9. Juli 2021

[Höreindruck] Amélie Nothomb – "Die Passion"

Amélie Nothomb – Die Passion
Historischer Roman 

Covermotiv: Foto von irochka
ISBN-13: 978-3-257-69369-0
Dauer: 165 Minuten
Erschienen: 28. Oktober 2020
Originaltitel: „Soif“
Übersetzer*in: Brigitte Große
Sprecher*in: Matthias Walter

Zum Inhalt
„»Ich wusste schon immer, dass sie mich zum Tode verurteilen würden«, so beginnt Amélie Nothombs neues Buch. Hier spricht Jesus Christus in der Nacht vor seinem Tod. Mutterseelenallein in seiner Zelle, vertraut er uns seine geheimsten Gedanken an, seine Zweifel, seinen Groll. Leidenschaftlich fühlt sich Amélie Nothomb in die Leidensgeschichte Jesu ein. Hier wird Jesus tatsächlich Mensch.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Was für ein toller Plot – und bei all den guten Rezensionen wollte ich mir unbedingt eine eigene Meinung bilden, obwohl ich eigentlich kein großer Fan der Autorin bin und ich ihre Bücher bisher nicht so sehr mochte. 

Als erstes ich mir schon aufgefallen, dass ich die Stimme des Sprechers Matthias Walter nicht passend fand – er hat eine junge und klare Stimme, und auch wenn sie eigentlich einem gut 30-järhiegn Mann gut stehen würde, hat sie mir für diesen Monolog von Jesus nicht gefallen. 

Inhaltlich bin ich hin und her gerissen – einige Ideen des Monologs fand ich großartig, vor allem, dass Jesus sich selbst auch in Frage stellt und er in vielen Punkten sehr menschlich denkt und fühlt. Auch hinterfragt er, warum er diesen Leidensweg der bevorstehenden Kreuzigung auf sich nehmen muss, und auch über einige seine erbrachten Wunder denkt er sehr kritisch – diese Zweifel machen ihn wirklich sehr menschlich. Er äußert auch Angst vor seiner Passion – auch ein menschlicher Zug. Und trotzdem habe ich ihm das nicht abgenommen, denn während des Kreuzgangs beschäftigt er sich nur wenig mit den Qualen und Leiden, vielmehr hängt er da anderen Gedanken nach, die sehr philosophisch sind, vielleicht soll es aber auch einen Zustand von Trance oder Meditation glauben machen. Die Angst zum Beispiel vor den Schmerzen, wenn die Nägel durch Hand und Fuß getrieben werden, äußert er, das eigentliche Ereignis ist dann nur ein Nebensatz. Gelungen fand ich aber die geäußerte Kritik zum Beispiel an den vier Evangelisten, wie sie von den Ereignissen schreiben, die ja keiner persönlich miterlebt hat. Auch wie er manch einen seiner Jünger beschreibt und erlebt, ist in keinster Weise kritiklos – und auch das fand ich sehr gelungen. Und trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass diese Stunden genauso verlaufen sein könnten – menschlich wäre für mich gewesen, dass er an den Qualen und Schmerzen zerbricht.

Ich rechne der Autorin hoch an, dass sie sich an dieses sensible Thema heranwagt, und ich denke auch, dass sich Gläubige dadurch gestört fühlen könnten. Ich konnte das sehr gut abstrahieren und habe es nicht als gotteslästerlich empfunden, denke aber, dass das auch anders gesehen werden kann.

Der Schreibstil von Amélie Nothomb ist großartig – sie schreibt klar und präzise, dennoch aber lässt er Raum für eigene Gedanken und Interpretation. 

Mich hat das Hörbuch dennoch nicht überzeugen können – der Plot ist großartig, die Umsetzung hat meinen Geschmack nicht getroffen. Ich gebe daher 3 von 5 Sternen.  


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