[Rezension] Lilli Beck - "Wenn die Hoffnung erwacht"

Lilli Beck - Wenn die Hoffnung erwacht
Zeitgenössische Literatur 

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Umschlagabbildung: mauritius images /United Archives /TopFoto /General; www.buerosued.de
ISBN-13: 978-3-764-50744-2
Seiten: 480 Seiten
Erschienen: 14. Juni 2021

Buchrückentext
„Regensburg 1947: Nora wird von ihrer Freundin zu einer deutsch-amerikanischen Silvesterfeier eingeladen und ist überwältigt, als sie dort den attraktiven US-Offizier William kennenlernt. Lange versucht sie, die frisch entflammte Liebe vor ihrem Vater geheim zu halten, doch als sie ein Kind erwartet und William in die USA zurückbeordert wird, bleibt ihr nichts anderes übrig, als Farbe zu bekennen. Ihr Vater ist außer sich, hat jedoch bald eine Lösung parat, die Nora zu einer wohlhabenden Frau werden ließe und dir die Familie finanzielle Vorteile hätte. Nora, die nicht daran denkt, in den Plan einzuwilligen, flieht mit ihrem Sohn nach München, wo ihr auf der Straße eine fiebrige, verwirrt wirkende junge Frau begegnet. Sie begleitet Celia nach Hause, zur Villa der Wagners, und ahnt nicht, dass ihr Schicksal eine überraschende Wendung nehmen wird.“ 

Meine Meinung
Lillie Becks Bücher mag ich gerne, weil sie sehr lebendig schreibt und neben einer spannenden Geschichte auch Einblicke in die jeweilige Zeit ermöglicht. Diesmal geht es ins nachkriegszeitliche Bayern – im Mittelpunkt der Geschichte steht Nora, die sich in einen amerikanischen US-Offizier verliebt. Es ist die glücklichste Zeit ihres Lebens, und sie freut sich sehr, ihn bald zu heiraten. Doch zuvor wird er in die USA abberufen und lässt sie schwanger zurück – ein Unding im konservativen Bayern. Kaum noch kann Nora die Beschimpfungen als Schlampe aushalten, und auch ihr Vater haut tief in diese Kerbe. Als er sie zwangsverheiraten will, ergreift sie die Flucht – doch im Jahr 1947 ist das mit einem Säugling sehr gefährlich…

Lilli Beck schreibt sehr lebendig, so dass ich nicht nur schnell in die Geschichte reingekommen bin, sondern vor allem auch die Atmosphäre spüren konnte, die in dieser schwierigen Zeit damals herrschte. Es sind grauenhafte Zustände im Nachkriegsdeutschland – die Menschen leiden Not und Hunger, der Schwarzmarkt blüht, aber nur, wenn man auch etwas zu tauschen hat. Die Besatzer sind verpönt, und nur langsam kommt die Wirtschaft wieder in Schwung. All das hat die Autorin wunderbar in die Geschichte eingeflochten – und insbesondere auch, wie schlecht Frauen damals angesehen waren und wie sie immer wieder zum Spielball der Männer geworden sind. Die Autorin findet stets die richtigen Worte und kann mit ihrem Stil diese besondere Stimmung wunderbar einfangen – ich zumindest habe mich in diese Zeit zurückgesetzt gefühlt. Dabei ist der Schreibstil sehr gut lesbar, so dass die Seiten rasch dahingeflogen sind.

Die Charaktere sind sehr gut gestaltet, gerade die Protagonistin Nora macht eine starke Entwicklung durch vom unterdrückten Mädchen, das naiv in die Welt schaut, zur selbstbewussten und auch erfolgreichen Frau, die sich in der von Männern dominierten Welt einen eigenen Platz erarbeitet. Nora zu begleiten, ist mir wirklich an die Nerven gegangen, denn sie macht einiges durch und scheint keine schmerzhafte Erfahrung auszulassen. Ich habe sie in ihren Handlungen nicht immer verstanden, glaube aber auch, dass einiges der Zeit und vor allem der Not und Angst zuzuschreiben ist. Ihre Eltern sind ein Bild ihrer Zeit – der Vater ganz und gar Patriarch, der bestimmt, was getan wird und der die Frau nur an einer Stelle sieht: hinterm Herd. Noras Mutter kann nicht aus ihrer Haut und ordnet sich ihrem Mann unter, Bruder Alfred übernimmt bald die Ansichten seines Vaters. Wie schön, dass Nora da auch noch andere Menschen kennenlernt, die Wolfs in München – sie sind deutlich offener anderen Menschen gegenüber, auch wenn sie genauso unter der Kriegszeit gelitten und Verluste zu verzeichnen haben. Gemocht habe ich aus der großen Familie Wolf vor allem Luis, der so viel Positives ausstrahlt und der sein Herz am rechten Fleck trägt, aber auch „die Wolfs Senior“ habe ich mit all ihren Ecken und Kanten ins Herz geschlossen.

Die Geschichte ist spannend, und immer wieder geschehen Dinge, die man kaum für möglich halten kann - in der heutigen Zeit würde das so sicher nicht passieren, aber in den 1940er Jahren halte ich es durchaus für glaubhaft. Ich mochte den Streifzug durch dieses Kapitel deutscher Geschichte sehr, zumal es in eine fesselnde fiktive Handlung gepackt war. 

Ein Kritikpunkt bleibt aber dennoch – das Ende. Zwar ist alles schlüssig und führt auch dazu, dass man mit einem guten Gefühl das Buch zuschlägt, ich aber fand es dann doch zu viel des Guten – das konnte ich so einfach nicht glauben. Was da auf wenigen Seiten passiert, war mir zum einen zu schnell erzählt, vor allem gab es mir zu viele Gesinnungswandel bei verschiedenen Personen.

Trotzdem hat mir das Buch insgesamt sehr gut gefallen und ich hatte schöne Lesestunden – ich gebe daher 4 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Eine sehr lebendige und fesselnde Geschichte um eine junge Frau, die sich gegen geltende Normen stellt und so einen steinigen Weg vor sich hat. Ich habe die sympathische Protagonistin gerne begleitet und ganz nebenbei auch ein Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte erleben dürfen. Sehr lebendig schildert die Autorin die Zeit des Wiederaufbaus, trotzdem kann sie auch mit der Geschichte selber fesseln. Nur das Ende hat mich nicht überzeugt, trotzdem wurde ich gut unterhalten und gebe 4 von 5 Sternen.

WERBUNG: Vielen Dank an den Blanvalet-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

2 Kommentare:

  1. Liebe Sabine,
    deine Kritikpunkte kann ich verstehen. Ich war mir auch zuerst unsicher, ob ich 4 1/2 Sterne oder 5 gebe. Dann habe ich doch die 5 gegeben, weil mich schon länger kein Buch so mitgerissen hat.
    Eine sehr schöne Rezension!!!
    Alles Liebe
    Martina

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