[Rezension] Siân Hughes - "Perlen"

Siân Hughes - Perlen

Gegenwartsliteratur
 

 Originaltitel: „Pearl“ (2023)

 Übersetzerin: Tanja Handels

 Verlag: Dumont Audio

 ISBN-13: 978-3-755-81520-4

 Dauer: 400 Minuten

 Erschienen: 13.5.2025

 Sprecherin: Wiebke Bierwag

   

Zum Inhalt

„Marianne ist acht Jahre alt, als ihre Mutter verschwindet. Sie bleibt mit ihrem Bruder Joe und ihrem Vater in einem Haus am Rande eines kleinen Dorfes zurück, neben dem ein Fluss entspringt. Die bruchstückhaften Erinnerungen an die Liebe ihrer Mutter geben ihr Kraft: der Duft frischer Kräuter, die Spiele, die sie spielten, die Lieder und Märchen aus ihrer Kindheit, die in Mariannes Fantasie weiterleben. Doch da ist so vieles, das verborgen liegt im Dunkel ihrer eigenen Geschichte. Die drängendste Frage: Warum ist ihre Mutter gegangen, wie hat sie Marianne nur zurücklassen können?

Die abwesende Mutter begleitet sie durch ihre gesamte Kindheit und Jugend, bleibt auch bei ihr, als sie längst erwachsen ist. Erst Jahre, nachdem sie selbst eine Tochter bekommen hat, beginnt Marianne, sich auf die Spur ihrer Erinnerungen zu begeben und stößt auf ein Geheimnis.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung

Ich bin zufällig auf dieses Buch aufmerksam geworden und wurde nicht enttäuscht – es ist ein eindrucksvoller Debütroman, der weniger durch Action und Spannung als denn durch leise, aber wertvolle Töne glänzt. 

Marianne ist acht Jahre alt, als ihre Mutter verschwindet - mitten am Tag, ohne Abschied, ohne Erklärung. Es bleibt nur eine Spur im Schlamm am Flussufer – ein mutmaßlicher Suizid, der nie bestätigt wird, da keine Leiche gefunden wird. Zurück bleiben Vater, Tochter und der junge Sohn, alle gezwungen, mit dem Unerklärlichen zu leben. Der nun alleinerziehende Vater bemüht sich liebevoll, Halt zu geben, doch eine Lücke bleibt spürbar. Nun blickt die erwachsene Marianne, selber Mutter, auf ihre Kindheit und Jugend zurück, die maßgeblich von der Abwesenheit der Mutter geprägt ist. 

Es ist ein Buch der leisen Töne, und es ist vor allem die Sprache, die mich als Hörer in den Bann gezogen hat: Sie ist leicht und dennoch poetisch, unaufdringlich und dennoch schön. Jedes Kapitel wird von englischen Kinderreimen eingeleitet – viele davon mit dunklem Unterton: Sie stammen aus Mariannes Kindheit, haben ihrer Mutter etwas bedeutet, was, kann Marianne aber erst als Erwachsene wirklich ahnen. 

Die Autorin hat sehr feinfühlig verschiedene Situationen beschrieben – das Verschwinden der Mutter, wie bedeutsam diese Lücke ist, die sie hinterlassen hat, die Ängste und Nöte der zurückgebliebenen Familie und schließlich auch das Verständnis, dass ein Suizid zwar Entlastung für den Betroffenen bieten kann, für die Hinterbliebenen meist aber mit einem anhaltenden Schuldgefühlt verbunden ist. 

Marianne wurde sehr geprägt von diesem Verlust der Mutter, und Zeit ihres Lebens reflektiert sie das Verschwinden. Was ihr als Kind und Jugendliche unerklärlich ist, wird als Erwachsene dann doch greifbarer. Und so kann sie nach vielen Jahren dann doch etwas wie Frieden für sich finden. 

Das Buch hat als Hörbuch sehr gut funktioniert, was sicher auch an der Sprecherin Wibke Bierwag liegt, die die Intensität mit ihrer ruhigen Stimme sehr gut einfangen konnte. Ihre Interpretation ist feinfühlig und lässt die leisen Zwischentöne der Geschichte gut zur Geltung kommen.

Es ist kein Buch, das durch äußere Handlung fesselt – Spannung entsteht nicht durch Ereignisse, sondern durch die seelische Tiefe der Figuren. Und durch viele leise, aber intensive und eindringliche Zwischentöne.  

Mein Fazit

Ein stilles, klug komponiertes Buch über Trauer, Mutterschaft und das Weiterleben mit offenen Fragen. Für alle, die gerne zwischen den Zeilen hören und lesen, ist dies ein bewegendes und vor allem lohnendes Erlebnis.

WERBUNG: Vielen Dank an den Dumont-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.