Benjamin Wood - Der Krabbenfischer
Gegenwartsliteratur
Originaltitel: „Seascraper“ (Juli 2025)
Übersetzer: Werner Löcher-Lawrence
Verlag: Dumont Audio
ISBN-13: 978-3-755-81539-6
Dauer: 369 Minuten
Erschienen: 15.7.2025
Sprecherin: Raschid Daniel Sidgi
Zum Inhalt
„Longferry, England, Sechzigerjahre. Thomas Flett ist Anfang zwanzig und lebt mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen. Seinen Vater hat er nie kennengelernt. Die Schule hat er abgebrochen, er verdingt sich als Krabbenfischer: ein Handwerk, das ihn sein Großvater gelehrt hat. Niemand kennt das Meer und seine Gezeiten so gut wie Thomas. Früh am Morgen bei Niedrigwasser fährt er mit Pferd und Kutsche los, um sich den Unterhalt für den Tag zu verdienen, ein Leben von der Hand in den Mund. Heimlich lernt er Gitarre spielen und träumt von Joan, der Schwester seines besten Freundes. Aber für Träume ist kein Platz in Longferry
Als der amerikanische Regisseur Edgar Acheson in der Stadt eintrifft, wird Thomas’ vermeintlich einfaches Leben erschüttert. Er bekommt eine Ahnung von der großen, weiten Welt, davon, was da draußen auf ihn warten könnte, und schließt Freundschaft mit dem Mann, der in jeder Hinsicht anders ist als er. Ein Funke in ihm ist entzündet – aber nichts ist so, wie es scheint. Nur eines ist sicher: Am nächsten Morgen bei Niedrigwasser wird Thomas wieder dem Ruf des Meeres folgen.“ (Quelle: Verlagsseite)
Meine Meinung
Der Autor entführt ins England der 1960er Jahre, in den kleinen Küstenort Longferry. Hier lebt Thomas, Anfang zwanzig, zusammen mit seiner Mutter in einfachen Verhältnissen. Von seinem Großvater hat er das Krabbenfischen gelernt – ein harter, entbehrungsreicher Beruf, der sein Leben bestimmt. Täglich zieht er mit Pferd und Wagen ans Meer, kämpft gegen Wind, Kälte und Gezeiten. Doch in ihm schlummert die Sehnsucht nach etwas anderem: nach Musik, Freiheit und einem Leben jenseits dieses rauen Alltags. Als eines Tages ein amerikanischer Regisseur namens Edgar auftaucht und Thomas als ortskundigen Berater engagiert, scheint sich plötzlich alles zu verändern.
Ich fand den Einstieg in die Geschichte sehr gelungen. Die Atmosphäre ist dicht, fast greifbar, und ich konnte mir die raue Küstenlandschaft, das Meer, den Nebel und das einfache Leben dort unglaublich gut vorstellen. Benjamin Wood beschreibt diese Welt so bildhaft, dass ich beim Hören das Salz in der Luft förmlich schmecken konnte. Diese detailreichen Schilderungen – das Meer, die Arbeit, der Rhythmus der Gezeiten – haben mich sofort gepackt.
Besonders mochte ich, wie nah mir Thomas zu Beginn war. Ich konnte seine Müdigkeit, seine Träume, aber auch seine leise Resignation gut nachvollziehen. Seine Welt ist klein, der Autor schafft es aber, sie größer wirken zu lassen – durch Stimmungen, Bilder und innere Konflikte.
Allerdings hat mich die Geschichte verloren, als der Regisseur Edgar ins Spiel kam. Ab diesem Punkt wirkte die Handlung für mich weniger glaubhaft. Das Auftauchen dieses Charakters fand ich schon wenig glaubhaft, und was danach geschieht, fühlte sich zunehmend konstruiert und verwirrend an. Die klare, ruhige Erzählweise aus dem ersten Teil wich einer merkwürdigen Unruhe, so dass mich der Autor verloren hat. Auch das Tempo war plötzlich ein anderes – obwohl einiges passiert, fand ich es uninteressant und langatmig.
Raschid Daniel Sidgi als Sprecher hat mir dagegen sehr gut gefallen. Seine Stimme passt perfekt zur Stimmung des Romans – ruhig, eindringlich und mit viel Gefühl für Zwischentöne. Er bringt die melancholische Grundstimmung wunderbar rüber und macht das Hören angenehm und stimmungsvoll.
Mein Fazit
Das Buch beginnt stark: atmosphärisch, bildhaft und eindrucksvoll. Benjamin Wood fängt das Leben an der englischen Küste in den 1960ern meisterhaft ein. Doch die Geschichte verliert für mich ab der Mitte a Kraft und Richtung. Trotz des stimmungsvollen Beginns blieb am Ende das Gefühl, dass das große Potenzial dieser Geschichte nicht ganz ausgeschöpft wurde. Ein Hörbuch, das mir in der ersten Hälfte sehr gut gefallen hat, das mich dann aber leider völlig verloren hat.

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