[Rezension] Doris Knecht - "Ja, nein, vielleicht"

Doris Knecht - Ja, nein, vielleicht
Gegenwartsliteratur
 

 Verlag: Hanser Verlage
 ISBN-13: 978-3-446-28288-9
 Seiten: 240 Seiten
 Erschienen: 22.7.2025
 Umschlaggestaltung: Anzinger und  Rasp, München
 Umschlagabbildung: Hilary Pecis, Vasis with Flowers, 2019 © The Artist. Photo: Jeff McLaqne, courtesy Davidb Kordansky Gallery

   
Buchrückentext
„Zum ersten Mal seit vielen Jahren fühlt sie sich wieder frei: Die Kinder sind ausgezogen, in ihrem Dasein zwischen Großstadt und Landleben breitet sich Ruhe aus. Doch dann wird ihre Wohnung von ihrer Schwester besetzt, es droht ihr ein Zahn auszufallen und sie wird mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert. Während sich das eher marginale gesundheitliche Dilemma zu einer kleinen existenziellen Krise auswächst, trifft sie im Supermarkt einen Mann von früher wieder: Friedrich. Eine Begegnung, die sie vor eine Frage stellt, mit der sie sich eigentlich nicht mehr beschäftigen wollte: Ist sie bereit für eine weitere Liebesbeziehung? Oder besser gesagt: Ist sie bereit, ihr gutes Leben zu teilen, ihre innere Zufriedenheit zu riskieren, schon wieder?“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich habe mich sehr auf das neue Buch von Doris Knecht gefreut und wurde auch nicht enttäuscht. Im Mittelpunkt steht eine Frau um die Fünfzig, die nach dem Auszug der Kinder einen neuen Lebensabschnitt beginnt. Die neu gewonnene Freiheit und Ruhe werden jedoch jäh unterbrochen, als unerwartete Ereignisse eintreten: Ihre Schwester quartiert sich in ihrer Stadtwohnung ein, ein wackelnder Zahn wird zum Symbol für Vergänglichkeit und Alter und eine alte Jugendliebe macht sich in ihren Gedanken breit …

Ich fand es großartig! Vielleicht liegt es daran, dass ich selber im gleichen Alter wie die Protagonistin bin und ich sie unglaublich nahbar und authentisch empfand. Die Art und Weise, wie die Protagonistin ihre Gedanken schweifen lässt und sich mit alltäglichen Sorgen sowie tiefgreifenden existenziellen Fragen auseinandersetzt, hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Es ist eine Geschichte, die keine großen Dramen benötigt, um zu fesseln (auch wenn es im letzten Viertel dann doch eine Katastrophe gibt), sondern die ihre Stärke aus der präzisen Beobachtungsgabe und dem feinen Humor der Autorin zieht. Ich habe mich in vielen Aspekten wiedergefunden, besonders in den geschilderten Alltagsproblemen und den Überlegungen zur eigenen Autonomie.

Die Charaktere sind sehr gut gezeichnet. Die Ich-Erzählerin ist selber Autorin, so dass ich mich oft gefragt habe, inwieweit das Erzählte autobiografisch ist. Unabhängig davon ist sie sympathisch und lebensklug, begegnet Alltagsproblemen zwar irgendwie nörgelnd, aber auch mit einem Augenzwinkern und einer beneidenswerten Gelassenheit. Besonders begeistert hat mich, wie sich die Ich-Erzählerin in ihren Gedanken verliert – aus scheinbar alltäglichen Ereignissen entstehen tiefgehende Reflexionen über das eigene Leben – und gerade diese Gedankenströme konnte ich sehr gut nachvollziehen. 

Der Schreibstil von Doris Knecht ist pfiffig, ironisch und pointiert. Der Ton wechselt nahtlos zwischen lakonischem Humor und ehrlicher Verletzlichkeit, wodurch ich das Gefühl hatte, einer klugen Freundin beim Nachdenken zuzuhören. Die Sprache ist von hoher Qualität, und die Autorin schafft es, komplexe Themen wie Selbstbestimmung, Alter und Familiendynamik leicht und zugänglich zu behandeln.

Natürlich ist das Buch kein Thriller, und trotzdem fand ich es spannend und konnte es kaum aus der Hand legen. Es herrscht ein ruhiger Grundton, dennoch ist alles lebendig und authentisch, und das Gedankenschweifen der Protagonistin hat mich oft schmunzeln lassen, aber auch zum Nachdenken angeregt. Die Metapher des Zahns als Symbol für die eigene Endlichkeit hat mir sehr gut gefallen und zieht sich als roter Faden durch die Geschichte. Ich fühlte mich der Protagonistin und ihrer inneren Welt sehr nahe und war traurig, als ich das Buch beendet hatte – das Ende ist aber ein sehr schlüssiges, und der Abschluss rund und gelungen

Mein Fazit
Ein wunderbares Buch, ein kluger und warmherziger Roman mit einer Mittfünfzigerin als Protagonistin, die sich durch Alltagsthemen nicht unterkriegen lässt. Ein Buch, das Mut macht, auch mal zum Lachen einlädt, das mich vor allem aber gefesselt und sehr gut unterhalten hat. Ich kann es uneingeschränkt empfehlen.

WERBUNG: Vielen Dank an Vorablesen und den Hanser-Verlag für dieses Rezensionsexemplar.


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