Yael van der Wouden - In ihrem Haus
Gegenwartsliteratur
Originaltitel: „De bewaring“ (2024)
Übersetzerin: Stefanie Ochel
Verlag: Audio Verlag München
ISBN-13: 978-3-748-40504-7
Dauer: 564 Minuten
Erschienen: 9.4.2025
Sprecherin: Ute Piasetzki
Zum Inhalt
„1961, in der niederländischen Provinz: Seit dem Tod ihrer Mutter lebt Isabel allein in dem großen, von der Zeit gezeichneten Familienhaus. Die Tage ziehen ruhig und geordnet dahin. Doch als ihr Bruder Louis seine ungehobelte Freundin Eva bei ihr einquartiert, geraten Isabels stille Routinen ins Wanken, und das Haus, das einst Schutz und Sicherheit bot, wird zum Schauplatz unheimlicher Veränderungen. Plötzlich verschwinden Dinge und Isabel wird immer misstrauischer gegenüber Eva, die nicht das zu sein scheint, was sie vorgibt. In der flirrenden Sommerhitze entwickelt sich eine unerwartete Anziehung zwischen den beiden Frauen, die Isabels festgefügtes Weltbild erschüttert. Die Vergangenheit, die Isabel zu verdrängen versucht hat, holt sie endgültig ein und zwingt sie, sich ihren Vorurteilen und der dunklen Geschichte des Hauses zu stellen.“ (Quelle: Verlagsseite)
Meine Meinung
Der Roman spielt 1961 in der niederländischen Provinz. Seit dem Tod ihrer Mutter lebt Isabel allein im alten Familienhaus, das immer mehr verfällt. Ihr Leben folgt festen Routinen, alles ist geordnet – bis ihr Bruder seine Freundin Eva dort unterbringt. Eva ist laut, ungehobelt, impulsiv – ganz anders als Isabel. Was als erzwungenes Zusammenleben beginnt, entwickelt sich zu einer Mischung aus Misstrauen, Machtspielen und Zugewandtheit. Nach und nach kommen Erinnerungen hoch, und je mehr Isabel sich auf Eva einlässt, desto näher rückt eine Vergangenheit, die sie lange verdrängt hat.
Für mich ist das Buch nicht leicht einzuordnen. Anfangs dachte ich, es sei ein ruhiger, psychologischer Roman, dann kamen plötzlich Elemente dazu, die eher an einen Spannungsroman erinnern - ein Thriller ist es aber nicht, dafür fehlt die Dynamik. Der Einstieg ist stark, der letzte Teil auch. Im Mittelteil allerdings gab es dann doch einige langatmige Abschnitte, und die Handlung kam nicht richtig voran.
Isabel als Figur ist gut gezeichnet – man spürt ihre innere Enge, ihre ständige Kontrolle und vor allem ihren Widerwillen gegen Veränderung. Eva hat mich als Figur erst auf den zweiten Blick interessiert – zunächst wirkt sie wie ein „Püppchen“ und wird entsprechend aller gängiger Klischees geschildert, dann aber zeigt sie doch auch eine gewisse Tiefe und etwas Undurchschaubares. Man spürt, dass irgendetwas in ihr vorgeht, aber erst im dritten Teil erfährt man ihre Motivation, die ich leider nicht richtig fühlen oder nachvollziehen konnte. Vor allem die Beziehung zwischen den beiden Frauen hat für mich nicht funktioniert. Die anfängliche Abneigung war deutlich, aber dass daraus plötzlich Zuneigung oder sogar Anziehung wird, konnte ich emotional nicht mitgehen. Das blieb für mich zu konstruiert. Im ganzen Buch liegt der Fokus auf diesen beiden Frauen, so ist auch ihrer Charakterzeichnung viel Raum gegeben worden – im Gegensatz zu den Nebenfiguren, die kaum gezeichnet sind und sehr blass bleiben.
Was mir gut gefallen hat, ist der Schreibstil. Die Sprache ist klar, nicht überladen, und schafft eine dichte, fast bedrückende Atmosphäre. Es gibt viele sehr dichte, fast schon knisternde Momente, die gerade in der Hörbuchversion gut rüberkommen – Ute Piasetzki liest mit viel Gespür für die feinen Zwischentöne.
Alles in allem ein interessantes Buch, das mich überrascht und in Teilen auch gepackt hat, bei dem mir aber die Auflösung zu konstruiert war – dennoch eine Autorin, die ich im Auge behalten werde.
Mein Fazit
Ein atmosphärisch dichtes Buch mit guter Idee und für einen Debütroman beeindruckendem Stil, das aber im Mittelteil deutlich schwächelt. Die Figuren sind gut gezeichnet, manche Entwicklung bleibt für mich aber nicht glaubwürdig. Durch die besondere Atmosphäre war ich dennoch größtenteils gepackt – auf jeden Fall eine interessante Autorin.
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