Sarah Lorenz - Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken
Gegenwartsliteratur
Verlag: Argon Hörbuch
ISBN-13: 978-3-732-47812-5
Dauer: 332 Minuten
Erschienen: 11.03.2025
Sprecherin: Inka Löwendorf
Zum Inhalt
„Siehst du Mascha, ich bin deinem Rat gefolgt: ich war klug und hielt mich an Wunder.« Und es ist ja auch ein Wunder, dass Elisa ihr katastrophales Leben bisher immer noch gemeistert hat. Sie erzählt der von ihr so bewunderten Dichterin Mascha Kaléko leicht von schwierigen Dingen, von ihrer Zeit im Heim, obdachlos auf der Kölner Domplatte, immer auf der Suche nach Geborgenheit, die sie lange nur in Büchern fand. Aber auch von ihrer unbedingten Sehnsucht nach Liebe, von ihrer Vorliebe für kleine Reetdachhäuser, für schaumigen Cappuccino, für Bücher, von Männern, von Freundschaft und vor allem davon, dass alles möglich ist.“ (Quelle: Verlagsseite)
Meine Meinung
Das Buch wurde in meinem Lesekreis ausgesucht, und ich war gespannt, was es mir bringen wird – und so viel kann ich sagen: Viele durchaus triggernde Themen, einen eigenwilliger Schreibstil und eine Lyrikerin, die mich neugierig gemacht hat (und das, obwohl ich nur wenig Bezug zu Gedichten habe).
Im Mittelpunkt steht Elisa – auf einer langen Zugfahrt führt sie ein fiktives Zwiegespräch mit der Lyrikerin Mascha Kaléko. Dabei wirft sie schonungslose Blick zurück auf ihre bewegte Vergangenheit, ein Leben voll von Brüchen, Sehnsüchten und Überlebenswillen. Dabei gibt es einige prägnante Stationen ihres Daseins: Die Trennung der Eltern, die Zeit im Heim, Phasen der Obdachlosigkeit auf der Kölner Domplatte, toxische Beziehungen, Gewalterfahrungen, aber auch Momente der Liebe, Freundschaft und der zarten Hoffnung auf ein Zuhause.
Eins vorweg – es ist kein leichtes Buch. Obwohl der Stil vermeintlich locker und leicht ist, sind es die Themen gar nicht. Und ich hatte den Eindruck, dass es kaum etwas gab, was Elisa nicht erfahren musste – es geht um psychische Erkrankungen, sexuelle Gewalt, Drogenabhängigkeit, Identitätssuche, soziale Ausgrenzung, Krankheit, Tod. Vieles davon wird angerissen, weniges wirklich auserzählt – so entsteht der Eindruck eines episodenhaften Erzählens.
Elisa selbst ist keine Figur, die mir sympathisch ist. Sie ist sperrig, manchmal provokant, trifft Entscheidungen, die ich nicht nachvollziehen kann – und dadurch wirkt sie echt, und überhaupt nicht konstruiert. Obwohl sie mir nicht wirklich ans Herz gewachsen ist, hege ich doch großen Respekt in mir – ihren Mut konnte ich nur bewundern, ihre Fähigkeit, sich immer wieder selber aus allem Schlamassel zu ziehen, hat sie sicherlich gerettet und mich beeindruckt. Dass sie unperfekt, impulsiv und laut ist, wundert nicht.
Der Sprachstil ist sehr besonders, und ich bin sicher, dass er nicht jedem gefällt. Er ist locker, lässig und leicht, mit Wortneuschöpfungen und einer gehörigen Portion Ironie gespickt – und genau dieses lockere Spiel mit der Sprache, dieser leichte, mich irritierende Tonfall hat in meinen Augen die Schwere der Themen untergraben, sie fast verharmlost. Aber vielleicht auch erst das Aussprechen möglich gemacht.
Den Kapiteln vorangestellt sind immer Gedichte von Mascha Kaléko – nicht immer inhaltlich und emotional ganz passend, dennoch aber für mich bereichernd, denn eigentlich bin ich Lyrik nicht sehr zugewandt, diese Zeilen aber haben mich berührt und mir die Möglichkeit zum Innehalten und Durchatmen gegeben.
Inka Löwendorf als Sprecherin verleiht Elisa mit ihrer jungen Stimme ein glaubwürdiges Gesicht. Ihre Interpretation hat für mich die Figur noch greifbarer gemacht und viele Stimmungen des Textes sehr fein eingefangen. Gerade in den stilleren Momenten gelingt ihr ein Ton, der berührt, ohne sentimental zu werden.
Mein Fazit
Ein schonungsloses, eher episodenhaftes Buch, das viel verlangt – und viel zu sagen hat. Viele Themen werden nur angerissen und nicht auserzählt – vielleicht auch zum Glück, denn es gibt viele möglicherweise triggernde Themen, die angesprochen werden. Der Schreibstil ist besonders und hat für mich mit seiner Leichtigkeit nicht gut zu den Themen gepasst – dafür aber hallen die Gedichte von Mascha Kaléko bei mir immer noch nach, die jedem Kapitel vorangestellt sind.
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