10. Oktober 2018

[Leseeindruck] Bernhard Schlink - "Die Frau auf der Treppe"

Bernhard Schlink - Die Frau auf der Treppe
Gegenwartsliteratur

Verlag: Diogenes
Umschlagillustration: © Francis Picabia, „Les Pins, Effet de Soleil, St. Tropez“, 1909, Aisschnitt
ISBN 13: 978-3-257-24333-8
Seiten: 245 Seiten
Erschienen: 25. November 2015

Buchrückentext
„Das berühmte Bild einer Frau, lange verschollen, taucht plötzlich wieder auf. Überraschend für die Kunstwelt, aber auch für die drei Männer, die diese Frau einst liebten – und sich von ihr betrogen fühlen. In einer Bucht an der australischen Küste kommt es zu einem Wiedersehen: Die Männer wollen wiederhaben, was ihnen vermeintlich zusteht. Nur einer ergreift die Chance, der Frau neu zu begegnen, auch wenn ihnen nicht mehr viel Zeit bleibt.“

Meine Meinung
Ich bin ohne große Erwartungen an das Buch herangegangen, weil die Bewertungen doch eher durchschnittlich waren – und wurde dann positiv überrascht. Nicht nur die Sprache hat mir richtig gut gefallen, auch der Plot, der sich in ganz ungewöhnlichen Richtungen entwickelt, die ich niemals so erahnt hätte.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Irene, die von drei Männern geliebt wird und sich ihnen aber durch einen geschickten Zug entgeht. Erst Jahre später kommt es zu einem Wiedersehen – und für einen der drei wird dieses Wiedersehen zu einem Wendepunkt seines Lebens.

Das Buch beginnt mit einem aberwitzigen Kampf um ein Bild, auf dem eben jene Frau, die im Weiteren zum Mittelpunkt der Geschichte wird, abgebildet ist. Zunächst hatte ich schon fast den Eindruck eines Krimis, bevor die Geschichte sich dann in eine ganz andere, tiefsinnige und berührende Richtung weiterentwickelt. Geht es am Anfang um Liebe und Betrug, um Schein und Sein, treten am Ende eher Fragen um das lebenswerte Leben und die Art des Sterbens in den Vordergrund. Ist die Geschichte am Anfang spannend, weil man wissen möchte, wie es mit dem Gemälde ausgeht, bleibt es in der zweiten Hälfte fesselnd, weil man Zeuge der wunderbaren Entwicklung des namenlosen Ich-Erzählers wird. Wie in einem Vakuum verbringen Irene und der Ich-Erzähler gemeinsame Zeit, aus der jeder für sich andere Erkenntnisse zieht – so verschieden die beiden sind, so nah sind sie sich doch in dieser Zeit. So schmerzhaft der Ausgang dieser Phase ist, so kraftvoll und mutmachend ist er aber auch. Was genau geschieht, will ich gar nicht näher erläutern, ich glaube nämlich, dass man die Geschichte mehr genießen kann, wenn man sich ihr unbedarft stellt.

Der Schreibstil ist sehr angenehm und lässt sich sehr gut lesen – er wirkt eher einfach, obwohl er doch anspruchsvoll ist und immer wieder schöne Sätze auftauchen. Er ist klar und auf den Punkt und schafft dennoch viel Emotion und Gefühl. Auch die Charaktere sind sehr gelungen – vielleicht ein wenig überzogen, dafür aber augenöffnend und bereichernd. Mit Charakteren, die authentischer und glaubhafter gezeichnet worden wären, hätte die Geschichte und die dahinterstehende Botschaft nicht so gut funktioniert – und außerdem gab es so die eine oder andere Szene, die mich zum Schmunzeln gebracht hat.

Mir hat die Geschichte gut gefallen, sie ist kurzweilig und fesselnd, hat dazu aber auch eine schöne Botschaft. Sicher werde ich zu weiteren Büchern des Autors greifen – diesem hier gebe ich 4 von 5 Sternen.


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