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[Rezension] Lisa O’Donnell - "Bienensterben"

Lisa O’Donnell - Bienensterben
Gegenwartsliteratur
 

Originaltitel: „The Death of Bees“ (2.1.2013)
Übersetzerin: Stefanie Jakobs
ISBN-13: 978-3-832-16292-4
Seiten: 320 Seiten
Erschienen: 5.11.2014
Umschlaggestaltung: Lübbeke Naumann Thoben, Köln
Umschlagabbildung: © darren whittingham, © Ziablick, © yuliagursoy, © dvarg, alle fotolia.com

   
Zum Inhalt
„Heiligabend in Glasgow: Die fünfzehnjährige Marnie und ihre kleine Schwester Nelly haben gerade ihre toten Eltern im Garten vergraben. Niemand sonst weiß, dass sie da liegen und wie sie dahin gekommen sind. Und die Geschwister werden es niemandem sagen. Irgendwie müssen sie jetzt allein über die Runden kommen, doch allzu viel Geld verdient Marnie als Gelegenheits-Dealerin nicht. So ist es ihnen ganz recht, als ihr alter Nachbar Lennie, stadtbekannter (vermeintlicher) Perversling, sich plötzlich für sie interessiert. Lennie merkt bald, dass die Mädchen seine Hilfe brauchen. Er nimmt sich ihrer an und gibt ihnen so etwas wie ein Zuhause. Als die Leute jedoch beginnen, Fragen zu stellen, zeigen sich erste Risse in Marnies und Nellys Lügengebäude, und es kommen erschütternde Details aus ihrem Familienleben zum Vorschein, was ihre Lage nur noch komplizierter macht.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Das bunte Cover hat mich neugierig gemacht – und zum Glück habe ich dann auch zum Buch gegriffen, denn es ist zwar eine bedrückende, aber auch emotionale und ergreifende Geschichte.

Im Mittelpunkt stehen die beiden Schwestern Marnie und Nelly, die nach dem Tod der Eltern alleine zurückbleiben. Da sie nicht ins Heim wollen, vertuschen sie den Tod der Eltern – und sagen, dass die Eltern verreist seien. Beide sind ganz verschieden und gehen auch ganz anders mit dem Verlust um – während die 15-jährige Marnie eher kühl und abgebrüht wirkt und alles tut, den Tod der Eltern zu vertuschen, sehnt sich die 12-jährige Nelly nach Geborgenheit und Fürsorge. Sie ist eine begnadete Violinistin, der Umgang mit Menschen fällt ihr dagegen schwer. Unterstützung erhalten die beiden von ihrem Nachbarn Lennie, der als Homosexueller in der Nachbarschaft verpönt und nach dem Tod seines Lebensgefährten einsam ist. 

Die Geschichte wird immer abwechselt von den drei Hauptfiguren erzählt, aus ihrer Sicht in Ich-Form schildern sie ihre Gedanken und Gefühle, aber auch, was tatsächlich geschieht. Da jedem Kapitel voransteht, wer gerade erzählt, kommt man da auch nicht durcheinander. Gelungen ist zudem, dass die Autorin jeder Figur einen eigenen Sprachstil gegeben hat und man schon nach wenigen Sätzen spürt, wer gerade spricht.

Es ist eine bedrückende Geschichte mit vielen ernsten Themen. Neben der schon angesprochenen Homosexualität, geht es auch um Drogenkonsum, Vernachlässigung, Gewalt, Vorurteile und ganz allgemein um gesellschaftliche Missstände. Also in keinem Fall eine leichte Sommerlektüre, die das Cover vielleicht denken lässt.

Ich kann nicht sagen, dass mir die beiden Teenager sympathisch waren, definitiv aber sind sie geprägt durch ihr Elternhaus und Umfeld und konnten gar nicht anders, als so zu werden, wie sie nun mal sind. Eine gehörige Verantwortung haben sie sich aufgeladen, der sie dann aber letztlich nicht gewachsen sind. Während Marnie noch erwachsener wirkt, dann aber doch eher der revolutionäre Teenager ist, erregt Nelly mit ihren autistisch anmutenden Zügen eher Mitleid; zum Glück gibt es dann noch Lenny, der es entgegen meines initialen Gefühls dann doch gut mit den Mädchen meint und sie unterstützt und ihnen hilft.

Die Geschichte ist spannend, weil das Verschwinden der Eltern natürlich auch bei Nachbarn, Bekannten und öffentlichen Stellen Fragen aufwirft und die beiden Geschwister zunehmend in Erklärungsnot kommen, wo die Eltern sind. Bedrückend ist diese ganze verfahrene Situation, die mich hat schaudern lassen wegen der auf verschiedenen Ebenen herrschenden Missstände, schön wiederum ist dann aber auch, dass es Menschen gibt, die ein großes Herz haben, unterstützen, wo sie können, obwohl sie stets kritisch beobachtet werden. 

Der Schreibstil ist den Figuren angepasst – so spricht Marnie sehr umgangssprachlich und auch schon mal mit unflätigen Worten, Nelly dagegen hat eine sehr hochtrabende, altkluge und überhaupt nicht zum Alter passende Ausdrucksweise, die für mich diese autistischen Züge gut eingefangen hat. Beide Stile sind aber gut lesbar und schaffen ein sehr authentisches Gefühl – sowohl für die Figuren selber als auch für diese ganze verfahrende und skurrile Situation.

Nicht gefallen hat mir das Ende; zum einen, weil es mir zu offen und zum anderen zu unglaubwürdig geraten ist. Als Leser kann man da seinen eigenen Gedanken freien Lauf lassen und sich die Richtung des Endes selber überlegen. 

Insgesamt aber war es dennoch eine lohnende und interessante Lektüre – ich gebe 4 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Bei dem bunten Cover sollte man keine leichte Sommerlektüre erwarten, vielmehr ist es ein gesellschaftskritischer Roman, der viele schwierige Themen aufgreift. Es ist ein lohnendes Buch mit interessanten Charakteren, nur das Ende war nicht nach meinem Geschmack, Ich gebe 4 von 5 Sternen.

6 Kommentare:

  1. Hi Sabine!

    Mich hat das bunte Cover ja total abgeschreckt :D Ich hab die andere Version in schwarz-weiß, die mir persönlich besser gefällt.
    Freut mich, dass es dir insgesamt so gut gefallen hat, auch wenn der Schluss nicht so ganz deins war. Ich weiß noch, dass er offen war, aber das hatte mich hier tatsächlich gar nicht so gestört. Die Entwicklungen der beiden Schwestern zu verfolgen fand ich jedenfalls sehr spannend und auch der Stil der Autorin war sehr unterhaltsam zu lesen. Sehr ehrlich und direkt und dadurch teils schockierend, aber eben auch zu Herzen gehend.

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Hi Aleshanee,

      ja - es war ein gutes Buch, auch wenn für ein Highlight dann doch etwas gefehlt hat. Der Schreibstil war einfach passend, das ist der Autorin sehr gut gelungen.

      Dass Ende scheint jeder anders zu empfinden - ich fand es "doof"; aber dennoch bleibt das Buch ein empfehlenswertes!

      LG Sabine

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    2. Hauptsache, es hat dir insgesamt gefallen ... klar ist es doof, wenn der Schluss dann nicht so ist, dass man zufrieden ist. Aber während dem Lesen war es ja sicher durchweg spannend :)

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  2. Hallo Sabine,

    ich war damals sehr überrascht, dass es eine so intensive Geschichte ist. Ich hatte eine leichte Lektüre für zwischendurch erwartet und dann hat es mich umgehauen.

    Das Ende hat mich auch nicht gestört. Aber ich mag offene Enden recht gern. Ich brauche diesen absoluten Schlusspunkt nicht unbedingt.

    Jedenfalls freut es mich, dass du es mochtest. Spannend war es auf jeden Fall.

    Liebe Grüße
    Nicole

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    1. so ging es mir auch - ich dachte, es wäre ein lockerer Wohlfühlroman. Dann hatte ich die Rezi bei Aleshanee gesehen - und dachte, guck, das ist was für mich. UNd mir hat es wirklich gut gefallen.

      LG Sabine

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