[Rezension] Carin Müller - "Tage zwischen Ebbe und Flut"

Carin Müller - Tage zwischen Ebbe und Flut
Gegenwartsliteratur

Verlag: Knaur-Verlag
Umschlaggestaltung: Sabine Kwauka
Umschlagabbildung: Robin Bartholick /Gettyimages; Sergey Noivikov /Shutterstock
ISBN 13: 978-3-426-51973-8
Seiten: 284 Seiten
Erschienen: 1. September 2016

Buchrückentext
„Felix ist 70 Jahre alt. Er spricht aus, was niemand zu sagen wagt, und tut, was sonst niemand tun würde. Seine Erinnerungen sind wie Wellen in seinem Kopf, wogend, nicht festzuhalten. Denn Felix hat Alzheimer. Um ihm einen Herzenswunsch zu erfüllen, machen seine Ehefrau Ellen, seine Tochter Judith und seine Enkelin Fabienne mit ihm eine Kreuzfahrt. Doch während Felix die Reise als wunderbares Abenteuer erlebt, wird für die drei Frauen die Seereise zu einer Seelenreise durch schwere Gewässer, aber mit Kurs auf sonnige Gefilde.“

Meine Meinung
Eine wundervolle Geschichte voller Emotionen, die zum Nachdenken genauso anregt wie zum Schmunzeln oder Weinen – auch wenn mich das Buch nicht in der richtigen Lesestimmung erwischt hat, konnte es mich doch überzeugen.

Mittelpunkt der Geschichte ist der 70-jährige Felix, der mit Ehefrau Ellen, Tochter Judith und Enkelin Fabienne eine Kreuzfahrt antritt – doch wer jetzt denkt, ein Idyll anzutreffen, täuscht sich, denn nicht nur ist Felix an der Alzheimer-Demenz erkrankt und wirft damit den einen oder anderen Plan schnell mal über Bord, ist seine Familie auch alles andere als einfach – so braucht es seine Zeit, bis jeder seinen Platz findet, auf dem Schiff, in der Familie und auch in seinem eigenen Leben.

Die Autorin hat sich ein schweres Thema für ihren Roman ausgesucht, trotzdem ist die Geschichte eine locker-leichte, bei der zwar zwischendurch immer mal wieder die ernsten Töne durchblicken und den Leser zum Nachdenken anregen, die aber auch voller Humor steckt und mich so auf eine Achterbahn der Gefühle mitgenommen hat. Ich habe viel geschmunzelt, aber auch viel nachgedacht – vor allem aber sind die Probleme, die sich durch die Alzheimer-Erkrankung eines Familienmitglieds ergeben können, sehr deutlich geworden. Auch wenn manche Situation eher zum Schmunzeln einlädt, waren andere doch oft auch ernst und zeigten, wie viel Gefühl und Einfühlungsvermögen notwendig sind im Zusammenleben mit einem Demenzkranken.

Die Figuren waren alle sehr gut gezeichnet und jeder wirkte wie aus dem Leben gegriffen. Felix habe ich natürlich sofort ins Herz geschlossen – obwohl er manchmal hilflos wirkt, hat er doch seinen eigenen Kopf und vor allem das Herz am rechten Fleck – schlimm waren nur die Situationen, wenn er sich seiner Krankheit bewusst wird, da hatte ich dann auch schon mal Tränen in den Augen. Seine Ehefrau Ellen wirkt leider etwas herrisch, im Laufe der Geschichte aber lernt man sie näher kennen und dann auch ihren weichen Kern – das Zusammenleben mit ihrem Mann fordert sie sehr und diese Dominanz ist einfach ihre Art, mit der Situation umzugehen. Tochter Judith dagegen muss erst lernen, wie schwer genau dieses Zusammenleben sein kann – sonst sich eher der Karriere widmend, weiß sie in manchen Situationen nicht, mit der Familie umzugehen. Gefallen an ihr hat mir aber, dass sie sich entwickelt und bald auch erkennt, was im Leben wirklich wichtig ist. Enkelin Fabienne bringt in die Geschichte noch mal jugendlichen Schwung, weil ihre Probleme einfach andere sind und sie sich wie ein typischer Teenager verhält – auch wenn sie das natürlich nicht hören mag. 

Der Schreibstil ist locker und leicht, sehr lebendig und lässt mich als Leser eintauchen in die wundervolle Geschichte. Und die entführt nicht nur in eine turbulente Familie, sondern nimmt auch mit auf eine wundervolle Schiffsreise rund um den italienischen Stiefel und schafft so auch ein gewisses Urlaubsfeeling. Die Seiten fliegen rasch dahin und die Geschichte ist sehr kurzweilig, dennoch ist das Buch keins für zwischendurch, weil es noch lange nachhallt und zum Nachdenken anregt. Einziges Manko – und da kann das Buch nichts für – ich war leider nicht in der richtigen Lesestimmung; sonst hätte es volle 5 Sterne gegeben. Trotzdem würde ich das Buch auf jeden Fall empfehlen, weil es einfach eine tolle Geschichte ist, die emotional berührt, dabei voller Humor steckt und Lesefreude schenkt.

Mein Fazit
Trotz des ernsten Themas ist das Buch voller Humor und lädt zum Lachen, aber auch zum Nachdenken und Weinen ein. Die Schiffsreise der Familie Kaufmann, bei der im Mittelpunkt der demenzkranke Felix steht, entwickelt sich für jeden einzelnen zu einer Reise zu sich selbst – und trotz vieler lustiger Szenen bietet die Geschichte auch viele ernste Themen, die nachdenklich machen. Liebenswerte Charaktere und ein lockerer, sehr lebendiger Schreibstil haben mir schöne Lesestunden geschenkt. Ich kann das Buch auf jeden Fall empfehlen.

Vielen Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

1 Kommentar:

  1. Das liest sich sehr gut. Schön, dass es so viele Bücher zum Thema gibt, denn man kann sich gar nicht vorstellen, wie das ist und ich glaube auch, es ist bei jedem anders. Ich beobachte gerade eine liebe Freundin und versuche, sie besser zu verstehen. Ich habe es auf meine Wunschliste gesetzt.

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