8. März 2023

[Rezension] Fatma Aydemir - "Ellbogen"

Fatma Aydemir - Ellbogen
Gegenwartsliteratur
 

ISBN-13: 978-3-423-14665-4
Seiten: 272 Seiten
Erschienen: 30.1.2017
Ersterscheinung: 2017
Umschlaggestaltung: Peter-Andreas Hassiepen, München
Umschlagabbildung: © planipicture /Martin Brenner

   
Zum Inhalt
„Sie ist siebzehn. Sie ist in Berlin geboren. Sie heißt Hazal Akgündüz. Eigentlich könnte aus ihr eine gewöhnliche Erwachsene werden. Nur dass ihre aus der Türkei eingewanderten Eltern sich in Deutschland fremd fühlen. Und dass Hazal auf ihrer Suche nach Heimat fatale Fehler begeht. Erst ist es nur ein geklauter Lippenstift. Dann stumpfe Gewalt. Als die Polizei hinter ihr her ist, flieht Hazal nach Istanbul, wo sie noch nie zuvor war...“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Als das Buch in meinem Lesekreis vorgeschlagen wurde, habe ich mich gefreut, nicht nur weil „Dschinns“ schon länger auf meiner Wunschliste steht, sondern auch, weil die Autorin es damit auf die Longlist zum deutschen Buchpreis 2022 geschafft hat. Jetzt nach Beenden der Lektüre muss ich aber sagen, dass ich sehr skeptisch bin, ob ich mich weiteren Büchern von ihr widmen werde.

Dabei ist die Geschichte eigentlich interessant – im Mittelpunkt steht die 17-jährige Hazal. Ihre türkischen Eltern sind in Deutschland nie richtig angekommen, und auch Hazal fühlt sich in Deutschland, obwohl hier geboren, nicht richtig verwurzelt. Ohne für sich eine rechte Zukunft zu sehen, begeht sie einen schweren Fehler, der sie in eine ihr völlig unbekannte Heimat flüchten lässt.

Es ist ein schwieriges und unbequemes Buch. Es werden viele wichtige Themen angeschnitten, Imigration, Heimat, Verbrechen, Gewalt aber auch Liebe, Freundschaft und die Suche nach sich selbst. Aus Sicht Hazals in Ich-Form geschrieben hätte ich gedacht, mich in die junge Frau hineinversetzen zu können, das aber ist mir nicht gelungen, nicht nur, weil sie in einer ganz anderen Kultur lebt und aufwächst, sondern auch, weil ich ihre Gedanken und Handlungen überhaupt nicht verstanden habe. Die Geschichte ist heftig, sowohl sprachlich als auch inhaltlich und an vielen Stellen wurde ich an Klischees erinnert – habe aber vertraut, dass Fatma Aydemir weiß, wovon sie spricht. Dass die Autorin selber in Deutschland geboren und großgeworden ist und sie dieses Buch auch in Deutsch verfasst hat, wirft für mich nochmal ein ganz anderes Bild auf das Geschriebene und macht es noch mal unglaubwürdiger.

Hazal wirkt an vielen Stellen jung, unbedarft und naiv – dass ihr Umfeld sie nicht unterstützt, sie in kulturellen Zwängen steckt und leider auch noch die „falschen“ Freunde hat, macht es nicht leichter. Und obwohl ich weiß, dass ihre Situation  schwer ist, kann ich manches Handeln nicht nachvollziehen, es vielleicht noch erklären, aber auch keinen Fall gut heißen. Und leider habe ich bei Hazal auch keine Entwicklung gesehen – und das wäre für mich aber eine wichtige Botschaft gewesen.

Eigentlich gab es für mich in dieser Geschichte nur eine Figur, die mich abgeholt hat – Hazals Tante. Sie ist eine verantwortungsvolle Frau, die sich nicht einfach nur allem unterwirft, sondern Eigeninitiative zeigt – sicher nicht einfach in ihrem Umfeld, aber sie gibt nicht auf und hat Werte, die sie vertritt. Und das fand ich großartig. Alle anderen Figuren sind leider eher negativ behaftet, und so habe ich die Atmosphäre im ganzen Buch eher als sumpfig und düster empfunden. 

Ich kann nicht abstreiten, dass die Geschichte in sich einen gewissen Spannungsbogen hat, denn natürlich hat auch mich interessiert, was mit Hazal, die polizeilich gesucht wird, passiert, umso enttäuschter war ich am Ende, dass genau dieses offenbleibt und es eben keinen Abschluss gibt, sich der Leser also selber überlegen kann, wie es mit Hazal endet.

Mir hat das Buch leider nicht gefallen, weil es mir zu klischeehaft war und ich es leider auch nicht glaubhaft fand; sicher aber ein Buch, dass zu Diskussionen anregt. 


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