[Rezension] Hye-Young Pyun - "Der Riss"

Hye-Young Pyun - Der Riss
Gegenwartsliteratur

Verlag: btb-Verlag
Umschlaggestaltung: Semper Smile nach einem Entwurf von Erin Seaward-Hiatt
Umschlagmotiv: © 2016 by Hye-young Pyun
ISBN 13: 978-3-442-75771-8
Seiten: 222 Seiten
Erschienen: 22. April 2019
Originaltitel: „The Hole“
Übersetzer: Ki-Hyang Lee

Zum Inhalt
„Kann das Leben einen so tiefen Riss bekommen, dass man durch ihn hinabstürzt und darin verschwindet? Ogi hat Schuld an dem Unfall, durch den seine Frau getötet wurde. Im Haus seiner Schwiegermutter vegetiert er nun schwer verletzt vor sich hin. Seine Welt schrumpft zu dem Bett, in dem er liegt. Im Inneren halten beunruhigende Gedanken an seine Frau ihn gefangen. Draußen verwandelt sich ihr üppiger Garten in einen welken Orten, entstellt von dunklen Löchern, die die Schwiegermutter wie besessen gräbt. Was verbirgt sich hinter der unheimlichen Obsession für den Garten?“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Der Plot hat mich sehr neugierig gemacht, und tatsächlich ist die Geschichte atmosphärisch sehr dicht und fesselnd – nur das Ende konnte mich leider nicht überzeugen.

Nach einem schweren Autounfall erwacht Ogi aus dem Koma. Er ist schwer entstellt und kann nur noch mit einem Auge blinzeln. Seine Frau ist tot, einziger Angehöriger ist die Schwiegermutter, die sich im Weiteren um ihn kümmert. Seinen Mitmenschen völlig ausgeliefert wird sein Zuhause zu einem Gefängnis – und wäre das nicht schlimm genug, verändert sich auch seine anfangs liebevolle Schwiegermutter. 

Der Plot ist grauenhaft und genau dieses Gefühl des psychologischen Horrors transportiert die Autorin auch mit ihrem zwar klaren und eigentlich auch einfachen Schreibstil, der dennoch aber die Stimmung und Gefühlswelt Ogis wunderbar einzufangen weiß. Die ganze Szenerie ist sehr skurril und spitzt sich im Laufe der Geschichte auch immer weiter zu. Dabei liegt der Fokus auf den Charakteren – und da nur wenige vorkommen, bekommt man hier ein sehr differenziertes Bild von ihnen. Mit Ogis Gedanken taucht man ab in die Zeit vor dem Unfall, erfährt von ihm und der Beziehung zu seiner Frau und lernt da auch schon die Schwiegereltern kennen. Die Zeit, die Ogi abhängig und ausgeliefert im Bett verbringt, macht ihn zu einem anderen Menschen, aber auch die Schwiegermutter verändert sich, und das letzte Drittel des Buches gleicht schon fast einem Psychothriller, da die beiden sich ein interessantes Duell liefern. 

Das Ende hat mir dann leider nicht gefallen, vielleicht weil es zu offen ist, vielleicht aber auch weil es einen anderen Schwerpunkt verfolgt als von mir gedacht. Wer das Buch kennt, weiß, was ich meine – nur so viel: richtig zu Ende erzählt wird die Geschichte leider nicht.

Trotzdem hat mich das Buch gefesselt und auch gut unterhalten – noch einige Tage nach Beenden hat es in mir nachgehallt. Ich vergebe 3,5 von 5 Sternen und empfehle es an solche Leser, die sich für eine dichte Atmosphäre gepaart mit einem psychologisch ausgefeilten Plot begeistern können.

Mein Fazit
Der Plot ist sehr interessant – und auch wenn nur wenige Figuren in dem dünnen Büchlein vorkommen, schafft die Autorin eine unglaubliche Atmosphäre und kann den Leser so fesseln. Der Schreibstil ist zwar klar und einfach, dafür aber auf den Punkt – so werden Gefühle und Gedanken des Protagonisten wunderbar transportiert. Nur das Ende hat mich enttäuscht, dennoch aber wurde ich gut unterhalten und gebe 3,5 von 5 Sternen.

WERBUNG: Vielen Dank an den btb-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

2 Kommentare:

  1. Liebe Sabine,
    von diesem Buch habe ich bisher nichts gehört! Aber der Klappentext und deine Rezi reizen mich sehr. Auch wenn du "nur" 3,5 Sterne vergeben hast, scheint dieses Buch irgendwas zu haben. Auf dieses psychologische zweier-Spiel Ogi ./. Schwiegermutter bin ich sehr gespannt.

    Wo genau ist die Geschichte verortet? Da ich ja bei der Literarischen Weltreise - Challenge mitmache, suche ich auch immer Bücher, die überall auf der Welt spielen, nicht nur in Europa. Vielleicht kann ich dieses Buch dann für ein neues Land verwenden. :-)
    GlG, monerl

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    1. Die Autorin kommt aus Korea - wo die Geschichte spielt, wurde nicht gesagt. Aber ich würde das für eine Challenge durchgehen lassen. :-)

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