15. April 2019

[Rezension] Annette Hess - "Deutsches Haus"

Annette Hess - Deutsches Haus
Gegenwartsliteratur

Verlag: HörbucHHamburg
ISBN 13: 978-3-95713-138-6
Dauer: gekürzt, 536 Minuten
Erschienen: 21. September 2018
Sprecher: Eva Meckbach

Zum Inhalt
„Frankfurt 1963. Eva, gelernte Dolmetscherin und jüngste Tochter der Wirtsleute Bruhns, steht kurz vor ihrer Verlobung. Unvorhergesehen wird sie gebeten, bei einem Prozess die Zeugenaussagen zu übersetzen. Ihre Eltern sind, wie ihr zukünftiger Verlobter, dagegen: Es ist der erste Auschwitz-Prozess, der in der Stadt gerade vorbereitet wird. Eva, die noch nie etwas von diesem Ort gehört hat, folgt ihrem Gefühl und widersetzt sich ihrer Familie. Sie nimmt die Herausforderung an, ohne zu ahnen, dass dieser Jahrhundertprozess nicht nur das Land, sondern auch ihr eigenes Leben unwiderruflich verändern wird.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Ich habe die Autorin bei einer Lesung kennengelernt, und Auszüge aus ihrem Romandebüt haben mich direkt gepackt und begeistert. Ein wirklich wichtiges Buch gegen das Vergessen, aber auch ein Bild der 1960er Jahre und ein Buch über die Emanzipation und die Stellung der Frau. Ich bin begeistert.

Eva Bruhns wird als Dolmetscherin bei den Auschwitz-Prozessen in Nürnberg eingesetzt – was sie dort hört und übersetzen muss, verlangt ihr alles ab. Doch in welchem Ausmaß das von ihr Gehörte auch ihr eigenes Leben beeinflussen wird, ahnt Eva zunächst nicht.

Großartig – und das sage ich selten. Ich habe schon viele Bücher über den Holocaust gelesen und gehört, Annette Hess aber schafft es, Wahrheit und Fiktion geschickt miteinander zu verbinden: Was als harmlose Familiengeschichte beginnt, entpuppt sich nach und als ein Netz unglaublicher Beziehungen und schrecklicher Wahrheiten. 

Die Autorin hat eine sehr gewinnende Art, die Geschichte zu erzählen – lebendig und voller Atmosphäre, so dass bei mir eine Unmenge an Bildern im Kopf entstanden sind. Und diese nicht nur zu dem, was in Auschwitz passiert ist, sondern auch zu den 1960er Jahren in Deutschland, eine Zeit des Umbruchs und der Emanzipation. Und genau diese Themen greift die Autorin neben dem Holocaust auf und erzählt auf eine einerseits beklemmende und ernüchternde Weise von dieser späten Nachkriegszeit. 

Die Charaktere sind großartig gezeichnet – zunächst ist es natürlich Eva Bruhns, die mich als Hörer gefesselt hat; im Laufe der Geschichte aber spielen auch viele andere Personen wichtige Rollen und einige, die zunächst unschuldig und harmlos erscheinen, entpuppen sich als Geheimnisträger und zeigen im Verlauf der Geschichte ganz neue Facetten ihrer Persönlichkeit. Mehr will ich gar nicht verraten, denn dann würde ich dem Buch die Spannung nehmen. Denn diese ist untergründig und subtil, man spürt die ganze Zeit, dass etwas nicht stimmt, und erst nach und nach setzen sich viele kleine Puzzlesteine zu einem großen grauenhaften Bild zusammen.

Eva Meckbach hat eine tolle Stimme, die wunderbar zu Eva Bruhns passt und ihr richtiggehend Leben eingehaucht hat. Sie trägt die Geschichte lebendig und authentisch vor, nimmt sich in schwierigen und emotionalen Situationen zurück, ist aber dennoch sehr präsent und schafft so mit diese unglaubliche Atmosphäre.

Mir hat dieses Hörbuch sehr gut gefallen – deshalb gebe ich 5 von 5 Sternen.


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