14. Dezember 2024

[Rezension] Jaap Robben - "Kontur eines Lebens"

Jaap Robben - Kontur eines Lerbens
Gegenwartsliteratur, 2 Zeitebenen
 

Originaltitel: „Schemerleven“ (2022)
Übersetzerin: Birgit Erdmann
ISBN-13: 978-3-832-16818-6
Seiten: 336 Seiten
Erschienen: 15.8.2023
Umschlaggestaltung: Lübbeke Naumann Thoben, Köln 

   
Zum Inhalt
„Die junge Floristin Frieda wächst in den Sechzigerjahren in einem streng katholischen Umfeld auf. Als sie an einem späten Winternachmittag einen zugefrorenen Fluss betritt, weiß sie nicht, dass sich gleich alles für sie verändern wird. Auf dem Eis trifft sie den verheirateten Otto. Sie erleben eine Liebe, die stürmisch beginnt und schicksalhaft endet: Frieda wird schwanger – ein Skandal in der Welt, in der sie sich bewegt. Und so darf sie ihrem heimlichen Kind nie Mutter sein. Jahrzehntelang behält sie die Erinnerungen an diese Episode ihres Lebens für sich. Doch als sie mit über achtzig Jahren in ein Pflegeheim zieht, beginnt sie, sich ihnen zu stellen und sie zu teilen.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich schiebe die Rezension zu diesem Buch schon eine Weile vor mir her, weil ich meine Meinung nicht so recht in Worte zu fassen weiß. Ich hatte den Autor auf der Leipziger Buchmesse kennengelernt und war fasziniert von dem, was er dort erzählte – im Buch dauert es dann ein eine Zeit, bis genau dieses Thema aufkommt. Unabhängig davon ist es aber eine berührende und aufwühlende Geschichte. 

Frieda kommt mit über 80 Jahren in ein Pflegeheim und überdenkt ihr Leben – es ist geprägt von Liebe, Verlust und vor allem von gesellschaftlichen Zwängen, die ihr einiges abverlangt haben. Gemeinsam mit ihrem Sohn versucht sie, manch ungeklärte Frage zu beantworten, doch das ist nicht immer leicht. 

Was zunächst als Liebesgeschichte beginnt, endet später in einem emotionalen Desaster. Frieda verliebt sich in den falschen Mann – und in den 1960er Jahren sind die gesellschaftlichen Normen in den Niederlanden noch sehr streng. Das engt nicht nur Frieda in nahezu allen Bereichen ein – angefangen von der verbotenen Liebe, dem Verlust genau dieser, dem Problem, als „gefallene“ Frau sich selber zu versorgen und unverheiratet schwanger zu sein – sondern verlangt auch dem Leser einiges ab. Während die erste Hälfte eher noch unterhaltsam ist, fand ich die zweite Hälfte dann harten Tobak. 

Die Figur der Frieda ist sehr gut gestaltet, vor allem authentisch; denn sie ist nicht immer nur die „arme, vom Leben gebeutelte Frau“, sondern hat auch eine starke Meinung, mit der sie immerfort aneckt - man könnte sie auch als Dickkopf bezeichnen. Auch ihre Wutanfälle waren mir unheimlich – so aber ist sie zu einer sehr glaubwürdigen Figur geworden. Gefallen hat mir der Rahmen der Geschichte – denn es sind Erinnerungen, denen Frieda nachgeht. Und so wechseln die Erzählebenen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. 

Wütend gemacht haben mich diese damals geltenden Konventionen – und wenn ich darüber nachdenke, dass es noch gar nicht so lange her ist, macht mich das noch mal zorniger. Kaum zu glauben, dass all das, was Frieda erleben musste, gerade mal gute 50 Jahre her ist. 

Der Schreibstil von Jaap Robben ist auf der einen Seite klar und auch eher einfach, trotzdem aber fängt er die besonderen Atmosphären immer gut ein – mal ist es Wehmut, mal Liebe, häufig auch Schmerz und Trauer. Trotz der klaren Sprache wirkt sie aber oft auch poetisch – und lässt dem Leser viel Raum für eigene Gedanken.   

Ich habe das Buch gerne gelesen, auch wenn es etwas braucht, um zum eigentlichen Kern zu gelangen. Auf jeden Fall ein emotionales Buch, das mich nachdenklich zurückgelassen hat und das auch immer noch bei mir nachhallt. 

Fazit
Eine berührende Geschichte, in der eine starke junge Frau in den Niederlanden der 1960er Jahre durch die damaligen gesellschaftlichen Normen geprägt und vor allem auch eingeschränkt wird. Ein emotionales Buch, das grade in der zweiten Hälfte sehr berührend und melancholisch ist, das aber auch zum Nachdenken anregt. 

WERBUNG: Vielen Dank an en Dumont-Verlag und den Autor Jaap Robben für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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