Herman Melville – Bartleby, der Schreiber
Zeitgenössisch, Klassiker
Verlag: Argon Hörbuch
ISBN-13: 978-3-732-40041-6
Dauer: 102 Minuten
Erschienen: 4.11.2013
Originaltitel: „Bartleby, the Scrivener“
Sprecher: Otto Sander
Zum Inhalt
„Der junge Aktenkopist Bartleby fällt in der neuen Anwaltskanzlei bald durch seine Schweigsamkeit, ungeheure Arbeitswut und große Gewissenhaftigkeit auf. Dass er Korrekturlesen und Botengänge »lieber nicht machen« möchte, stößt zwar auf Unverständnis, wird jedoch toleriert. Als er eines Tages ankündigt, das Kopieren von Akten für immer aufgeben zu wollen, soll er die Kanzlei verlassen. Doch auch das möchte er »lieber nicht«…“ (Quelle: Verlagsseite)
Meine Meinung
Eine Freundin von mir ist Fan dieser Novelle, deshalb stand sie schon lange auf meiner Leseliste. Als ich dann das Hörbuch sah, gesprochen von Otto Sander, konnte ich nicht anders, als sofort zu beginnen.
Spannend ist schon die Erzählweise, denn es ist nicht Bartleby, der seine Geschichte erzählt, sondern ein Anwalt, bei der Bartleby als Kopist gearbeitet hat. Zunächst lernt man alle Angestellten in der Kanzlei kennen, und ich musste oft schmunzeln bei den zum Teil grotesken Beschreibungen der Mitarbeiter. Bartleby wirkt zunächst schüchtern, ist aber ein überaus korrekter und höflicher junger Mann. Nach und nach jedoch zieht er sich immer mehr zurück und jegliche Aufforderungen, etwas zu tun, beantwortet er mit dem Satz „Ich möchte lieber nicht.“ Wie es dann weiter geht mit der Kanzlei, dem Anwalt und Bartleby selber, verrate ich natürlich nicht – nur so viel, dass die zunächst fast schon humoristische Erzählweise immer ernster wird und am Ende viel Stoff zum Nachdenken übrig bleibt.
Ich mochte den Erzählstil sehr gerne, insbesondere war ich positiv überrascht, da dem Klassiker „Moby Dick“ von Melville ja eher ein langweiliger und langatmiger Erzählstil nachgesagt wird. Ich möchte auch den namenlosen Anwalt, der ja selber erzählt, und über den man so viel erfährt, wie er mit Menschen umgeht und was ihn berührt und beschäftigt. Da bleibt Bartleby deutlich fremder, denn seine Verweigerung mit „Ich möchte lieber nicht“ klingt zwar wie eine höfliche Ablehnung, aber warum er so handelt, weiß man nicht. Und da bleiben dem Leser oder Hörer vielfältige Interpretationsmöglichkeiten.
Ich war am Ende erst mal wie vor den Kopf geschlagen und habe mich gedanklich noch viel mit der Geschichte beschäftigt. Letztlich weiß ich nicht so recht, wie ich es bewerten soll, trotzdem habe ich das Hörbuch sehr gerne gehört und fühlte mich auch gut unterhalten. Diese Wendung einer zunächst komischen und dann zunehmend tragischen Geschichte fand ich sehr spannend, auch die kafkaesk anmutenden Züge der Geschichte.
Loben möchte ich noch den Sprecher Otto Sander – ich mag tragende und ein wenig großväterlich wirkende Stimmen total gerne, und das hat der mittlerweile verstorbene Otto Sander wunderbar bedienen können. Ich habe ihm den ältlichen Juristen sofort abgenommen und auch die Atmosphäre der wohl Mitte des 19. Jahrhunderts spielenden Novelle war wunderbar eingefangen.
Ich gebe 4 von 5 Sternen.
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