4. Mai 2024

[Leseeindruck] Sally Brampton - "Das Monster, die Hoffnung und ich"

Sally Brampton - Das Monster, die Hoffnung und ich
Erfahrungsbericht
 

 Originaltitel: „Shoot the damn dog“ (2008)
 Übersetzerin: Veronika Dünninger
 ISBN-13: 978-3-404-61653-4
 Seiten: 442 Seiten
 Erschienen: 16.6.2009
 Umschlaggestaltung: Rolf Hörner
 Umschlagabbildung: © Dietmar Höpfl /shutterstock

   
Buchrückentext
„Sally ist nicht verrückt. Sie ist traurig. Ihre Trauer kennt weder Maß noch Grund, denn Sally leidet an Depression. Früher war sie voller Lebenslust, doch die Krankheit zieht sie in einen Abgrund, aus dem sie glaubt, nicht entkommen zu können.
Sally Brampton erzählt ihre Geschichte aufrichtig und mit bewundernswertem Humor. Sie hat die Krankheit überlebt. Und wie sie darüber spricht, macht Mut und gibt Hoffnung. Es gelingt ihr, einen unsichtbaren Gegner greifbar werden zu lassen, und sie gibt Betroffenen und Angehörigen die Kraft, um sich der Krankheit zu stellen.“ 

Meine Meinung
Das Buch habe ich mir vor Jahren gekauft, um mehr Einblicke in die Erkrankung einer Depression zu bekommen, aber nicht aus medizinischer Sicht, sondern aus Sicht einer Betroffenen – und dann hat es sehr lange ungelesen bei mir gestanden. Jetzt war der Zeitpunkt da, und ich habe einige gute Impulse erhalten. 

Sally Brampton ist Journalistin und erzählt in diesem Buch von ihrer eigenen schweren Depression – wie sie sie empfunden hat, was sie alles dagegen unternommen hat und wie sie schließlich „geheilt“ wurde – geheilt in Anführungszeichen deshalb, weil es ihr beim Schreiben des Buches zwar gut geht, ihr aber bewusst ist, dass die Erkrankung jederzeit wiederkommen kann. Sie hat sehr viel versucht – klassische schulmedizinische Ansätze mit Antidepressiva und verschiedenen Arten von Gesprächstherapien bei unterschiedlichen Therapeuten, sie wurde ambulant betreut, war auch stationär in psychiatrischen Einrichtungen, sie hat versucht, sich das Leben zu nehmen und Linderung auch durch nicht anerkannte Verfahren gesucht. Sie gibt so nicht nur ein persönliches Zeugnis, sondern zeigt auch eine Vielfalt von möglichen therapeutischen Optionen. 

Ich weiß gar nicht, wem ich die Lektüre empfehlen soll – für Angehörige von Erkrankten bietet sie sicher gute Einblicke in das Erleben eines Erkrankten und kann so mehr Verständnis schaffen. Betroffene können vielleicht auch profitieren, weil Sally mit ihrer schweren Depression und ihren vielen Fehlschlägen bei den Therapien dann doch noch einen Weg gefunden hat, ich glaube aber auch, dass die Geschichte triggern kann. Die vielen verschiedenen Therapieversuche, die Sally unternommen hat, die vielen Fehlschläge, die sie empfunden hat – das kann auf der einen Seite Mut machen und vielleicht auch noch mal neue Wege aufzeigen, das kann aber auch deprimieren und den Eindruck, dass einem selbst nicht geholfen wird, verstärken. 

Ich fand Sallys Einblicke sehr interessant – und auch wenn ich mich mit dem Thema schon beschäftigt habe, habe ich doch auch wieder neue Impulse bekommen. Denn Depressionen sind ein Chamäleon und können sich ganz unterschiedlich äußern. Natürlich gibt es ein paar Kernsymptome, darüber hinaus aber bietet sich eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie sich die Erkrankung körperlich und seelisch äußert. 

In verschiedenen Kapiteln hat die Autorin ihre Erfahrungen niedergeschrieben und dabei thematisch immer einen besonderen Bereich in den Mittelpunkt gestellt – mal geht es um die Klinikaufenthalte, mal um ihre Erfahrungen bei Psychotherapeuten, das Thema Suizid spricht sie genauso offen an wie die Reaktionen ihres Umfeldes auf ihre Erkrankung. Dabei verknüpft sie ihre eigenen Erfahrungen und Erinnerungen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen – und das in einem angenehmen und fast schon leichten Tonfall, so dass das Buch mit diesem ernsten Thema doch sehr leicht zu lesen ist, 

Erschienen ist das Buch erstmalig 2008, mittlerweile haben sich zum Thema Depression neue Erkenntnisse ergeben und manches ist nicht mehr ganz aktuell. Trotzdem aber gibt es auch viele gute Hinweise, die in meinen Augen zeitlos sind – und gerade die haben mich zum Nachdenken angeregt. 

Das Buch endet in einer guten Stimmung, Sally hat sich selbst gefunden und die Erkrankung überwunden – jetzt beim Schreiben dieser Rezension habe ich geschaut, was aus Sally Brampton geworden ist; und leider musste ich lesen, dass sie 2016 verstarb, mutmaßlich hat sie sich das Leben selbst genommen. Ich ziehe dennoch meine guten Schlüsse aus dem Buch, bin aber sicher, dass das auch anders empfunden werden kann. 
 
Mein Fazit
Eine eindrückliche Schilderung zur Erkrankung Depression, Sally Brampton hat ihre eigenen Erfahrungen niedergeschrieben, nicht nur, wie sie die Erkrankung empfunden hat, sondern auch, was sie alles dagegen unternommen hat. Auch wenn wissenschaftlich gesehen heute nicht mehr alles korrekt ist, was sie sagt, gibt es doch auch viele gute Impulse – für Betroffene genauso wie für Angehörige oder Freunde von Erkrankten. Eine Triggerwarnung spreche ich aber dennoch aus. 


2 Kommentare:

  1. Hallo liebe Sabine,

    oha, das klingt alles andere als nach leichter Lektüre. Ich lese Bücher, die sich mit "schweren Themen" auseinandersetzen grundsätzlich gerne. Ich finde es zudem darüber hinaus auch unglaublich wichtig, dass solche Bücher geschrieben und veröffentlicht werden. Dass du hier eine Triggerwarnung ausgesprochen hast, kann ich verstehen und ich empfinde es auch als sinnvoll.

    Dass die Autorin mittlerweile verstorben ist und sich vermutlich auch das Leben genommen hat, hat mich schon alleine beim Lesen deiner Zeilen bewegt. Ich finde es sehr traurig, dass ihre vielen Versuche der Depression zu entkommen, vermutlich dann letztlich doch gescheitert sind. Ich denke aber auch, dass solche Erfahrungsberichte Betroffenen helfen können neue Denkansätze zu verfolgen und, wie du auch schon so passend schreibst, können diese Bücher auch Angehörigen und Freunden helfen, Betroffene besser zu verstehen.

    Ich danke dir für diese ausführliche Rezension!

    Liebe Grüße
    Tanja

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    1. Liebe Tanja,

      ja - ich finde solche Bücher auch wichtig und war sehr schockiert, als ich von Sally Bramptoms Tod gelesen habe. Auch, wie vorsichtig das formuliert ist - als ob man Angst, das zu schrieben eben wegen dieses Buches, das zumindest im englischsprachigen Raum wohl sehr bekannt ist. Mir tut es aber vor allem wegen ihr selber leid - das Ende ist so positiv, sie beschreibt, dass sie die Krankheit als überwunden sieht (aber auch, dass ihr die Gefahr des Rezidivs bewusst ist) - aber natürlich wünscht man sich ein anhaltendes "happy end". Aber das Leben ist nicht gerecht und oft einfach auch gemein.

      Danke für deine Meinung.

      LG Sabine

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