21. Mai 2024

[Rezension] Salih Jamal - "Das perfekte Grau"

Salih Jamal - Das perfekte Grau
Gegenwartsliteratur
 

 Verlag: btb-Verlag
 ISBN-13: 978-3-442-77348-0
 Seiten: 240 Seiten
 Erschienen: 15.5.2024
 Ersterscheinung: 18.1.2021
 Umschlaggestaltung: semper smile, München
 Umschlagabbildung: © Plainpicture /Alexander Keller; Shutterstock /leethegeek, metamorworks, ASDF_MEDIA

   
Buchrückentext
„Eine junge Frau, eine ältere Dame, ein afrikanischer Flüchtling und ein Tagedieb treffen in einem heruntergekommenen Hotel an der Ostsee aufeinander. Sie sind wie das Hotel renovierungsbedürftig und versuchen ihre Risse zu kaschieren. Und alle sind sie auf die eine oder andere Weise auf der Flucht, vor den inneren Dämonen oder der Polizei. Als sie sich tatsächlich gemeinsam auf eine Reise ins Ungewisse begeben, offenbaren sie sich ihre Geheimnisse. Aus dem gegenseitigen Mitgefühlt entsteht Fürsorge und letztendlich Freundschaft.“ 

Meine Meinung
Rofu, Mimi, Novelle und Ich-Erzähler Dante sind vier ganz unterschiedliche Menschen, die in einem maroden Hotel an der Ostsee aufeinandertreffen. Alle befinden sich in irgendeiner Weise auf der Flucht: Dante vor sich selbst und der eigenen Vergangenheit, Mimi vor der Polizei, Novelle vor dem eigenen Schmerz und Rofu aus seiner Heimat. Langsam und vorsichtig tasten sie sich aneinander an, um sich dann auf einen Roadtrip zu begeben mit unbekanntem Ziel – aber mit interessanten Begegnungen und bereichernden Erkenntnissen. 

Ich habe schon Bücher von Salih Jamal gelesen und weiß von seiner Sprachgewalt und seinem Gefühl, mit Worten umzugehen – und so ist es auch diesmal. Die Geschichte beginnt relativ ruhig – Dante erzählt von dem Hotel, in dem er arbeitet, von Mimi und Rofu, die schon länger dort sind und von Novelle, die als Letzte in die Runde kommt. Ein bisschen lernt man die vier schon kennen – immer durch Dantes Brille, der alles erzählt, erst aber, als sie sich gemeinsam und ein bisschen unfreiwillig auf einen Roadtrip begeben, kommt man ihnen noch näher und erfährt so Hintergründe und Motivation für den Trip. Nicht nur der Roadtrip selber mit den ganzen zum Teil skurrilen Erlebnissen, auch die unterschiedlichen Lebensgeschichten der vier bringen richtig Fahrt in die Geschichte. Man könnte Sorge haben, dass zu viele Themen angerissen werden, dem Autor ist es aber gelungen, genau so viel zu sagen, wie notwendig ist, und gleichzeitig den Fokus zu legen auf das Ziel aller vier: Die Sehnsucht, endlich irgendwo anzukommen. Manche Themen machen betroffen, andere regen zum Nachdenken an und doch gibt es auch immer eine Leichtigkeit, die zumindest mich hat schmunzeln lassen – wirklich ein Balanceakt, der in meinen Augen gelungen ist und mir sehr gut gefallen hat. 

Die Charaktere sind fernab jeglicher Stereotypen, sehr speziell und dennoch authentisch – eins ist ihnen aber gemein: Sie bleiben im Kopf. Ich kann nicht sagen, dass ich mich mit einem identifizieren konnte, dennoch aber gibt es bei jedem Gedanken und auch Handlungen, die ich absolut nachvollziehen konnte. 

Beeindruckend ist wieder die Sprache – sie ist gut zu lesen, voller toller Metaphern, die Bilder im Kopf erzeugen und oft Dinge auf den Punkt bringen,  ohne dass es aber kitschig oder blumig ist. Und dann gibt es aber genauso auch Passagen, die einfach nur unterhalten und Spaß bringen beim Lesen – eine wirklich gelungene Mischung. 

Das Ende hat mich überrascht und gute Impulse gesetzt – für mich ein guter Abschluss, der keiner weiteren Erklärung bedarf, der aber auch Spielraum für eigene Interpretation setzt. Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen und empfehle es daher unbedingt weiter.

Mein Fazit
So unterschiedlich die vier Hauptfiguren sind, haben sie dennoch bei ihrem Roadtrip ein gemeinsames Ziel: Endlich irgendwo anzukommen und nicht weiter ein Leben auf der Flucht zu leben. Ich mochte die Mischung aus ernsten Themen, Passagen, die mich zum nachdenken gebracht haben und Kapitel, die einfach nur unterhaltsam sind. Besonders ist wieder die Sprache, mit vielen tollen Bildern und einem ganz eigenen Sog – ich bin völlig abgetaucht in die Geschichte und empfehle sie daher unbedingt weiter. 

WERBUNG: Vielen an den btb-Verlag für die Bereitstellung des Rezensinsexemplars.

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