[Rezension] Ocean Vuong - "Der Kaiser der Freude"

Ocean Vuong - Der Kaiser der Freude
Gegenwartsliteratur
 

 Originaltitel: „‎The Emperor of Gladness“ (2025)
 ISBN-13: 978-3-844-94209-5
 Dauer: 809 Minuten
 Erschienen: 12.5.2025
 Sprecher: Fabian Busch

   
Zum Inhalt
„Der queere Hai, Sohn einer vietnamesischen Mutter, lebt in East Gladness, einer heruntergekommenen Industriestadt in New England. Überall hängen die Schilder der Obama-Kampagne »Yes, we can«, doch Hai schluckt Pillen und denkt an Selbstmord. Bis er Grazina aus Litauen kennenlernt, eine Überlebende des Zweiten Weltkriegs, in deren Kopf noch die Stimmen der Opfer schwirren. Beide verbindet eine innere Verwundung. Unter falschem Namen fängt Hai an, in einem Diner zu arbeiten, erlebt dort eine Gemeinschaft von »schönen kleinen Losern«, wie er es ist.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich hatte von Ocean Vuong schon sehr viel Gutes gehört, dass er einen beeindruckenden Schreibstil hat, der lyrisch und einnehmend ist. Ich war also sehr gespannt auf sein neues Werk – und ich glaube, meine Erwartungen waren einfach zu hoch.

Hai ist ein junger, queerer Mann vietnamesischer Herkunft, der in East Gladness, einem heruntergekommenen Ort in New England, lebt. In suizidaler Absicht will er von einer Brücke springen - doch seine Pläne werden von Grazina, einer älteren, dementen Frau, durchkreuzt. Sie bittet ihn, sie zu pflegen, und zwischen den beiden entspinnt sich eine feine, fast zärtliche Freundschaft. Im Laufe des Buches wird Hai zunehmend in die Geschichte von Grazina hineingezogen, einer Überlebenden des Zweiten Weltkriegs, die von ihrer traumatischen Vergangenheit immer noch verfolgt wird. Zudem arbeitet er in einem Diner, dessen Angestellte allesamt gesellschaftliche Außenseiter sind – so wie er selber auch.  

Der Roman behandelt viele wichtige Themen – dabei sind queere Identität, schwierige familiäre Bindungen, Drogenkonsum und Kritik derzeitiger Gesellschaftsformen nur einige. Und das war für mich auch eine Schwäche des Buches: es sind einfach zu viele Themen, die gleichzeitig auftreten und angerissen werden, bei denen dann aber einige viel zu kurz kommen und „hintenüber“ fallen.  

Die Hauptfiguren, also Hai und sein autistischer Cousin Sony, sind mir die ganze Zeit über eher fremd geblieben – dabei sind sie nicht schlecht gestaltet, dennoch haben sie sich keinen Platz in meinem Herzen ergattern können. Die Freundschaft zwischen Hai und Grazina ist sehr berührend, und mit Grazinas Schmerz konnte ich auch wirklich fühlen – wie Hai mit ihr umgeht, das wiederum hat mir gut gefallen. Sobald er aber im Diner ist, hat mich sein Handeln nicht sonderlich packen können. Die emotionalen Konflikte und inneren Kämpfe habe ich nicht gefühlt, und so hat mich leider auch die Geschichte nicht richtig gepackt. 

Den Einstieg in das Hörbuch fand ich aber großartig – und das liegt an Vuongs Schreibstil, der mich im ersten Kapitel beeindruckt hat: tiefgründig, poetisch und lyrisch. Die Gedanken von Hai in der Anfangsszene, in der er sich das Leben nehmen will, haben mich sehr berührt. Doch im Verlauf des Buches wurde mir der Stil zu banal – er hat das Ungewöhnliche verloren und wirkte auf mich zwar lebendig durch viele Dialoge, aber leider auch wie ein Standard-0815-Stil. 

Der Sprecher Fabian Busch hat insgesamt eine solide Leistung gebracht. Seine Stimmfarbe mochte ich und er liest engagiert, trotzdem hat auch er es nicht geschafft, mich mit der Geschichte zu fesseln. 

Insgesamt war ich daher leider eher enttäuscht. Die Themen sind vielversprechend, doch mich hat die Geschichte emotional nur selten berührt. Die Figuren bleiben zu distanziert, und der Schreibstil verliert seine Tiefe. Vielleicht aber hatte ich auch einfach zu hohe Erwartungen – ich bin aber sicher, dass das Buch seine Fans finden wird. 

WERBUNG: Vielen Dank an Netgalley und den Hörbuch-Hamburg-Verlag füpr die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 


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