Erich Maria Remarque - Im Westen nichts Neues
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Umschlaggestaltung: Rudolf Linn, Köln
Herausgeber: Thomas F. Schneider
ISBN-13: 978-3-462-04633-5
Seiten: 325 Seiten
Erschienen: 23. Januar 2014
Zum Inhalt
Als ahnungsloser Kriegsfreiwilliger zieht der 19jährige Paul Bäumer in den Krieg und wird direkt an die Westfront geschickt. Doch statt der erhofften Kriegsbegeisterung erlebt er die ganze Brutalität des Gemetzels und sieht seine Kameraden einen nach dem anderen sterben.
Meine Meinung
Ein Klassiker, den man aus meiner Sicht unbedingt gelesen haben sollte, nicht weil er im klassischen Sinne gut unterhält, sondern weil er ein wichtiges Zeugnis des 1. Weltkrieges darstellt. Unbedingt würde ich die Ausgabe mit dem sehr aufschlussreichen Anhang von Thomas F. Schneider empfehlen, der die Entstehung des Buches mit all seinen Streichungen, Kürzungen und Änderungen aufzeigt und damit auch noch mal Einblick gibt auf den damaligen Einfluss eines Verlages auf das Manuskript, den Einfluss von Literatur auf die Menschen und die damals praktizierte Zensur.
Der Inhalt des Buches ist schnell wiedergegeben – der 19jährige Ich-Erzähler Paul Bäumer meldet sich freiwillig zum Kriegsdienst und wird an der Westfront eingesetzt. Was er dort erlebt, schildert er mit einfachen, dafür aber umso eindringlicheren Worten – dabei ist er nicht zimperlich mit seinen Beschreibungen, berichtet, was sich im Schützengraben zuträgt, erzählt von seiner Zeit im Lazarett, was er vom Leben und Tod, aber auch vom Krieg hält und was ihn tagtäglich an der Front am meisten beschäftigt – die Angst ums pure Überleben.
Obwohl der Schreibstil sehr nüchtern wirkt und eher umgangssprachlich gehalten ist mit Redewendungen, die an die damalige Zeit erinnern, ist er doch sehr emotional und fesselt mich als Leser. Mich hat die Geschichte sehr bedrückt und erschüttert, auch wenn ich natürlich schon einige Bücher gelesen habe, die zu Kriegszeiten spielen. Es sind nicht nur die nüchternen Beschreibungen von Erlebnissen aus den Trichtern und Gräben, die erschüttern, auch wie mit Verletzten, mit Tod und Sterben umgegangen wurde, hat mich sehr mitgenommen. Erst recht die Erkenntnis, dass Paul als Zwanzigjähriger viel zu viel über den Tod weiß, aber das Leben noch nicht kennenlernen durfte oder sein Nicht-Zurechtkommen in der „normalen Welt“, als er für einige Tage auf Heimaturlaub fahren durfte – es sind viele kleine Erlebnisse und Gedanken, die erschüttern, die aber sicherlich kein Einzelfall sind. Und das macht das Ganze für mich noch mal erschreckender. Das Leben an der Front reduziert sich auf wenige Dinge und es ist einfach anders, es als Erfahrungsbericht zu lesen von jemandem, der es selber erlebt hat oder aus einem Geschichtsbuch davon zu erfahren. Eine Abenteuergeschichte sollte man also nicht erwarten – dafür aber einen Klassiker, der tief berührt und trotz allem immer noch hochaktuell ist.
Sehr interessant fand ich den Anhang, in dem noch mal erläutert wird, warum das Buch mehrfach umgeschrieben wurde und in dem auch die Originaltexte zu finden sind. Außerdem gibt es einen Einblick in die Biographie Erich Maria Remarques, der ja selber auch ein Jahr im Krieg und dann lange Zeit im Lazarett gewesen ist. Sicherlich hat er seine eigenen Erfahrungen mit in diesen Roman einfließen lassen, vieles aber auch aus Gesprächen mit anderen Soldaten erfahren und für sein Buch verwendet. Das Buch ist unstrittig eher ein Roman, dennoch aber meint man beim Lesen auch biographische Züge zu erkennen – so oder so ist es eine eindringliche, bedrückende und erschütternde Geschichte, die immer noch bei mir nachhallt und die aus meiner Sicht an Aktualität nicht verloren hat.
Mein Fazit
Von mir eine absolute Leseempfehlung – nicht weil das Buch gut unterhält, sondern weil es ehrlich und schonungslos das schildert, was Soldaten an der Front erlebt haben. Trotz des nüchternen Schreibstils fesselt das Buch und hat mich einfach nicht losgelassen und hallt auch jetzt noch nach Beenden lange nach – sicherlich nichts für sanfte Gemüter, aber genau so war es und deshalb sollte man davor die Augen nicht verschließen. Bewerten kann ich dieses Buch nicht, kann es aber jedem empfehlen, dem dieses Thema am Herzen liegt.
Das ist eines der schonungslosesten Bücher zum Thema "Krieg" und ich hätte es auch nicht bewertet und nur eine Leseempfehlung gegeben.Ich hab es mit 16 gelesen und finde, das dürfte gut und gerne Schullektüre sein. Danke für`s Erinnern, ich sollte das auch mal wieder lesen. Bin eh grade auf dem "Kriegsenkel-Trip", da gibt es ja momentan viel Lektüre und ich bin selber Kriegsenkel. Meine Mutter ist 45 auf der Flucht geboren. Habe vor 5 Minuten "Anna und Armand" beendet und bin sehr berührt von dem Buch.
AntwortenLöschen"Kriegsenkel" ist auch ein toller Begriff - und ich bin auch einer. :-) Mich interessiert das Thema sehr und ich war schon neugierig, wie du "Anna und Armand" finden wirst - schreibst du dazu eine Rezi?
LöschenJa - "Im Westen nichts neues" hat mich schon sehr beeindruckt - vor allem den Anhang, wie das Buch entstanden ist und was alles noch geändert wurde, fand ich sehr interessant.
LG Sabine
Ja klar, schreibe ich dazu eine Rezension, ich muss aber solche Bücher immer erstmal sacken lassen. "Kriegsenkel" ist, glaub ich, psychologisch gesehen, ein sehr offizieller Begriff (irgendwie scheint bei de Enkeln mehr hochzukochen, als bei den Kindern). Wusste ich auch nicht. Ich kann meine Großeltern nun leider nicht mehr fragen, ich kenne zwar die Kriegserlebnisse meines Opas recht gut, von der Flucht meiner Großmutter weiß ich allerdings nur, dass jeglicher Glaube danach(von Haus aus katholisch) komplett erledigt war. Direkt angesprochen wurde das Thema schnell in andere Bahnen gelenkt....meine Urgroßmutter ist vergewaltigt worden, während ein paar ihrer Kinder unter dem Tisch saßen. Tja, man hätte das alles eher erfragen und dokumentieren müssen, aber als junger Mensch haste halt andere Sorgen...ich habe übrigens auch noch "Machandel" in Arbeit...ganz tolles Buch.Auch mit dieser Thematik.
Löschen"Machandel" habe ich mir gleich mal notiert - hatte ich noch gar nichts von gehört!
LöschenIch kann meine Großeltern auch nicht mehr fragen - leider, aber sie sind früh gestorben, als ich noch ein Kind war und ich mit diesem Thema so gar nichts anfangen konnte. Jetzt bereue ich das auch. Aber ist nun mal nicht zu ändern - da muss ich solche Geschichten halt lesen. Gegen das Vergessen.
LG Sabine