[Rezension] Anja Baumheier – "Die Erfindung der Sprache"

Anja Baumheier – Die Erfindung der Sprache
2 Zeitebenen

Umschlaggestaltung: any.way, Barbara Hanke und Cordula Schmidt
Umschlagabbildung: Shutterstock; MattGrove/iStock
ISBN-13: 978-3-463-00023-7
Seiten: 492 Seiten
Erschienen: 16. Februar 2021

Zum Inhalt
„"Mit dem Jungen läuft etwas nicht so, wie es soll." Das sagt man, als Adam erst mit zwei Jahren zu sprechen beginnt. Menschliche Beziehungen sind für ihn ein Mysterium, stattdessen schwärmt er für die Zahl Sieben. Beim Heranwachsen auf der ostfriesischen Heimatinsel wird er liebevoll von seiner Familie umsorgt, allen voran von seiner tschechischen Großmutter Leska und seinem Vater Hubert. Dieser richtet seinem Sohn im alten Leuchtturm einen Weltrückzugsort ein, der nur ihm gehört. 
Doch dann bricht die Katastrophe über den bilderbuchschönen Himmel von Platteoog herein: Kurz nach Adams 13. Geburtstag verschwindet sein Vater spurlos, seine Mutter verstummt unter der Last ihrer Trauer. 
Eines Tages und viele Jahre später, Adam ist Dozent für Sprachwissenschaften an einer Berliner Universität, fällt ihm ein Buch in die Hände: „Die Erfindung der Sprache“. Es enthält Hinweise auf seinen Vater - offenbar ist er auch aus dem Leben einer anderen Familie wortlos verschwunden. Adam begibt sich auf die Suche. Seine abenteuerliche Reise führt ihn quer durch Deutschland, nach Prag, in die Bretagne und bis ans Ende der Welt…“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Als ich das Buch in einer Verlagsvorschau entdeckt habe, war ich sofort Feuer und Flamme – und nach kurzen anfänglichen Schwierigkeiten war ich völlig gefangen in einer ganz eigenen Welt, die ein bisschen skurril, vor allem aber sehr warmherzig und liebenswert ist.

Es gibt zwei Handlungsstränge, die zu verschiedenen Zeiten spielen, die aber nach und nach aufeinander zulaufen. Der weiter zurückliegende Strang spielt vor allem in Ostfriesland, auf der Insel Platteoog – dort lernen sich Oda und Hubert kennen und lieben. Ihr Sohn Adam ist ihr Allergrößtes, dass er erst spät das Sprechen lernt und mit menschlichen Beziehungen so seine Probleme hat, ist für sie nicht wichtig. Sie sind eine glückliche Familie, bis auf einmal Hubert verschwindet. In dem Handlungsstrang der Gegenwart macht sich er erwachsene Adam auf die Suche nach seinem Vater – seine Liebe zur Sprache ist ihm geblieben, menschliche Nähe ist im weiterhin ein Graus. Sicherheit geben ihm die Zahl sieben und Stimmen in seinem Kopf – auf der Suche nach seinem Vater wächst Adam dann über sich hinaus. 

Am Anfang hatte ich etwas Probleme in die Geschichte reinzukommen, was vor allem an der illustren Sammlung von Figuren lag, die hier in den ersten Seiten vorgestellt werden und die ich erst nicht richtig einander zuordnen konnte. Neben Adam, Oda und Hubert gibt es noch einige Bewohner der Insel Platteoog, die zwar eigen und auch ein wenig schrullig sind, dafür aber auch sehr herzlich und vor allem liebenswert. Es gibt da keinen ohne Macke, bei manchem ist sie offensichtlich, bei manchem eher versteckt. Was mir anfangs sehr fremd war, hat sich mehr und mehr in mein Herz geschlichen und es hat gar nicht lange gedauert, dass sich meine anfängliche Verwunderung und Skepsis in Neugier und Wohlgefühl gewandelt haben. 

Normalerweise liegen mir Handlungsstränge der Vergangenheit lieber – diesmal war es anders. Ich habe mich immer wieder gefreut, wenn Adam in der Gegenwart Spuren nach seinem Vater verfolgt – und da hat die Autorin einiges an Wendungen auf Lager, mit denen ich nicht gerechnet habe und die wirklich ganz unverhofft gekommen sind. Toll fand ich vor allem die Entwicklung Adams, der mal urkomisch, mal mitleiderregend daherkommt, dann über sich hinauswächst und mich mit seiner Zerstreutheit, Hilflosigkeit und Wärme sehr berührt hat. Der zurückliegende Strang erzählt eher die Geschichte von Adams Eltern und Großeltern – bis irgendwann auch dieser Erzählstrang in der Gegenwart ankommt. Am Ende schließt sich der Kreis, die beiden Handlungsstränge werden eins und Fragen, die sich im Laufe des Buches ergeben haben, werden beantwortet -  ich hatte ein wohliges Gefühl im Bauch, als ich den Buchdeckel zugeschlagen habe und fand den Schluss sehr versöhnlich und einfach toll.

Anja Baumheier hat einen tollen Schreibstil, der nicht nur lebendig ist, sondern auch zum schmunzeln einlädt – dabei lacht man aber nicht über die Menschen, sondern eher mit ihnen, keiner wird lächerlich gemacht, sondern sie sind mir mit allen ihren Ecken und Kanten richtig fest ans Herz gewachsen. Ich mochte zudem die Atmosphäre in der Geschichte, weil sie nie hoffnungslos war, sondern immer warm und voller Zuversicht. Für mich ein richtiges Wohlfühlbuch, das mich sehr gut unterhalten und in eine ganz andere Welt entführt hat. Ich gebe 4,5 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Eine schöne Geschichte, die Mut macht und voller Hoffnung steckt, ungewöhnliche Charaktere, die ans Herz wachsen und ein warmherziger, lebendiger Schreibstil, der immer wieder auch zum schmunzeln einlädt – ein Wohlfühlbuch, das ich sehr gerne gelesen habe. Ich gebe 4,5 von 5 Sternen.

WERBUNG: Vielen Dank an den Kindler Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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