[Rezension] Helen M. Sand - "Im See der Himmel"

Helen M. Sand - "Im See der Himmel"
Zwei Zeitebenen
 

Verlag: Bonifatius-Verlag    
ISBN-13: 978-3-987-90035-8
Seiten: 415 Seiten
Erschienen: 31.1.2024
Ersterscheinung: 2021
Umschlaggestaltung: Weiss Werkstatt München
Umschlagabbildung: © unter Vrwendung von shutterstock | LightField Studios und shutterstock | Mario Krpan (Landschaft) und FREEPIK | @lantaklaju (Himmel)
 

   
Buchrückentext
„Maria kehrt aus Greenville, South Carolina, an den Ort ihrer Kindheit zurück: Mühlbach, ein Dorf in Süddeutschland. Hier wuchs sie, streng erzogen, an der Seite ihrer neun Geschwister auf. Nur wie findet man zurück zu einer Familie, der man nie Auf Wiedersehen gesagt hat? Mit Fotos, Briefen und Tagebüchern aus einer alten Kiste werden Marias Erinnerungen an  die Jahre 1944 und 1945 wieder lebendig. Eine Zeit, in der sie das Schöne und Ungestüme ihrer Jugend entdeckte, während die Schatten des Krieges bedrohlich über allem hingen- Auch über ihre Liebe zu einem jungen Frontsoldaten. Vieles geschah so anders als erhofft du zerriss nicht nur ihre Familie, sondern das gesamte Dorf. Wird es Maria gelingen, nach so langer Zeit ihren Frieden zu finden?“

Meine Meinung
Die Autorin hatte mich angesprochen, ob ich ihren neu aufgelegten Roman lesen und rezensieren möchte, und da ich historische Romane liebe und dieser auch eine Epoche behandelt, die ich gerne lese, habe ich zugesagt – es hat ein bisschen gebraucht, bis ich reingekommen bin in die Geschichte, dann aber hat sie mich gepackt, und ich habe mit der Hauptfigur Maria gefiebert und gelitten. 

Viele Jahre hat die nun 76-jährige Maria in den USA gelebt, jetzt kehrt sie in ihr Heimatdorf Mühlbach in Süddeutschland zurück, um sich der Vergangenheit zu stellen, mit ihr abzuschließen und endlich ihren Frieden zu finden. Ihre Jugend war geprägt von den Schrecken des Krieges und persönlichen Verlusten, und trotz vieler glücklicher Jahre in South Carolina an der Seite ihres Ehemanns Jack lassen sie ihre Erinnerungen nicht los – kann sie endlich loslassen und ihrer Familie vergeben?

Erzählt wird die Geschichte auf verschiedenen Zeitebenen – die Gegenwart spielt in den Jahren 2002/2003, in denen Maria in Mühlbach ankommt, in Rückblicken versetzt die Autorin die Leser in die Jahre 1944-1949, die geprägt sind von den Schrecken des Krieges. Hier sind es mal Erinnerungen, mal Briefe oder Gedichte, immer aber kann die Autorin die Atmosphäre der damaligen Zeit sehr gut einfangen. Anfangs war es für mich etwas verwirrend, in den Zeiten hin und her zu springen, und ich gestehe, dass ich den Handlungsstrang der Vergangenheit auch viel lieber mochte, rückblickend macht der Aufbau mit den verschiedenen Zeitebenen aber Sinn, auch wenn ich die Handlung in der Gegenwart nicht so überzeugend fand.

Das Buch lebt durch die Atmosphäre und die Charaktere, die sind sehr realistisch und authentisch dargestellt, sehr lebendig, so dass ich das Gefühl hatte, sie tatsächlich zu kennen und zu erleben. Großvater Gustav ist der unantastbare Patriarch, dem alle gehorchen, und der maßgeblich das Leben Marias geprägt hat; Marias Mutter hat sich seinem Willen immer gebeugt, auch Marias Geschwister folgen zumeist seinen Anordnungen. Doch nicht nur Gustav prägt das Leben der Familie, denn auch der Krieg fordert seinen hohen Tribut: Die Brüder werden eingezogen oder stellen sich auch freiwillig, die Schwestern versuchen, irgendwie das Gefühl von Familie, Liebe und Geborgenheit in Zeiten, in denen alles knapp ist, zu erhalten. 

Maria ist ein Kind ihrer Zeit, doch ihr wird schwer mitgespielt, so dass sie all ihren Mut aufbringen muss, um ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.  Sie ist eine beeindruckende Protagonistin, die nahbar und authentisch ist mit all ihrem Schmerz und all der Ungerechtigkeit, die ihr widerfährt, die aber auch viel Mut besitzt, sich ihrer Vergangenheit zu stellen und die Menschen, die sie so verletzt haben, wiederzutreffen und zu verzeihen. 

Das Buch ist nichts für schwache Nerven – die Schrecken des Krieges werden greifbar, die brutale Realität ungeschönt dargestellt. Gerade die Briefe, die die Soldaten von der Front schrieben, haben mich sehr berührt. Sie waren so wichtig, sowohl für den Schreiber, aber auch für den Empfänger – sie strahlen gleichermaßen Schmerz, Liebe und Sehnsucht aus, genauso wie Hoffnung, Hoffnung auf Friede und ein Wiedersehen. 

Die Familie ist eine stark gläubige – Religion prägt das Leben, nicht nur durch Gebet und Kirchgang, sondern auch durch das Vertrauen in Gott, dass alles schon wieder gut werden wird. Aus heutiger Sicht wirkt dieser Glaube etwas befremdlich, sicher aber hat er vielen Menschen Kraft gespendet, ohne die sie die Zeit vielleicht nicht überstanden hätten. 

Der Schreibstil ist besonders – die Erinnerungen, Briefe und Gedichte aus den 1940er Jahren fand ich sehr authentisch, hier hat die Autorin den Ton und die Stimmung sehr gut getroffen, in der Gegenwart war mir der Stil manchmal zu geschwollen und manche Bilder und Metaphern auch zu blumig. Insgesamt ist die Atmosphäre melancholisch, auch der Erzählstrang der Gegenwart vermittelte mir immer ein trauriges und bedrücktes Gefühl, und gerade das letzte Viertel ist sehr emotional und hat mich auch sehr mitgenommen. 

Ein sehr besonderes Buch, dass die Zeit der 1940er Jahre aufleben lässt und eine Familiengeschichte erzählt, die ich mir genau so auch vorstellen kann. Wer sich für die Zeit interessiert, dem empfehle ich das Buch gerne weiter. 

Mein Fazit
Wer sich für die Zeit der 1940er Jahre und authentische Einzelschicksale in dieser Zeit interessiert, der bekommt mit diesem Buch eine zwar bedrückende, aber authentische Familiengeschichte – mittels Erinnerungen, Briefen und Gedichten bringt uns die Autorin die Zeit näher und fesselt durch ein tragisches Frauenschicksal. 

WERBUNG: Vielen Dank an die Autorin Helen M. Sand für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

1 Kommentar:

  1. Hallo,

    danke fürs Vorstellen, das Buch klingt ja nach einem inhaltlich sehr ausführlichen zeitbeschreibendem Roman. Ich mag Familiengeschichten, die in dieser Zeit spielen und werde mir den Titel mal notieren.

    Liebe Grüße
    Barbara

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