Christian Schünemann - Bis die Sonne scheint
Zwei Zeitebenen
Verlag: Diogenes-Verlag
ISBN-13: 978-3-257-69608-0
Dauer: 390 Minuten
Erschienen: 21.5.2025
Sprecher: Markus Meyer
Zum Inhalt
„Es ist das Jahr 1983. Daniel steht kurz vor seiner Konfirmation und träumt von blauem Samtsakko und grauer Flanellhose. Doch seit er die Eltern belauscht hat, schwant ihm, dass daraus nichts wird. Hormanns sind pleite und wissen nicht mehr, wie sie die sechsköpfige Familie über die Runden bringen sollen. So erfinderisch die Eltern auch sind, eines können sie nicht: mit Geld umgehen. Was sie dagegen beherrschen: den Schein wahren, selbst als der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht.“ (Quelle: Verlagsseite)
Meine Meinung
Christian Schünemann entführt in die 1980er Jahre – da ich selber ein Kind der 1980er bin, war ich natürlich gespannt, ob er die Atmosphäre gut treffen wird.
Im Mittelpunkt steht eine in Westdeutschland lebende Familie, die in finanzielle Not gerät und dadurch langsam ihren sozialen Status verliert. Erzählt wird die Geschichte aus Sicht des Sohnes, beginnend im Jahr 1983, seinem Konfirmationsjahr. Aus seiner fast noch kindlichen Perspektive erlebt man, wie finanzielle Sorgen, familiäre Spannungen und gesellschaftlicher Druck die Familie immer mehr belasten. Dabei scheint das Wichtigste zu sein, nach außen nicht das Gesicht zu verlieren - und das hat es für mich schwer greifbar gemacht.
Parallel zu der Handlung in den 1980ern gibt es immer wieder Rückblenden in das Leben der Großeltern. Sie erzählen von Krieg, Flucht, Entwurzelung und Neubeginn – und liefern den Hintergrund dafür, wie die Eltern zu denen wurden, die sie sind.
Diese zweite Zeitebene ist durchaus spannend erzählt und für sich genommen lebendig – gerade hier hat mich der Roman teilweise mehr gepackt als in der Gegenwart. Gleichzeitig bleibt die Verbindung zur Hauptgeschichte lose. Erst im Nachwort wird deutlich, dass der Roman autobiografische Züge trägt – das wirft ein anderes Licht auf die Struktur, macht sie aber nicht zwingend stimmiger.
Die Erzählweise in der 1980er-Ebene ist eher langsam, dafür aber wird die Atmosphäre dieser Zeit oft sehr schön eingefangen – in kleinen Beobachtungen, in beiläufigen Dialogen, in Alltagsgesten, die mich dann an meine eigene Kindheit erinnert haben. Leider war dieses Gefühl aber immer nur punktuell und hat mich nicht durchgängig in dieser Zeitebene begleitet.
Die Figuren sind eher zurückhaltend gezeichnet und mir dadurch die ganze Zeit über eher fremd geblieben. Dabei kommt mir der kindliche Erzähler noch am nächsten – seine Eltern sind für mich gar nicht fassbar, und ihre Konflikte bleiben unter der Oberfläche. Die Großeltern sind wiederum greifbarer, sicher auch, weil sie mehr Raum bekommen haben und durch die Schilderungen ihrer Erlebnisse nahbarer waren.
Der Schreibstil ist ruhig, flüssig, gerade der Ton des kindlichen Erzählers ist gut getroffen. Der Sprecher Markus Meyer passt mit seiner Stimmfarbe zum Ich-Erzähler, ist insgesamt aber eher neutral. Insgesamt war das Hörbuch unterhaltsam, wird mir aber eher nicht lange in Erinnerung bleiben.
Mein Fazit
Es ist eine ruhige Geschichte, in der es einen Erzählstrang in den 1980er Jahren gibt, deren Atmosphäre gut eingefangen wurde, und einen zur Kriegs- und Nachkriegszeit, in der die Großeltern des kindlichen Ich-Erzählers ihr Erleben schildern. Ich habe das Hörbuch gerne gehört und fand es kurzweilig und unterhaltsam – lange im Gedächtnis wird es mir aber eher nicht bleiben.
WERBUNG: Vielen Dank an Netgalley und den Diogenes-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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