[Rezension] Jarka Kubsova - "Marschlande"

Jarka Kubsova - "Marschlande"
Zwei Zeitebenen
 

ISBN-13: 978-3-7324-0993-8
Dauer: 675 Minuten
Erschienen: 30.8.2023
Sprecher: Julia Nachtmann, Nina Petri
Covermotiv: Wyeth, Andrew, Frostbitten © Wyeth Foundation for American Art / VG Bild-Kunst, Bonn 2023

   
Zum Inhalt
„Im Hamburger Marschland lebt ums Jahr 1580 Abelke Bleken. Sie führt allein einen Hof, trotzt Jahreszeiten und Gezeiten. Und sie versucht, sich gegen ihre Nachbarn zu behaupten, in einer Zeit, die für unabhängige Frauen lebensgefährlich ist. Fast fünfhundert Jahre später zieht Britta Stoever mit ihrem Mann und ihren Kindern in die Marschlandschaft. Ihre Arbeit als Geografin hat sie für die Familie aufgegeben, das neue Zuhause ist ihr noch fremd. Sie unternimmt lange Spaziergänge durch die karge Landschaft, beobachtet die Natur und lernt, in Bracks und Deichlinien die Spuren der Vergangenheit zu lesen. Dabei stößt Britta auf das Leben der Abelke, auf Ausgrenzungen und Ungerechtigkeiten, die beängstigend aktuell sind. Fasziniert taucht sie tiefer und tiefer ein – und merkt, wie viel sie im Leben der anderen Frau über sich selbst erfährt.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich hatte viel Gutes von diesem Buch gehört, und da ich Geschichten mag, in denen es mehrere Erzähl- und Zeitstränge gibt, habe ich zu diesem Hörbuch gegriffen. 

Britta in der Gegenwart ist mit ihrer Familie in einen Vorort von Hamburg gezogen – alleingelassen von ihrem Mann bei der Kinderbetreuung und Versorgung des Haushalts empfindet sie ihr Leben bald als Alptraum. Eher zufällig wird sie durch ein Straßenschild aufmerksam auf Abelke Bleken  - eine Frau, die vor etwa 500 Jahren in den Marschlanden gelebt hat – und Britta beginnt zu recherchieren. 

Der zweite Erzählstrang spielt dann im 16. Jahrhundert. Albeke ist eine Bäuerin, im Gegensatz zu anderen jedoch führt sie den Hof der Eltern alleine weiter, ist nicht verheiratet und so auch ohne den Schutz und Unterstützung eines Ehemannes. Sie muss in ihrem Leben viel kämpfen, hat aber ein gutes Gespür für Menschen und Stimmungen und weiß, sich durchzuschlagen – bis die Allerheiligenflut von 1570 ihr fast alles nimmt. 

Den Handlungsstrang der Vergangenheit mochte ich sehr gerne – er beruht auf einer wahren Geschichte und hat mich eintauchen lassen in die vergangene Zeit. Ich lese häufig historische Romane, und doch hat dieser mir wieder einiges Neues gezeigt. Das Leben im Marschland, der harte Kampf ums Überleben, insbesondere bei ständiger Bedrohung durch Sturmfluten und Unwetter. Dabei ist Albeke eine spannende Figur – nicht unbedingt sympathisch schlägt sie sich aber unbeirrt durch, trifft gute Entscheidungen zum Leidwesen der anderen Dorfbewohner, hat ihren dicken Kopf, den sie auch durchzusetzen weiß, auch wenn sie sich damit nicht immer Freunde macht – für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich; und das muss sie dann auch schmerzlich erleben. Wie die Dorfbewohner mit ihr umgehen, was es für Rechte und Pflichten gibt nach einer Sturmflut und wie dann der Mob auf Einzelne losgeht – das war interessant und spannend zu lesen. 

In der Gegenwart hat mich Britta als Protagonistin leider gar nicht fesseln können – sie ist eine unzufriedene Frau, die sich ihren Problemen erst spät stellt und die mir mit ihrem Gejammer ein wenig auf die Nerven gegangen ist. Außerdem hat die Autorin hier das eine oder andere Klischee zu viel genutzt, so dass ich doch oft die Augen rollen musste. Zwar ist die Idee, eine Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart zu schaffen, eine schöne, für mich aber hätte es den Erzählstrang um Britta nicht gebraucht. 

Der Schreibstil ist angenehm, ist auch so gewählt, dass er innerhalb der verschiedenen Zeitebenen passend ist. Trotzdem bleibt er auch im historischen Part leicht lesbar bzw. hörbar. Sehr gut gefallen hat mir zudem, dass es für die verschiedenen Erzählstränge auch verschiedene Sprecherinnen gibt – Julia Nachtmann und Nina Petri. Beide haben das wunderbar gemacht, die Atmosphären jeweils sehr gut eingefangen. Und da beide sehr unterschiedliche Stimmfarben haben, wusste ich alleine anhand der Stimme, in welchen Handlungsstrang ich gerade bin. 

Insgesamt hat mich das Hörbuch gut unterhalten, auch wenn ich auf den Zeitstrang der Gegenwart hätte verzichten können. Nicht nur für Norddeutsche empfehle ich das Hörbuch gerne weiter. 

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