28. Mai 2024

[Rezension] Doris Knecht - "weg"

Doris Knecht - weg
Gegenwartsliteratur
 

Verlag: GoyaLit-Verlag  
ISBN-13: 978-3-833-74025-1
Dauer: 439 Minuten
Erschienen: 25.3.2019
Sprecherin: Oda Thormeyer

   
Buchrückentext
„Zwei auf einer Reise mit unbekanntem Ziel: Eine Frau und ein Mann, die sich kaum kennen und nicht besonders mögen, die ganz unterschiedlich leben. Dieser Mann und diese Frau machen sich gemeinsam auf die Suche, nach dem einzigen, was sie im Leben gemeinsam haben: eine Tochter. Schon erwachsen. Und plötzlich verschwunden. Heidi verlässt ihr Kleinbürgerparadies bei Frankfurt, Georg seinen österreichischen Landgasthof, wo sie mit ihren neuen Familien leben. Im Flugzeug, auf Booten und auf Mopeds reisen sie durch Vietnam und Kambodscha den Hinweisen auf ihre Tochter hinterher. Die Hindernisse, die sich ihnen in den Weg stellen, stecken auch nicht zuletzt in ihnen selbst, in ihrer Vergangenheit, in der Unfähigkeit, sich der Gegenwart zu stellen.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Doris Knecht hat eine sehr eigene Art, Geschichten zu erzählen, und sicher ist das nicht jedermanns Geschmack – ich aber mag diese Art sehr gerne und wurde auch diesmal nicht enttäuscht. 

Man könnte meinen, die Suche nach der verlorenen Tochter steht im Vordergrund oder der Roadtrip durch Vietnam und Kambodscha, vielmehr aber sind es die Reflektionen und Innenansichten, um die sich das ganze Buch dreht – zwar bekommt man – vor allem in der zweiten Hälfte – auch viel von der Reise mit und lernt so ein wenig Land und Leute in Vietnam und Kambodscha kennen, man erfährt aber auch, wie die beiden unterschiedlichen Hauptfiguren Heidi und Georg überhaupt mal zusammengekommen sind, was sie verbunden und was sie dann aber auch getrennt hat, und wie sie beide nun als Eltern von Lotte mit der Situation umgehen. 

Erzählt wird alles aus Sicht von Heidi – anfangs machte sie auf mich einen etwas biederen Eindruck, aber im Laufe der Geschichte muss ich zugeben, dass dies ein falscher Eindruck war und Heidi sehr reflektiert ihre Vergangenheit betrachtet, auf der Reise eine tolle Entwicklung durchmacht und dann auch mit anderen Augen die aktuelle Situation einschätzt und beurteilt. Das fand ich großartig. Aus der anfangs biederen und konservativen Hausfrau wird eine reflektierte und – für ihre Verhältnisse – mutige Frau, die etwas wagt und sich auch nicht mehr so schnell einschüchtern lässt. Sie steht zu ihrer Meinung, geht in den Konflikt und zeiht sich eben nicht mit hängendem Kopf zurück, wie sie es wahrscheinlich vor der Reise getan hätte. Heidi stellt sich ihren Ängsten und entdeckt so nicht nur neue Seiten an sich, sondern sieht das Leben dann auch mit anderen Augen. 

Mir haben diese ganzen Innenansichten sehr gefallen, bin aber sicher, dass das nicht jedermanns Geschmack treffen wird. Mal ist die Sprache wirklich einfach, vielleicht sogar umgangssprachlich, was gut zur inneren Stimme Heidis passt, dann aber gibt es immer wieder auch tolle Sätze, nicht das sie poetisch sind oder blumig, sondern weil sie einen Nerv treffen, zumindest  meinen. 

Der Start der eigentlichen Reise von Georg und Heidi dauert ein bisschen, in Vietnam und Kambodscha angekommen rücken die Erinnerungen und Reflektionen Heidis ein bisschen in den Hintergrund und das Geschehen der Gegenwart in den Vordergrund – wie die beiden den rar gesäten Spuren ihrer Tochter folgen, wie insbesondere Heidi das Land wahrnimmt, die Erfahrungen, die sie mit den Menschen dort macht – das gibt auch dem Leser Einblicke in die Kultur, und auch das war interessant. Natürlich will man auch wissen, ob die beiden ihre Tochter dann auch wirklich finden, irgendwie war mir aber klar, dass sie das tun, so dass ich keine spannende Suche erwartet habe und daher auch nicht enttäuscht war, diese nicht bekommen zu haben. 

Die Sprecherin Oda Thormeyer hat eine sehr monotone Stimme, die immer etwas gelangweilt klingt – gefallen hat sie mir nicht, sie ist aber für dieses Hörbuch sehr passe4d ausgewählt, weil sie in meinem Kopf ein Bild von Heidi geschaffen hat. 

Ich habe das Hörbuch sehr gerne gehört und empfehle es daher auch gerne weiter – man sollte nur wissen, das es keine spannende Suche nach einer verlorenen Tochter ist, sondern vielmehr ein „nachinnenschauen“ und reflektieren von Vergangenem, Gegenwärtigem und Neuen.   


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