unterschiedliche Perspektiven lassen einen ganz eigenen Sog entstehen, so dass ich durch die Seiten geflogen bin – ich gebe 4 von 5 Sternen, weil es mir zu viele Themen waren, die angerissen wurden, und von denen einige dann leider etwas stiefmütterlich behandelt wurden. Dennoch eine empfehlenswerte Lektüre.


7 Kommentare:

  1. Hi Sabine!

    Vielen Dank für die Eindrücke! Ich hab ja bisher leider nur "Dunkelgrün fast schwarz" gelesen von ihr, aber da fand ich den Schreibstil schon so toll!
    Mit "schwerer Kost" tu ich mich zurzeit sehr schwer, deshalb wird dieses Buch, wie auch einige andere, erstmal warten müssen. Aber es hört sich auf jeden Fall nach einer sehr intensiven Geschichte an!

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Sprachlich ist das Buch großartig, weil es drei Erzählstimmen gibt, die auch sprachlich ganz unterschiedlich sind - inhaltlich sollte man wissen, dass es um Gewalt gegen Frauen geht. Da solltest du wirklich auf deinen Bauch hören, wann es für dich passt.

      LG Sabine

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    2. So blöd sich das jetzt vielleicht anhört, aber das Thema an sich, darüber kann ich schon lesen ... nur was mit Kindern zu tun hat, da bin ich etwas empfindlich

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    3. Ich glaube, ich weiß, was du meinst - und blöd hört das nicht an. ;-) Sonst hätten ja Horror-Autoren oder sogar schon Thriller-Autoren keine Erfolge...

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    4. Ja, das ist sehr unterschiedlich wie viel man da lesen kann bzw. verträgt. Es ist echt sehr unterschiedlich und kommt auch sehr darauf an, wie es in den Geschichten rübergebracht wird.
      Ich lese ja grade Der Gott der Klinge und da geht es sehr brutal zur Sache. Da merke ich mal wieder, dass ich diese Art von Horror mit so krass grausamen Szenen einfach nicht mehr lesen mag. Das finde ich mittlerweile einfach nur noch verstörend.
      Aber das gehört dann wirklich in die Sparte Horror. Wobei es hier natürlich auch wieder die verschiedensten Sachen gibt und ich hier auch einiges gut lesen kann. Ist halt oft schwierig zu wissen bevor man ein Buch liest, wie weit es darin geht und auf welche Art.

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    5. Ja - wenn man das vorher schon wüsste ... Wenn es mir zu heftig wird, dann überlese ich auch schon mal eine Stelle. *lach* - ein historisches Hörbuch habe ich mal abgebrochen, weil es in einer Folterkammer spielte und alles sehr genau beschrieben wurde - und mit Schreien unterlegt war - das konnte ich auch nicht aushalten.

      Für mich war zum Beispiel auch "Misery" schon an der Grenze dessen, was ich ertragen kann ...

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    6. Ist schon sehr interessant finde ich, wie unterschiedlich das jeder so wahrnimmt... Misery, klar, da gabs Momente, die fand ich krass, haben mich aber nicht so innerlich berührt, dass ich gedacht hätte ich könnte nicht weiterlesen oder so. Oder auch Foltersachen grade in Mittelalterromanen, die finde ich überhaupt nicht schlimm, weil ich da einfach keinen Bezug dazu habe. Das ist so weit weg, weißt du was ich meine?
      Ich weiß natürlich nicht wie das als Hörbuch rüberkommt mit düsterer Musik und Schreien...

      Es kann einfach sehr unterschiedlich sein, auch wie die Atmosphäre an sich ist in dem Buch, wie es beschrieben wird etc. das hängt (zumindest bei mir) an vielen Details.

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