[Rezension] Ulf Schiewe - "Der eiserne Herzog"

Ulf Schiewe - Der eiserne Herzog
Historischer Roman
 

ISBN-13: 978-3-785-72818-5
Seiten: 558 Seiten
Erschienen: 28.10.2022
Umschlaggestaltung: © Johannes Wiebel /punchdesign, München, unter Verwendung von Motiven von stok.adobe.com (liubov, vector Tradition, damiurg, thomas owen, Leoniek van der Vliet, Cameo, jessicahyde)

   
Buchrückentext
„Nur dank der Hilfe einiger weniger Getreuer konnte Guilhem als Kind die Verfolgung durch seine Widersacher überleben. Doch er hat sich durchgekämpft und als Herzog die Normandie behauptet. Als es ihm gelingt, den letzten Widerstand zu brechen, und sein Werben um die schöne Matilda erfolgreich ist, scheint er am Ziel all seiner Träume zu sein. Erst recht, als sein Onkel, König Eadweard von England, ihn überraschend zum Thronerben erklärt. Englands Krone – wer würde die ablehnen? Matilda aber hat größte Bedenken, denn Guilhem hat einen mächtigen Gegner: Harold Godwinson, dessen Familie ebenfalls Anspruch auf den Thron erhebt…“

Meine Meinung
Von Ulf Schiewe habe ich schon einige historische Romane gelesen und weiß daher, dass er Geschichte lebendig und anschaulich erzählen kann – und so war es auch in diesem Roman.

Das Buch spielt im 11. Jahrhundert. Im Mittelpunkt stehen Guilhem, später auch als Wilhelm, der Eroberer bekannt, sein Onkel Eadweard, König von England und der Adlige Harold Godwinson. Eadweard hat bestimmt, dass Guilhem sein Nachfolger werden soll, doch Harold sieht das anders. Und wer sich ein bisschen in englischer Geschichte auskennt, weiß, dass die ganze Szenerie in der berühmten Schlacht von Hastings münden wird. 

Ulf Schiewe hat das Talent, eine Geschichte plastisch und lebendig zu erzählen. Selbst die zum Teil doch komplizierten Verwandtschaftsverhältnisse und die damit verbundenen Anrechte auf Land und Titel bringt er dem geschichtlich nicht so bewanderten Leser nahe. Dabei schreibt er lebendig und authentisch, so dass ich mich gut einfühlen könnte. Ungewöhnlich ist, dass alles im Präsens geschrieben ist, und obwohl ich das oft nicht mag, hat es mich hier gar nicht gestört, ganz im Gegenteil - es hat mich nochmal mehr in die Geschichte gesogen. 

Die drei im Mittelpunkt stehenden historischen Persönlichkeiten sind wunderbar gezeichnet – es ist immer schwer, da ein gutes Maß an historischer Authentizität und Fiktion zu schaffen, Ulf Schiewe aber ist es in meinen Augen gelungen. Dabei ist keiner von ihnen einfach nur gut oder böse – ganz im Gegenteil. Gerade Harold und Guilhem, die ja nachher als Feinde gegeneinander kämpfen, habe beide gute und schlechte Seiten und sind ungemein sympathisch. Fühlbar hat der Autor ihre moralischen Bedenken dargestellt und – heute vielleicht nicht mehr nachvollziehbar – die Angst vor Bestrafung nach Brechen eines Eides. Hätten die beiden nicht auf unterschiedlichen Seiten gestanden, hätten sie auch gut Freunde werden können, aber die Zeit und politischen Verwicklungen haben sie nun mal zu Gegnern gemacht. 

Es geht um Liebe und Freundschaft, um politisches Kalkül, um Macht und Missbrauch – und das alles verwebt in eine spannende Geschichte, die dann in einem wirklich fulminanten Finale mündet. Gerade im letzten Drittel konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen, obwohl ich sonst kein großer Freund von der ausführlichen Darstellung von Schlachten bin. Aber Ulf Schiewe hat die verschiedenen Erzählstränge so geschickt miteinander verwebt, dass es sehr spannend wird und auch bleibt. Dabei ist er nicht zimperlich in der Beschreibung der Kämpfe und trifft damit vermutlich genau ins Schwarze; denn im Mittelalter ging es nun mal grausam und blutig zu. Genauso aber versteht er sich in leiseren Tönen und kann auch den Alltag in einem mittelalterlichen Dorf oder das Burgleben gut und lebendig darstellen. 

Als Leser begleitet man sowohl Guilhelm in der Normandie, wo er versucht, sein Reich zu vereinen und Frieden zu halten, wie auch Eadweard, der in England regiert, dann aber zunehmend altert, so dass der Clan der Godwins seine Chance sieht, den Thron zu übernehmen, allen voran Harold Godwinson. Durch die unterschiedlichen Perspektiven konnte ich mich gut in die verschiedenen Figuren hineinversetzen und so ihr Handeln besser nachvollziehen.

Anfangs fand ich die Namen etwas verwirrend, denn der Autor hat sich für den Gebrauch der historisch korrekten Namen entschieden – dadurch wird der Roman natürlich nochmal authentischer. Und kommt man doch mal durcheinander, hilft ein vorangestelltes Orts- und Personenregister, die Figuren wieder einzuordnen.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und vor allem die zunehmende Spannung sehr gemocht. An manchen Stellen war es mir zu brutal und blutig, auch wenn es das Mittelalter so richtig darstellt. Ich gebe daher 4,5 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Wieder ein gelungener historischer Roman von Ulf Schiewe, in dem es um die Kämpfe der Krone Englands im 11. Jahrhundert geht. Der Roman ist lebendig und vor allem spannend, an vielen Stellen auch grausam und blutig – zimperlich sollte man also nicht sein. Die Charaktere sind sehr gut gezeichnet, so dass ich mit ihnen gefiebert habe. Das große Finale hat mir dann besonders gefallen – ich gebe dem Buch 4,5 von 5 Sternen.


~~ Das Buch ist Gewinner des Silbernen HOMER 2023 ~~

WERBUNG: Vielen Dank an den Autor Ulf Schiewe und den Bastei-Lübbe-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

6 Kommentare:

  1. Hi Sabine!

    Freut mich dass dich der nächste historische Roman von Ulf Schiewe auch wieder so begeistert hat! Mich haben ja die beiden, die ich ausprobiert habe, leider etwas enttäuscht und ich bin jetzt nicht so scharf darauf, nochmal was auszuprobieren.
    Wobei ja die beiden, die ich gelesen habe, etwas anders waren - der eine spielte ja sehr viel früher, war also vielleicht ein bisschen ein Experiment, grade weil man von der Zeit ja so gut wie nichts weiß. Der andere war eher ein Episodenroman, eine Reise durch die Zeit.
    Vielleicht hab ich ja irgendwann doch mal Lust, einen "richtigen" Mittelalterroman von ihm zu lesen :)

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es dir gefällt, weil es sehr lebendig geschrieben ist. Aber ich weiß, was du meinst - gerade bei dem "sehr frühen Buch". :-) Ein Episodenroman - da wüßte ich jetzt auch nciht, ob das für mcih wäre; aber ich weiß gar nicht, welchen du meinst; da recherchiere ich mal!

      LG Sabine

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    2. Das war "Land im Sturm", das hatte mir halt leider auch nicht so gefallen.

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    3. Das kenne ich gar nicht - schaue ich mir aber mal an. LG

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  2. Liebe Sabine,
    schön, dass dir auch "Der letzte Herzog" so gut gefallen hat. ich mag die Bücher von Ulf Schiewe sehr. Ich habe das Buch ja auch erst rezensiert...
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Dann muss ich gleich mal zu dir rüber schauen. :-) Ja - er entwickelt sich bei mir immer mehr zu einem Liebliungsautor!

      LG Sabine

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