20. September 2021

[Rezension] Melanie Metzenthin – "Die Hafenschwester: Als wir an die Zukunft glaubten"

Melanie Metzenthin – Die Hafenschwester: Als wir an die Zukunft glaubten (Hafenschwester #3)
Historischer Roman, Familiensaga
 

Verlag: Diana-Verlag
ISBN-13: 978-3-453-29246-8
Seiten: 704 Seiten
Erschienen: 30.8.2021
Umschlaggestaltung: FAVORITBÜRO, München
Umschlagabbildung: © Stephen Mulcahey /Trevillion Images

   
Buchrückentext
„Der erste Weltkrieg ist zu Ende. Martha und Paul haben während der Inflation 1923 alle Ersparnisse verloren und die finanzielle Lage ist prekär. Ihre Tochter Ella will unbedingt Ärztin werden, muss ihren Traum jedoch zunächst auf Eis legen und die Familie unterstützen. Sie tritt in die Fußstapfen ihrer Mutter und beginnt eine Schwesternausbildung. Dann kommen die Nazis an die Macht. Ella fiebert dem Studium entgegen, doch die Einschreibung an der Universität wird ihr untersagt. Als die Familie in eine schreckliche Lage gerät, ruhen alle Hoffnungen auf dem jüngsten Sohn Fredi. Er macht bei der Mordkommission Hamburg Karriere. Und lässt sich auf einen gefährlichen Pakt mit der Gestapo ein…“

Meine Meinung
Der dritte und damit  letzte Band der Hafenschwester-Reihe – wieder eine packende Geschichte, die sich rund um die Hafenschwester Martha spinnt und die in der düsteren Zeit des Nationalsozialismus spielt. 

Martha und Paul leiden nach dem ersten Weltkrieg wie alle anderen unter der Hyperinflation. Das Geld ist nichts mehr wert, die Ersparnisse sind weggeschmolzen und die Zukunft ihrer Kinder Rudi, Fredi und Ella ist ungewiss. Doch nicht nur die finanzielle Not drückt, auch politisch ist einiges im Gange, was die Bevölkerung immer mehr entzweit. Rudi will unbedingt Anwalt werden, Ella träumt von einem Medizinstudium und Fredi findet seinen Platz bei der Polizei. Doch keines der Kinder kann seinen Traum so einfach verwirklichen, denn die Nazis kommen an die Macht und machen allen das Leben schwer.

Ich bin gut in die Geschichte reingekommen und war sehr neugierig, wie es mit Martha weitergeht. Schnell zeichnet sich ab, dass diesmal aber ihre Kinder im Mittelpunkt stehen, was die Geschichte aber nicht minder spannend macht. 

Rudi hat zwar ein hohes Ziel, nämlich Anwalt zu werden, aber er hat auch einen sehr lockeren Lebenswandel, was ihm nicht nur zuhause einiges an Unmut einbringt, sondern auch seinen Lebensweg maßgeblich beeinflusst. Ohne seine Familie wäre er einige Male verloren gewesen, und es ist toll zu lesen, wie sehr sie alle füreinander einstehen. Rudi ist zwar vordergründig sympathisch, aber an mancher Stelle ist er wirklich gemein und egoistisch, so dass ich oft auch wütend auf ihn war. Ganz anders sind da die beiden anderen Geschwister – Ella als Küken hat es aus meiner Sicht am schwersten. Als Frau muss sie in diesen Zeiten immer wieder einstecken und ihre Träume begraben, und obwohl sie eine wirklich starke Persönlichkeit ist, sich den damaligen Konventionen entzieht und beständig an ihren Vorstellungen vom Leben festhält, muss sie immer und immer wieder einstecken – das machte mich als Leser traurig, aber auch zornig. Fredi ist ganz anders als seine beiden Geschwister – er gründet eine eigene kleine Familie und geht zur Polizei. Fredi kommt in diesem Buch eine sehr besondere Rolle zu – ihn habe ich wirklich bewundert, für das, was er tut und wie er sich engagiert und das, obwohl er an vielen Stellen gegen seine eigenen hohen moralischen Vorstellungen verstößt.

Die Spannung in der Geschichte baut sich langsam auf – im ersten Drittel geht es eher noch ruhig zu, und man erfährt viel über die damaligen Lebensumstände. Mit den politischen Umbrüchen und der zunehmenden Macht der NSDAP aber wird es immer spannender, und das letzte Drittel liest sich schon fast wie ein Krimi. Dabei ist der Schreibstil gewohnt lebendig und leicht lesbar, so dass die Seiten rasch dahinfliegen. Es gibt viele Überraschungen und Wendungen, mit denen ich nicht gerechnet habe, dabei aber ist nicht immer nur alles gut und toll, ganz im Gegenteil – die Zeit forderte auch schon mal zweifelhafte Handlungen, die eigentlich zu verurteilen sind, die aber der seinerzeit herrschenden Ungerechtigkeit und vor allem Machtlosigkeit des „kleinen Mannes“ geschuldet sind. Melanie Metzenthin konnte die Atmosphäre sehr gut einfangen, diese Ungewissheit und Unbeständigkeit, gepaart mit Furcht und Angst. Keiner war sich seiner sicher, und keiner wusste, ob der andere ihm wirklich wohlgesonnen war – umso wichtiger ist der Zusammenhalt einer Familie; und dies hat mich auch beeindruckt in dieser Geschichte, dass man trotz aller Widrigkeiten gemeinsam doch einiges bewegen kann und es mehr Widerstand gab, als es auf den ersten Blick zu sehen gibt.

Es gibt aber auch einen Punkt, der mir gar nicht gefallen hat. Das Buch behandelt eine Zeitspanne von etwa zwanzig Jahren – eine ganz schön lange Zeit, in der ja eine Menge geschieht. Da musste sich die Autorin einige Themen rauspicken, die sie in den Vordergrund rückte, andere dagegen wurden nur im Nebensatz erwähnt und waren damit „abgehandelt“. So spannend sie die ihr wichtigen Themen schildert, so sehr habe ich mich bei den anderen an einen oberflächlichen Bericht erinnert gefühlt, ganz nach dem Motto „tell, don’t show“; dabei sollte es - zumindest in meiner Vorstellung - ja andersherum sein. Da wäre mir lieber gewesen, man wäre nicht bei einer Trilogie geblieben, sondern hätte noch einen vierten Band geplant – denn Stoff für einen weiteren spannenden und interessanten Plot hätte es reichlich gegeben. 

Trotzdem habe ich das Buch sehr gerne gelesen – toll war auch, dass uns die Autorin in einer kleinen, aber sehr feinen Leserunde begleitet hat und wir so eine ganze Menge an Hintergrundinformationen bekommen haben, die hilfreich waren und manches auch in ein neues Licht gerückt haben. Ich gebe 4 von 5 Sternen und empfehle die Reihe sehr gerne weiter!
 
Mein Fazit
Wieder ein spannender Band rund um die Hafenschwester Martha, wobei diesmal ihre drei Kinder in den Mittelpunkt rücken. Die politischen Umbrüche beherrschen die Zeit und bedürfen auch schon mal ungewöhnlicher Maßnahmen. Es war spannend, aber auch lehr- und aufschlussreich, und durch den lockeren Schreibstil bin ich durch die Seiten geflogen. Ich gebe diesem Abschlussband 4 von 5 Sternen.

Die Hafenschwester
3. Als wir an die Zukunft glaubten

WERBUNG: Vielen Dank an den Diana-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

2 Kommentare:

  1. Liebe Sabine,
    nochmals vielen Dank, dass du mit mir gemeinsam gelesen hast. Ich habe die kleine LR genossen. Mir hat das Buch noch eine Spur besser gefeallen ;)
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Sehr gerne, liebe Martina,m ich finde Leserunden immer sehr bereichernd. :-) Also gerne immer wieder.

      LG Sabine

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