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Eowyn Ivey - "Das Leuchten am Rand der Welt"

[Rezension] Margaret Atwood – "Die Räuberbraut"

Margaret Atwood – Die Räuberbraut
Gegenwartsliteratur
 

Originaltitel: „The Robber Bride“ (1993)
Übersetzerin: Brigitte Walitzek
ISBN-13: 978-3-596-13168-6
Seiten: 584 Seiten
Erschienen: 1.6.1996
Gesamtherstellung: Clausen & Bosse, Leck

   
Klappentext
„Zenia ist reine, wahllose Bösartigkeit, sie will Zerstörung, sie will verbrannte Erde, sie will zerbrochenes Gras. Sie ist intelligent, schön und gierig, mal manipulierend, mal verletzlich, rücksichtslos in ihren Ansprüchen – und faszinierend in ihrer Intensität. Neben dieser Räuberbraut stehen Roz, Charis und Tony, die das Unglück zusammengebracht hat. Das Unglück heißt Zenia“

Meine Meinung
Margaret Atwood hat mir wieder gezeigt, wie überzeugend sie schreiben kann, insbesondere auch, da sie ganz unterschiedliche Genres beherrscht. Dieser Roman ist ein zeitgenössischer, der eher eine Charakterstudie darstellt als dass er sich durch überbordende Handlung auszeichnet – ich mochte ihn.
Im Mittelpunkt stehen vier Frauen, die alle sehr unterschiedlich sind und die eigentlich nur durch eine Frau zusammengefunden haben – Zenia. Zenia ist zu unterschiedlichen Zeiten jeweils mit Tony, Charis und Roz befreundet, sehr eng und ohne, dass irgendein anderer dazwischen gepasst hätte – bis zu einem einschneidenden Punkt, der die Beziehung dann unterbricht. Und Zenia ist auch das verbindende Element in der Freundschaft von Tony, Charis und Roz. Und dachte jeder, dass sich die Probleme, die durch Zenia aufgekommen sind, mit ihrem Verschwinden gelöst haben, ist die Zerstörung mit dem erneuten Auftauchen von Zenia, umso größer.

Es ist kein handlungsbetonter Roman, auch wenn natürlich einiges passiert. Vielmehr liegt der Schwerpunkt auf der Charakterentwicklung – und das ist der Autorin sehr gut gelungen. In diesem langsam erzählten Roman lernt man die einzelnen Frauen näher kennen – und zwar von Kindheit an. Und bei allen dreien erklärt sich, warum sie geworden sind, wie sie nun mal sind. Tony ist eine eher „verkopfte“ Frau, die sich in ihren historischen Studien verliert und Dinge analytisch angeht. Ganz anders ist Charis, die nicht nur in einem spirituellen Laden arbeitet, sondern auch ein spirituell ausgerichtetes Leben führt. Roz dagegen ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die aber kein rechtes Mittelmaß findet zwischen ihrem Job und ihrer Familie.  

Von Zenias Vergangenheit erfährt man am wenigsten – irgendwie ist sie immer auf einmal da und hat ein Händchen dafür, Personen zu manipulieren und sie bei ihren Sorgen, Nöten und Ängsten zu packen – natürlich aber nur zum eigenen Vorteil, und da geht sie tatsächlich auch über Leichen. 

Mit keiner der vier Frauen konnte ich mich irgendwie identifizieren und doch habe ich mit ihnen gefühlt und vor allem auch gelitten. Was Zenia veranstaltet, ist beängstigend, und diese subtile Spannung hat die Autorin wunderbar eingefangen. Ihr Schreibstil ist dicht, atmosphärisch und sehr eindringlich – nicht schwer zu lesen, aber voller passender Bilder und Szenen, ohne dass es jetzt poetisch oder blumig ist. Gerade diese Eindringlichkeit macht eine untergründige Spannung, der ich mich schlecht entziehen konnte, und obwohl der Roman nicht auf „Action” ausgelegt ist, war ich gerade im letzten Drittel sehr gefesselt. 

Da die Geschichte aber doch ein wenig Zeit braucht, um in Gang zu kommen, und man erst in der zweiten Hälfte Hinweise bekommt, was an Zenia so toxisch ist, gebe ich 4 von 5 Sternen. 

Mein Fazit
Ein intensiver und eindringlicher Roman, der eher eine sehr gelungene Charakterstudie als ein handlungsorientierter Roman ist – ich gebe diesen Einblicken in durchaus düsteren Seelen 4 von 5 Sternen.


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