[Rezension] Haruki Murakami – "1Q84"

Haruki Murakami – 1Q84
Fantasy 

Verlag: btb-Verlag (Buch, Teil 1 & 2), Lübbe Audio (Hörbuch, Teil 3)
Umschlaggestaltung: semper smile, München nach einem Entwurf von Zero, München
ISBN-13: 978-3-442-74362-9 (Buch), 978-3-838-77031-4 (Hörbuch)
Seiten: 1023 Seiten (Buch), 1036 Minuten (Hörbuch)
Erschienen: 10.9.2012 (Buch), 28.11.2014 (Hörbuch)
Originaltitel: „1Q84“
Übersetzer: Ursula Gräfe
Sprecher: David Nathan

Zum Inhalt
„1984. Aomame hat zwei verschieden große Ohren. Beim Rendezvous mit einem reichen Ölhändler zückt sie eine Nadel und ersticht ihn – ein Auftragsmord, um altes Unrecht zu sühnen. Tengo ist Hobby-Schriftsteller. Er soll einen Roman der exzentrischen 17-jährigen Fukaeri überarbeiten, damit sie einen Literaturpreis bekommt. Der Text ist äußerst originell, aber schlecht geschrieben – ein riskanter Auftrag. Aomame wundert sich, warum die Nachrichten ihren Mord nicht melden. Ist sie in eine Parallelwelt geraten? Um diese Sphäre vom gewöhnlichen Leben im Jahr 1984 zu unterscheiden, gibt Aomame der neuen, unheimlichen Welt den Namen 1Q84.“ (Quelle: btb-Verlag)

Meine Meinung
Haruki Murakami ist in meinen Augen ein großartiger Autor. Er hat einen ganz eigenen Schreibstil, in dem ich immer wieder versinken kann, er ist aber auch bekannt für seine surrealen Welten, die er schafft und für einige Leitthemen, wie die Musik, die in den Geschichten immer wieder auftauchen. Am liebsten mag ich seine in der Gegenwart spielenden Bücher, ohne Fantasy oder Magie, mittlerweile wage ich mich aber auch an Werke, von denen ich weiß, dass sie einen surrealen Inhalt haben. 1Q84 ist nicht nur ein dicker Roman, sondern auch ein die Leserschaft spaltender – ich muss sagen, dass mir die Geschichte insgesamt gefallen hat, auch wenn viele Fragen offen bleiben. Dass es bei diesem über 1500 Seiten dicken Buch auch Längen und Wiederholungen gibt, kann eigentlich nicht verwundern. Die Wiederholungen könnte man auch darauf zurückführen dass der Roman in drei Teilen erschienen ist – ich würde aber tatsächlich nicht empfehlen, es „gestückelt“ zu lesen, denn auf mich wirkt es nicht wie als Trilogie ausgelegt, sondern als ein Gesamtwerk. Nach Buch eins und zwei wollte ich zwar unbedingt wissen, wie es weitergeht (denn es gibt irgendwie keinen Abschluss und auch kein Ende nach dem zweiten Band), hatte aber keine Lust mehr zu lesen, so dass ich auf das Hörbuch umgestiegen bin. 
Den Inhalt dieses Schmökers wiederzugeben, finde ich sehr schwer. Erzählt wird die Geschichte aus Sicht zweier Charaktere in Ich-Form, erst im letzten Teil gesellt sich ein dritter dazu – wer das ist, verrate ich natürlich nicht. Aomame ist Fitnesstrainerin, hat sich aber der Rache misshandelter Mädchen verschrieben und tötet die Peiniger. Tengu ist Mathelehrer und ein bislang erfolgloser Autor – arbeitet aber auch für einen Verlag, wo er Texte lektoriert. Beide geraten in eine alternative Version der Welt, eine Parallelwelt, die Aomame 1Q84 nennt. Und hier geschehen unheimliche Dinge. Was genau, verrate ich nicht, das muss man selber herausfinden.

Ich sagte schon eingangs, dass ich Murakamis Schreibstil liebe – er schafft eine ganz besondere Atmosphäre, in die ich abtauchen kann. Ich finde den Stil warm und einhüllend, er vermittelt Geborgenheit, macht aber auch neugierig, weil die Geschichte insgesamt langsam erzählt wird und man ein bisschen Geduld haben muss – bei einem so dicken Buch sicherlich nicht erstaunlich. Murakami schreibt sehr detailliert, und manch einen mag es auch stören, dass er sich da auch schon mal in Kleinigkeiten verliert. 

Beide Hauptcharaktere sind sehr unterschiedlich, aber beide habe ich gerne begleitet – Aomame ist eine sehr taffe Frau, geradlinig und fokussiert. Sie wirkt unnahbar, hat aber auch ihre weichen Seiten, die sie aber selten zeigt. Tengo dagegen wirkt zunächst langwellig, weil er ein sehr organisiertes Leben führt, das keine Aufregung bietet; aber er wird zum Spielball Anderer und entwickelt so dann doch eine gewisse Dynamik, die mir gefallen hat. 

Im ersten Teil geht es vor allem um die Erklärung der Welten, man weiß aber noch nicht so genau, wie das alles zusammengehört und auch die Erzählstränge laufen noch parallel, ohne dass man die Verbindung der beiden Figuren weiß. Erst im zweiten Teil geschehen dann Dinge, die man nicht gut erklären kann; es gibt surreale Szenen, verschiedene Welten, Sekten, Morde und Agenten – es ist aber eine eher untergründige und subtile Spannung, die beim Lesen entsteht, und einen actionreichen Thriller sollte man nicht erwarten. Im dritten Teil werden dann die Fäden zusammengeführt und auch hier bleibt es untergründig spannend, weil – ich nenne es mal größere Mächte - miteinander kämpfen und da auch nicht zimperlich miteinander umgehen. Es bleiben aber auch viele Fragen ungeklärt – auch nicht ganz untypisch für Murakami; die Spekulation, es gebe noch einen vierten Teil, kann ich aber nicht teilen, denn für mich war die Geschichte dann doch abgeschlossen und mit dem offenen Ende und vor allem einigen offenen Fäden konnte ich gut leben.

Ich empfehle das Buch nicht uneingeschränkt, denn man muss schon einen langen Atem haben um dranzubleiben. Trotzdem haben mir die Idee und der Plot sehr gut gefallen und ich mochte diese surreale Welt und die etwas beklemmende Stimmung, die im ganzen Buch herrscht. Ich gebe für das Gesamtwerk 4 von 5 Sternen. 

Mein Fazit
Mir haben Plot und Geschichte insgesamt gefallen, dennoch würde ich das Buch nicht jedem empfehlen, denn es hat durchaus seine Längen, und einige Fragen bleiben ungeklärt. Ich bin aber ein Fan des Schreibstils, und auch diesmal hat mich der Autor mit der geschaffenen beklemmenden Stimmung und den rätselhaften zwei Welten gefesselt. Kein Pageturner, aber dennoch untergründig spannend – ich gebe 4 von 5 Sternen.


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