[Rezension] John Steinbeck - "Jenseits von Eden"

John Steinbeck - Jenseits von Eden
Klassiker
 

 Originaltitel: „East of Eden“ (1952)
 Übersetzer: Harry Kahn
 Verlag: dtv
 ISBN-13: 978-3-423-10810-2
 Seiten: 736 Seiten
 Erschienen: 1.11.1987
 
   
Buchrückentext
„Von der Mitte des letzten Jahrhunderts bis zum Ende des Ersten Weltkriegs reicht die Zeitspanne, die diese große amerikanische Familiensaga umfaßt. Sie erzählt die Geschichte der Trasks und der Hamiltons: die Geschichte von Charles und Adam, den ungleichen Brüdern, die um die Liebe ihres Vaters buhlen und den Reizen derselben Frau erliegen. Von eben jener Cathy die ihren Mann und die neugeborenen Zwillinge verläßt, um sich ihren Lebensunterhalt in einem Bordell zu verdienen. Und von Aron und Caleb, ihren beiden Söhnen, deren spannungsgeladenes Verhältnis in einer modernen Version des biblischen Kainsmythos gipfelt.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Bekannt ist vermutlich vor allem der gleichnamige Film, der aber nur einen Bruchteil dieses monumentalen Romans filmisch umsetzt. Es ist die Geschichte zweier Familien in Kalifornien über mehrere Generationen hinweg – als Leser begleitet man die Hamiltons und Trasks zwischen den Jahren 1862 und 1918. Es sind viele Themen, die in dem Roman behandelt werden – es geht um Gut und Böse, um Schicksal und Schuld, um Wahrheiten und Lügen. Immer wieder fällt der starke biblische Bezug zu der Geschichte von Kain und Abel auf – nicht unangenehm, aber sehr präsent. Diese Anspielung ist nicht nur in den Konflikten zwischen den Familien zu erkennen, sondern auch in den Namen der Beteiligten – denn ihre Anfangsbuchstaben  beginnen immer mit einem „C“ und einem „A“. Besonders die Trask-Familie dient als Vehikel, um diese biblischen Themen zu untersuchen, wobei der Konflikt zwischen den Charakteren oft auf symbolische Weise dargestellt wird.

Mein Eindruck von dem Buch ist gemischt. Einerseits ist die Geschichte durchaus tiefgründig und vermittelt interessante Einblicke in das Leben in Kalifornien zu jener Zeit, insbesondere in Bezug auf das ländliche Amerika und die dortigen sozialen Strukturen. Steinbecks detaillierte Beschreibungen des Salinas Valley, seiner Landschaft und der Menschen, die dort leben, bieten ein lebendiges Bild der Region. Andererseits ist dies oft auch langatmig, weil die Handlung nicht richtig vorwärtskommt. Manche Passagen ziehen sich unnötig in die Länge, was meinen Lesespaß getrübt hat. 

Die Charaktere des Romans sind gut ausgearbeitet und zeichnen sich durch eine bemerkenswerte Differenziertheit aus. Da man sie über viele Jahre hinweg begleitet, erlebt man natürlich auch ihre Entwicklung - das lässt sie so nochmal differenzierter erscheinen. Dabei wechselt der Fokus der im Mittelpunkt stehenden Menschen etwas – zunächst sind es Samuel Hamilton und Adam Trusk. Samuel ist ein weiser Mann, der ein bisschen wie ein moralischer Kompass wirkt. Adam dagegen ist eine sehr tragische Figur – als Kind von seinem Bruder Charles gegängelt, verwickelt er sich als Erwachsener immer wieder in moralische Konflikte. Er heiratet Cathy Ames, die wiederum die Ehe mit Adam nur als Flucht vor ihrem Elternhaus nutzt – sie ist manipulativ, grausam und skrupellos und wird im Laufe des Buches zu einer zentralen Figur im Konflikt zwischen Gut und Böse. Im letzten Drittel sind es dann Adams Söhne Cal und Aron, die im Mittelpunkt stehen und an denen das biblische Symbol erneut aufgegriffen wird. 

Der Aufbau des Romans ist interessant: Das Geschehen wird aus Sicht unterschiedlicher Personen berichtet, neue Kapitel beginnen dann aber mit der Sicht eines Ich-Erzählers. Er ist der Sohn einer Tochter von Samuel Hamilton, was der Geschichte eine zusätzliche Perspektive verleiht und die familiären Verhältnisse klarer macht. 

Besonders die Trask-Familie wird durch ihre Konflikte und moralischen Dilemmata geprägt, die sich im Laufe der Generationen wiederholen und die biblische Geschichte von Kain und Abel immer wieder aufgreifen. 

Probleme hatte ich mit dem Schreibstil – er wirkt in Teilen hölzern und steif, die Dialoge oft gekünzelt und starr, so dass ich sie nicht glaubhaft fand. Ob dieser Eindruck auf Steinbecks Schreibstil zurückzuführen ist oder ob es an der Übersetzung liegt, kann ich aber nicht beurteilen. 

Insgesamt eine nicht immer leicht zugängliche Geschichte, die aber interessante Themen aufgreift und sich einer markanten Symbolik bedient. 

Mein Fazit
Kein Buch, das man mal eben nebenbei liest, dafür ein monumentales Werk mit beeindruckender Tiefe und fantastisch gezeichneten Charakteren. Wäre der Schreibstil nicht manchmal so schwerfällig und langatmig gewesen, hätte ich diese über mehrere Generationen gehende Familiengeschichte mehr genießen können – denn Steinbecks Fähigkeit, komplexe Charaktere zu erschaffen und moralische Konflikte aufzuzeigen, ist beeindruckend. Trotz seiner Schwächen ist der Roman eine eindrucksvolle Auseinandersetzung mit den Themen Gut und Böse, freier Wille und Schicksal und ist so ein bedeutendes Werk der amerikanischen Literatur.

1 Kommentar:

  1. Hallo Sabine,

    eine sehr gelungene Rezension.

    Mir ist die Zeichnung der Charaktere auch gut in Erinnerung gelieben. Sie sind schön schattiert dargestellt, das Gute und Böse sind verwoben und Steinbeck erzählt sehr differenziert. Das es nicht immer einfach war, daran kann ich mich noch erinnern. Aber ich bin auch richtig an den Seiten gehangen und konnte mich nur schwer lösen. Bei mir ist es halt wirklich schon ewig her. Ich habe es im Februar 1998 gelesen. XD Es hat definitiv Eindruck hinterlassen, besonders Cathy, und hat seither einen festen Platz in meinem Regal. (Auch wenn das Regal mittlerweile ein anderes ist.)

    Liebe Grüße
    Nicole

    AntwortenLöschen

Teile mir deine Gedanken und Kommentare zu meinem Beitrag mit - ich freue mich sehr auf unseren Austausch!

DATENSCHUTZ: Mit dem Absenden deines Kommentars und dem Einverständnis der Kommentar-Folgefunktion bestätigst du, dass du meine Datenschutzerklärung sowie die Datenschutzerklärung von Google gelesen hast und akzeptierst.