[Rezension] Sara Gmuer "Achtzehnter Stock"

Sara Gmuer  Achtzehnter Stock
Gegenwartsliteratur
 

ISBN-13: 978-3-73247-856-9
Dauer: 361 Minuten
Erschienen: 18.2.2025
Sprecherin: Nina Reithmeier

   
Zum Inhalt 
„Wanda hat sich ihr Leben anders vorgestellt. Ganz anders. Statt auf Filmdrehs und Premieren verbringt sie die heißen Sommertage im Hof einer Berliner Platte, wo sie mit ihrer fünfjährigen Tochter Karlie im achtzehnten Stock wohnt. Der Lift ist defekt und das Treppenhaus ein einziges Funkloch, in dem man, wenn man Pech hat, das ganze Leben verpasst. Am anderen Ende der Stadt scheint dagegen alles möglich. Als Wanda eine einmalige Chance bekommt, taucht sie ein in eine Welt, in der Geld keine Rolle spielt und Türen immer offenstehen. Doch wie weit sie auch geht, die Platte in ihrem Rücken wird nie wirklich kleiner.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich habe die Autorin auf der Leipziger Buchmesser 2025 auf einer Lesung erlebt und war sehr angetan – dass dann gleichzeitig auch die Hörbuchsprecherin Nina Reithmeier eine Passage aus dem Buch vorgelesen hat, hat mich selber zum Hörbuch greifen lassen. 

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die alleinerziehende Wanda – eigentlich wollte sie eine berühmte Schauspielerin werden, aber das Leben hat ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht, und sie lebt nun mit ihrer fünfjährigen Tochter Karlie im achtzehnten Stock eines Berliner Plattenbaus. Ihren Traum hat sie aber noch nicht aufgegeben und versucht, trotz Kind Kontakte zu knüpfen und Rollen zu ergattern. Als sie die Chance erhält, in einer Serienproduktion mitzuwirken, sieht sie ihre große Chance und verheimlicht ihre Herkunft. Ein Fehler, wie sie bald schmerzlich spüren muss. 

Die erste Hälfte des Buches hat mir sehr gut gefallen – hier hat die Autorin die ganze Situation von Wanda sehr gut eingefangen und dargestellt. Obwohl ich selber keine Kinder habe, konnte ich mich gut in Wanda hineinfühlen. Ihre Sorgen und Nöte, ihre Ängste, der stetige Kampf ums Überleben – egal, ob es ums Geld geht, um einen Job, etwas zu essen oder einfach auch nur ein bisschen Zuwendung und Anerkennung. Als alleinerziehende Mutter ohne familiäre Unterstützung ist Wanda im wahrsten Sinne des Wortes alleine und verlassen. Besonders beeindruckt hat mich das Kapitel, als ihre Tochter erkrankt – das war wirklich sehr gut und eindrücklich beschrieben, und ich hätte mit Wanda heulen können über die Ignoranz der Menschen. 

So sehr ich den Frust und auch den Schmerz Wandas verstehen konnte, so habe ich doch nicht alle Handlungen von ihr nachvollziehen können. Und gerade in der zweiten Hälfte des Buches trifft Wanda einige für mich unpassende Entscheidungen – dadurch hat die Autorin mich ein wenig verloren. Zwar ist die Darstellung des Gegensatzes der Berliner Platte und der Fake-Glimmerwelt gelungen, was dort aber passiert, hat mich nicht packen oder fesseln können. 

Wanda ist als Figur gut gezeichnet – ihre verzweifelte Situation, ihr hin- und hergerissen sein zwischen eigenen Wünschen und Träumen und der harten Realität war gut geschildert. Richtig ans Herz gewachsen ist sie mir nicht, was wohl an ihren Entscheidungen liegt, die ich so eher nicht getroffen hätte. Ihre Tochter Karlie hatte sehr schnell mein vollstes Mitgefühl – sie wirkt immer ein bisschen verloren und rumgeschupst, man spürt aber auch die innige Bindung zwischen ihr und Wanda. Andere Figuren bleiben ein bisschen flach – am augenscheinlichsten ist das bei „Aylins Mutter“, die zwar häufig unterstützt und einfach da ist, die aber nicht mal einen eigenen Namen hat, und von der man auch sonst nicht viel erfährt. Auch die Glamourwelt ist insgesamt sehr oberflächlich geraten, was das gängige Klischee nochmal unterstreicht. 

Der Schreibstil ist direkt und ehrlich, kommt ohne Schnörkel aus und fängt so die Stimmung und Atmosphäre sehr gut ein. Sehr passend ist auch die Wahl der Sprecherin Nina Reithmeier, die mich mit ihrer jungen und kraftvollen Stimme in die Szenerie reingeholt hat. 

Die erste Hälfte des Buches empfehle ich uneingeschränkt, die zweite konnte mich dann leider nicht mehr so begeistern. Dennoch werde ich die Autorin weiter im Blick behalten. 

Mein Fazit
Ein wichtiges Thema hat die Autorin gewählt und gerade in der ersten Hälfte sehr gut die Sorgen und Nöte einer alleinerziehenden Mutter dargestellt. In der zweiten gab es dann Wendungen, die mich nicht überzeugt haben, aber die Kraft der Sprache und die ganze Atmosphäre der Geschichte haben mir gut gefallen. 


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