10. Juli 2024

[Rezension] Gaea Schoeters - "Trophäe"

Gaea Schoeters - Trophäe
Gegenwartsliteratur
 

 Originaltitel: „Trofee“ (2020)
 Übersetzerin: Lisa Mensing
 Verlag: Zsolnay-Verlag      
 ISBN-13: 978-3-552-07388-3
 Seiten: 256 Seiten
 Erschienen: 19.2.2024
 Umschlag: Anzinger und Rasp, München
 Motiv: Anzinger und Rasp, KI-generiert/Midjourney 

   
Zum Inhalt
„Hunter, steinreich, Amerikaner und begeisterter Jäger, hatte schon fast alles vor dem Lauf. Endlich bietet ihm sein Freund Van Heeren ein Nashorn zum Abschuss an. Hunter reist nach Afrika, doch sein Projekt, die Big Five vollzumachen, wird jäh von Wilderern durchkreuzt. Hunter sinnt auf Rache, als ihn Van Heeren fragt, ob er schon einmal von den Big Six gehört habe. Zunächst ist Hunter geschockt, aber als er die jungen Afrikaner beim flinken Jagen beobachtet …“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Auf der Leipziger Buchmesse war mir das Buch empfohlen worden – das Thema hat mich neugierig gemacht, so dass ich es mit meinem Buchclub gelesen habe. Sprachlich hat mich das Buch wirklich umgehauen, die moralische Komponente hat mir viel Kopfzerbrechen bereitet, und Gedanken rund ums Buch haben mich lange begleitet. 

Hunter White ist Trophäenjäger – für seine afrikanischen „Big Five“ fehlt ihm nach Löwe, Leopard, Büffel und Elefant nur noch das Spitzmaulnashorn. Sein Freund und Jagdpartner Van Heeren macht mit der Großwildjagd in Afrika ein gutes Geschäft und bietet auch Hunter ein Nashorn zur Jagd an. Als es auf der Pirsch dann aber zu einem Problem kommt, schlägt Van Heeren ihm ein anderes Geschäft vor; ein Geschäft, dass Hunter an seine moralischen Grenzen führt, denn nun soll er einen Menschen jagen. 

Schon das Thema Großwildjagd ist ein spannendes und sicher auch ein polarisierendes. Die Jagd aber nun auf einen Menschen auszudehnen mit Argumenten, die moralisch äußerst schwierig sind, ist dann aber noch mal ein anderes Thema. Mir hat sehr gefallen, wie Van Heeren und Hunter miteinander diskutieren und wie sich jeder seine Argumente passend zurechtlegt. Die beiden philosophieren geradezu über das Thema und auch als Leser kann man sich eigenen Gedanken über moralische und ethische Grenzen nicht entziehen. Neben diesen philosophischen Gesprächen gibt es aber auch viele realistische Beschreibungen dessen, was geschieht. Sprachlich ist das Buch ein wahrer Genuss – die Autorin weiß, mit Worten umzugehen, kann die Stimmung und Atmosphäre hervorragend einfangen und hat vor allem Bilder in meinem Kopf erschaffen. Durch wirklich packende Beschreibungen habe ich mich als Teil der Jagd gefühlt, konnte die Farben vor Augen sehen, hatte vermeintliche Gerüche in der Nase und Geräusche im Ohr. Und so gelungen die Beschreibung gerade von Land und Leuten ist, so detailliert ist sie dann aber auch bei der Jagd – wer also Probleme hat mit blutigen Großwildszenen, der sei hier gewarnt, denn auch diese werden farbgewaltig und detailliert beschrieben. 

Gerade die erste Hälfte lebte für mich vor allem durch diese bildgewaltigen Szenen, in der zweiten Hälfte ist der Stil zwar weiter so intensiv, hier aber baut sich dann zusätzlich noch eine Spannung auf, denn im wahrsten Sinne kommt es zu dem Wettlauf mit dem Tod. Und als Leserin war ich sehr gefangen darin, wer am Schluss „gewinnen“ wird – mehr sagen dazu möchte ich nicht, denn dann würde ich spoilern. 

Das Buch hat mich also auf ganz verschiedenen Ebenen packen können – und trotz des moralischen Dilemmas, das ich hatte, kann ich gar nicht anders, als das Buch als großartig zu empfinden. Ich bin sicher, dass der Roman polarisiert, mich hat er abgeholt, moralisch an Grenzen gebracht und letztlich dann doch begeistert. 

Mein Fazit
Ein sprachgewaltiges Buch voller Atmosphäre und tollen Bildern, moralisch dagegen ein herausforderndes Thema – schon allein Großwildjagden sind thematisch eine Herausforderung, was aber, wenn dann auch noch ein Mensch gejagt werden soll? Für mich ein Buch, dass mich sprachlich begeistert und inhaltlich herausgefordert hat. 

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